Fußball:Kein gutes Wort für den Kaiser

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Zürich (dpa) - Mit der Veröffentlichung des Garcia-Berichts durch die FIFA ist auch die Rolle von Franz Beckenbauer im lange skandalumwitterten Vergabeprozess der WM-Turniere an Russland und Katar wieder in den Mittelpunkt gerückt.

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Zürich (dpa) - Mit der Veröffentlichung des Garcia-Berichts durch die FIFA ist auch die Rolle von Franz Beckenbauer im lange skandalumwitterten Vergabeprozess der WM-Turniere an Russland und Katar wieder in den Mittelpunkt gerückt.

Großen Raum nimmt dabei die Fragebogen-Affäre ein, die Beckenbauer mitten während der WM 2014 eine provisorische 90-Tage-Sperre einbrachte, die nach 14 Tagen endete, weil der deutsche FIFA-Wahlmann notgedrungen einlenkte.

Zu der kompletten Publikation des Protokolls im Internet gab es trotz Anfrage vorerst keine Reaktion von Beckenbauer oder seinem Management. Gefallen dürfte der unerwartete FIFA-Schritt, die Ermittlungsakte online zu stellen, aber weder der einstigen deutschen Fußball-Lichtgestalt noch deren Freund und Berater Fedor Radmann, dessen Rolle als WM-Strippenzieher ebenso im Detail geschildert wird.

Auch Radmann äußerte sich vorerst nicht. Weder zu seiner Arbeit für die kläglich gescheiterte australische WM-Bewerbung, noch zu seiner Hilfestellung für Beckenbauer, die Beantwortung des Fragebogens von Chefermittler Michael Garcia vorerst zu vermeiden. Klare Worte zur Rolle des Beckenbauer-Freundes fand am Mittwoch DFB-Präsident Reinhard Grindel. „Es ist schon sehr bedrückend, was vor allem über die Rolle des früheren WM-OK-Mitglieds Fedor Radmann im Garcia-Report zu lesen ist“, sagte der Chef des Deutschen Fußball-Bundes.

Allein, dass Beckenbauer damals Radmann zurate zog, war schon ein Verstoß gegen die FIFA-Regeln, die ihn zur Verschwiegenheit in der Sache verpflichteten. Untersucht wurde von Garcia auch, inwiefern Radmann als Australiens Spin Doctor den Wahlmann Beckenbauer beeinflusst haben könnte. Ex-FIFA-Chef Joseph Blatter soll Radmann demnach als „gelegentlicher Sprecher“ Beckenbauers bezeichnet haben.

Auf mehr als fünf Seiten dokumentiert Garcia in seinem Bericht allein die schwierige Kommunikation mit Beckenbauer und unterstellt ihm dabei mehrfach, die Unwahrheit gesagt zu haben. Als FIFA-Wahlmann bei der umstrittenen Abstimmung für Russland und Katar war Beckenbauer im Gegensatz zu Radmann zur Kooperation verpflichtet. Aber: Anfragen blieben unbeantwortet, Fristen wurden nicht eingehalten und lustig anmutende Ausreden vorgebracht. Das Argument von Beckenbauer, er könne englische Fragen nicht beantworten, wird von Garcia ebenfalls als Legende enttarnt.

So hatte Beckenbauer auch konstatiert, ihm seien 130 Fragen vorgelegt worden, darunter solche wie nach dem Sterbealter seiner Oma. Garcia weist darauf hin, es seien 21 Fragen mit einigen Unterfragen gewesen, alle im Zusammenhang mit der WM-Bewerbung. Die Beckenbauer-Oma spielte also keine Rolle. Mit dem für ihn so typischen, nonchalanten Duktus kam der frühere Weltklasse-Fußballer bei US-Top-Jurist Garcia nicht weiter. Letztlich musste er kurz vor dem deutschen WM-Triumph in Rio einräumen: Ich habe die Angelegenheit unterschätzt.

Juristisch schloss die FIFA die Akte erst im Februar 2016. Richter Jack Kariko aus Papua-Neuguinea sprach eine Verwarnung aus und verhängte eine Geldstrafe von 7000 Schweizer Franken. Keine FIFA-Konsequenzen haben für Beckenbauer dessen Geschäftsbeziehungen mit Russland und Katar, die dem Vernehmen nach erst nach der WM-Vergabe richtig ins Rollen kamen. Keinen Zusammenhang stellt der FIFA-Report zudem mit dem Skandal um das deutsche WM-Sommermärchen her, in dem Beckenbauer und Radmann eine zentrale Rolle spielen.

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