Fußball in Spanien:Realsatire Madrid

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Karim Benzema könnte wegen der Sexvideo-Affäre weiterer Ärger drohen. (Foto: AP)
  • Bizarrer Aufstellungsfehler, drohendes Pokal-Aus, Benzema-Affäre: Spaniens Rekordmeister Real Madrid agiert derzeit wenig königlich.
  • Stürmer Benzema beteuert in einem Interview sogar, dass er seinem französischen Nationalelf-Kollegen Mathieu Valbuena nur helfen wollte.

Von Javier Cáceres

Es ist schon erstaunlich, auf wie viele Weisen sich Real Madrid in diesem Jahr der Lächerlichkeit preisgegeben hat. Es gibt nur noch wenige Fettnäpfe, die der von Florentino Pérez geführte Verein ausgelassen hätte. Zwar behauptete Real Madrids Sportdirektor Emilio Butragueño tapfer, dass "Real Madrid sich nie lächerlich macht".

Die unvollständige Chronik des Jahres allerdings besagt, dass Real einen Trainer entließ, der bei Fans und Spielern beliebt war (Carlo Ancelotti), dass ein Klubheiliger (Iker Casillas) unehrenhaft entlassen wurde, sein designierter Ersatz (David De Gea von Manchester United) nicht geholt wurde, weil die Transfer-Deadline überschritten wurde und ein ersatzgeschwächter Erzrivale (FC Barcelona) neulich im Bernabéu-Stadion mit 4:0 siegte.

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Frankreichs bekanntester Stürmer äußert sich zum ersten Mal nach der Sexvideo-Affäre im TV - er fühlt sich schlecht behandelt.

Am Mittwochabend folgte nun die neueste Peinlichkeit: Beim derzeit drittklassigen Kultklub Cádiz CF legte Real Madrid die Grundlage für das vorzeitige Aus im Königspokal. Nicht etwa, weil man im Hinspiel des Sechzehntel-Finales unterlegen wäre, im Gegenteil, nach 90 Minuten stand es 3:1 für Real Madrid. Der Grund ist vielmehr, dass der Klub mit dem 600-Millionen-Euro-Budget keinen Überblick darüber hat, wer spielen darf und wer nicht.

Konkret setzte Madrid Denis Cheryshev ein, der aber eigentlich gesperrt war. Im vergangenen Jahr hatte Cherishev als Spieler des FC Villarreal im Pokal eine Sperre aufgebrummt bekommen, die er noch nicht abgesessen hatte. Kurz nachdem er nun das 1:0 erzielt hatte, ging der Radiosender Cope mit der Geschichte auf Sendung; danach entwickelte sich rege Betriebsamkeit.

Erst machte die Geschichte auf der Ehrentribüne die Runde, und je tiefer der Sportdirektor Butragueño im Erdboden versinken wollte, umso detaillierter wurden in den Sozialnetzwerken die einschlägigen Dokumente und Gesetzestexte des spanischen Verbandes RFEF verbreitet. Von den Rängen kam ein nett gemeinter Hinweis an Madrid-Trainer Rafael Benítez ("Rafa, lies Twitter!"), der ihn auch mit einiger Verzögerung befolgte: Drei Minuten nach der Pause wechselte er Cherishev aus. Das freilich hat keinerlei Auswirkungen auf das anstehende Blitzverfahren.

Trotz massiver Geldprobleme schloss Cádiz-Präsident Manuel Vizcaíno kategorisch aus, sich kaufen zu lassen: "So appetitlich das auch klingt - wir fühlen uns dem Verein und dem Stolz unserer Fans verpflichtet", sagte er. Am Donnerstag legte Cádiz Protest ein, bereits am Freitag soll das Urteil ergehen. Und aufgrund von Präzedenzfällen besteht kaum ein Zweifel daran, dass Real Madrid ausgeschlossen wird.

Etwas länger wird das Urteil in einem anderen, allerdings strafrechtlich relevanten Fall auf sich warten lassen, er betrifft Real Madrids Stürmer Karim Benzema. Der Lieblingsspieler von Klubchef Florentino Pérez ist Teil eines pikanten Erpressungsplots rund um Mathieu Valbuena, mit dem Benzema bisher in der französischen Nationalelf zusammen spielte. Ein Schulfreund von Benzema versuchte, Valbuena mit einem Sexvideo zu erpressen - unter Einbindung von Benzema. Seither gilt Benzemas Nationalelf-Karriere als ruiniert.

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Der Russe Denis Tscheryschew war für das Pokalspiel beim Drittligisten Cádiz nicht spielberechtigt, doch das wusste bei Real Madrid niemand. Der Gegner höhnt und legt Protest ein.

Nun nahm Benzema erstmals öffentlich Stellung. Er klagte in einem TV-Interview, die Medien würden ihn behandeln "wie einen Kriminellen". Wenige Stunden vor der Ausstrahlung veröffentlichte Le Monde Details aus dem Verhör, dem Benzema bei seiner vorläufigen Festnahme vor vier Wochen unterzogen wurde; sie werfen kein gutes Licht auf den Real-Stürmer.

So wurde er auch auf Telefonmitschnitte angesprochen, in denen er sich mit seinem Kumpel über Valbuena lustig macht; die beiden nennen Valbuena "Schwuchtel". Es sei "alles ein großes Missverständnis", sagte Benzema der Untersuchungsrichterin laut Le Monde, er habe "nur helfen" wollen. Doch der Glaube daran scheint der Richterin offenbar zu fehlen. Dass das alles auch ziemlich peinlich ist, ist in diesem Fall noch das kleinste Problem.

© SZ vom 04.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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