Etwa 1500 Akten-Seiten hatten sich angesammelt, es gab sieben Gutachten und einen fast neunjährigen Rechtsstreit - nun hat das Landgericht Bremen sein Urteil gefällt. Angestrengt hatte den Prozess der frühere Fußballprofi von Werder Bremen, Ivan Klasnic, gegen Werders ehemaligen Mannschaftsarzt Götz Dimanski, die Internistin Manju Guha, das Werder-Therapiezentrum "Sporthep" (dessen Geschäftsführer Dimanski damals war) sowie das Reha-Zentrum Bremen (wo Guha arbeitete und Dimanski als ärztlicher Geschäftsführer genannt ist).
Richter Clemens Bolay gab - ohne dass die Parteien anwesend waren - dem früheren Stürmer Recht. Der 37-Jährige habe wegen "mehrerer Behandlungsfehler" der Mediziner seine Niere verloren. Klasnic steht ein Schmerzensgeld von 100 000 Euro plus Zinsen zu. Auch die Behandlungskosten und sein Verdienstausfall im Jahre 2007 (etwa eine Million Euro) sollen ausgeglichen werden. Die Summe des Schadenersatzes müsse aber noch verhandelt werden.
Werder Bremen:Ärzte müssen Schmerzensgeld an Klasnić zahlen
Die Mediziner hätten die auffälligen Nierenwerte des Stürmers erkennen müssen, so das Landgericht Bremen. Klasnić wartet derzeit auf seine dritte Spenderniere .
Bei Klasnic, der von 2001 bis 2008 für die Bremer spielte und etliche Tore zum größten Triumph der Vereinsgeschichte, dem Double 2004, beisteuerte, hatte man im November 2005 bei einer Blinddarmoperation schlechte Nierenwerte festgestellt. Obwohl die Kreatinin-Werte danach immer schlechter wurden, haben sowohl der Rehabilitations-Mediziner Dimanski als auch seine Kollegin, auf die er sich in dieser Causa bezog, Fehler gemacht, bei denen es "objektiv nicht mehr nachvollziehbar ist, dass das einem Arzt passieren kann", wie Richter Bolay sagte. Deshalb sei Dimanski "für den Nierenverlust und die daraus resultierenden Folgen verantwortlich".
Im Januar 2007 gab es bei Klasnić die erste Nierentransplantation, doch das Organ seiner Mutter nahm der Körper nicht an. Zwei Monate später gab es die zweite Operation, die Spenderniere des Vaters funktionierte etliche Jahre. Doch seit September 2016 wartet Klasnić nun auf die dritte Niere. Bis er sie bekommt - und das kann bis zu sieben Jahre dauern - muss er dreimal in der Woche zur fünfstündigen Dialyse. Er lebt das Leben eines chronisch Kranken.
Nach seiner zweiten Nieren-Operation erlebt er nur ein kurzes Hoch
Gleichwohl wurde Klasnić sozusagen eine medizinisch-sportliche Berühmtheit. Acht Monate nach der zweiten Operation wurde er erstmals wieder in einem Bundesligaspiel (gegen Energie Cottbus) eingesetzt - als erster Fußballprofi weltweit, der nach einem solchen Eingriff in die höchste Spielklasse zurückkehrte. Bei der Europameisterschaft 2008 erzielte er für Kroatien sogar zwei Tore. Doch seine früheren Leistungen konnte er weder beim FC Nantes noch bei den Bolton Wanderers und bei Mainz 05 wiederholen. 2013 beendete er mit 33 Jahren seine Karriere.
Ob es sich "um einen schicksalhaften Verlauf" gehandelt hat, wie Dimanski sagt oder um fahrlässiges Handeln eines Sportmediziners, ist nun vom Gericht entschieden. Wobei: noch nicht ganz. Er rechne mit einer Berufung, sehe dieser aber gelassen entgegen, sagte Klasnićs Anwalt Matthias Teichner. Klasnić selber äußerte sich gegenüber dem Weserkurier so: Das Urteil tue "schon gut". Er habe immer gesagt, "dass die Leute, die verantwortlich sind, am Ende des Tages am Pranger stehen werden".