Fußball in Spanien:Höllischer April für Real Madrid

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War am Wochenende nicht ganz so gut gelaunt: Cristiano Ronaldo von Real Madrid. (Foto: Getty Images)

Binnen 25 Tagen muss Real Madrid gegen Atlético, Barcelona und den FC Bayern ran - besonders die "Donner-Duelle" gegen die Münchner in der Champions League bereiten Sorge.

Von Javier Cáceres, Berlin

Am Samstag schlug in der Kathedrale wieder die Stunde der Lippenleser. Im San-Mamés-Stadion von Athletic Bilbao, im Volksmund La Catedral genannt, waren 79 Minuten gespielt, als an der Seitenlinie die Tafel mit der Nummer 7 hochgehalten wurde: Cristiano Ronaldo, in eigener Wahrnehmung bester Spieler der Fußball-Geschichte, wurde gegen Isco ausgewechselt - und das nach zwei Vorlagen, die Sturmkollege Karim Benzema (24. Minute) und Mittelfeldspieler Casemiro (68.) zum 2:1-Sieg verwerteten. "Warum ich?", stieß Ronaldo auf dem Weg auf die Bank aus - und ließ einen Fluch folgen, für den das Lexikon die vornehme, aber nur sinngemäße Umschreibung "zum Kotzen!" bereit hält.

Im Wortsinn ist sie mit dem hochgestreckten Mittelfinger verwandt. Denn Ronaldo rief deutlich erkennbar: "Foda-se!". Immerhin: Seinem Trainer Zinédine Zidane reichte er unterwegs noch die Hand.

Dass Ronaldo Auswechslungen so sehr schätzt wie schlampig gezupfte Augenbrauen, ist bekannt. Sein Ärger soll aber verraucht sein. "Am Ende war er froh, dass wir gewonnen haben", sagte Zidane. Weit erleichterter war er aber über den Sieg, der Reals Tabellenführung vor dem FC Barcelona festigte. Erstens, weil der Ausflug nach Bilbao als schwerste Auswärtspartie der Restsaison galt. Zweitens, weil nun dem höllisch anmutenden April mit größerer Gelassenheit begegnet werden kann. Binnen 25 Tagen wird Real Madrid neun Spiele bestreiten, darunter gegen all seine bêtes noires, gegen die schwarzen Bestien.

Alle beschatten Ramos, aber Casimiro trifft

Am 8. April empfängt Real den lästigen Nachbarn Atlético, am 23. April kommt der Erzrivale FC Barcelona, zwischendrin misst sich Real mit dem FC Bayern im Viertelfinale der Champions League. "Donner-Duelle" nannte die Zeitung As die am 12. und 18. April terminierten Partien in München und Madrid, denn wenn es in Europa ein Jersey gibt, das den madridistas trotz elf gewonnener Champions-League-Trophäen "Phobie bereitet", wie die Zeitung E l País schrieb, ist es das Leibchen der Bayern, wegen all der knappen Duelle. Auch mit Blick darauf war es "extrem wichtig, heute zu gewinnen", sagte Zidane, nachdem Real Athletics Heimserie von 19 Spielen ohne Niederlage zerstört hatte.

Dabei waren die Torschützen auch die Protagonisten der Partie. Der genialisch veranlagte, aber mitunter lethargisch wirkende Benzema machte sein wohl bestes Spiel für die Madrilenen. Er war omnipräsent und firmiert nun - mit Amancio - mit 119 Treffern unter den zehn erfolgreichsten Goalgettern der Real-Geschichte. Casemiro wiederum war an der Entstehung von Benzemas Tor entscheidend beteiligt. Er spielte einen Traumpass auf den sprintenden Ronaldo, es folgte ein Querpass des Portugiesen auf Benzema. Dass Casemiro drei Minuten nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch Aduriz Siegtorschütze wurde, hatte mit der Angst der Basken vor Sergio Ramos zu tun.

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Bei einer Ecke des deutschen Nationalspielers Toni Kroos beschatteten gleich vier Athletic-Spieler den Abwehrmann Ramos, der in des Gegners Strafraum verlässlich zum Kopfball-Monster mutiert. Diesmal leitete aber Ronaldo die präzise Kroos-Ecke per Kopf an den zweiten Pfosten weiter, Casemiro stand dort dermaßen allein, dass er sich noch fürs Foto hätte schminken können, ehe er den Ball aus kurzer Distanz ins gegnerische Tor setzte.

In Casemiro, 25, haben die Madrilenen jenen defensiven Mittelfeldmann gefunden, um den Bayerns Trainer Carlo Ancelotti in seiner Zeit als Real-Coach (2013-15) vergeblich gebeten hatte. Casemiro kam zwar auch 2013 nach Madrid, Ancelotti aber hatte um die Verpflichtung eines Mannes geworben, den er nun in München kommandiert: Arturo Vidal, 29. Ähnlich wie der Chilene hat der Brasilianer erstaunliche Lungen, keine Angst vor Raufereien und Wortgefechten (in Bilbao sah er die fünfte gelbe Karte) sowie die Gabe, gegnerische Angriffe resolut zu unterbinden.

Ob er mit seiner Analyse richtig lag, dass Real "ein Superspiel" geboten hatte, war in Spanien am Sonntag nicht konsensfähig. Allerdings musste Real Madrid diesmal nicht einen Rückstand drehen oder zumindest ausgleichen, derlei ist in dieser Saison schon neun Mal geschehen und deutet auf strukturelle Probleme hin. Casemiro focht das an diesem Tag freilich nicht an.

"Das Team wächst nach und nach, und das gilt auch für mich", sagte er, "all jenen, die an uns glauben, möchte ich sagen, dass wir arbeiten, um alles zu gewinnen." Alles, das umfasst nach Real Madrids Pokal-Aus noch die spanische Meisterschaft und die Champions League. Casemiro setzt dabei auf Reals Sieger-Gen. "Wir sind die gleichen Spieler, die den 11. Europapokal geholt haben", sagte er, und es war wohl drohend gemeint.

© SZ vom 20.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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