Fußball:Guardiola schafft sich eine Debatte

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City-Coach Guardiola: "Ich bin mir sicher, dass er nicht glücklich ist." (Foto: Jon Super/AP)

Vor der Champions-League-Qualifikation eskaliert bei Manchester City die Torhüter-Diskussion. Joe Hart wird auf die Bank gesetzt, der Name ter Stegen taucht auf.

Von Javier Cáceres, Manchester

An diesem Dienstag tritt der frühere Bayern-Trainer Pep Guardiola, 45, in der für seinen neuen Klub extrem wichtigen Champions-League-Qualifikation mit Manchester City bei Steaua Bukarest an; einem Verein, der jedem Barcelona-Fan, wie Guardiola einer ist, seit der "Nacht von Sevilla" ein Graus ist.

1986 verlor Barcelona das Landesmeister-Pokal-Finale in der andalusischen Hauptstadt gegen Steaua im Elfmeterschießen, Barças damaliger Spieler Bernd Schuster verließ das Stadion, ehe die Partie vorüber war, im Taxi - beleidigt, weil er ausgewechselt worden war. Guardiola freilich plagen weniger die Gespenster der Vergangenheit als sehr aktuelle Probleme.

Nach seinem siegreichen Premier-League-Debüt vom Samstag, bei dem Guardiola "mehr positive Dinge als erwartet" sah (2:1 gegen den FC Sunderland, Treffer durch Sergio Agüero und ein Eigentor von Paddy McNair), ist die Torhüter-Debatte in Manchester eskaliert.

"Broken Hart", wortspielte die Daily Mail am Montag. Der Grund: Guardiola hatte den englischen Nationaltorwart Joe Hart, 29, auf die Bank gesetzt. Stattdessen stand der Argentinier Willy Caballero, 34, im Tor. Das ist nicht zuletzt deshalb ein Politikum, weil Hart der dienstälteste Profi bei Manchester City und einer der spärlich gesäten englischen Publikumslieblinge ist. "Ich bin ein Mann, der Entscheidungen trifft. Ich habe keine Angst davor", sagte Guardiola, als er im Presseraum des Etihad-Stadions gefühlt einhundert Fragen zu Hart beantworten musste.

Kritik an Guardiola

Ein grundsätzliches Problem mit Hart habe er nicht. Es sei nur so, dass Caballero früher als der EM-Fahrer Hart aus dem Urlaub zurückgekommen sei und mit den Konzepten Guardiolas besser vertraut sei. Doch so richtig scheint diese Erklärung nicht zu verfangen. "Pep Guardiola schuldet Joe Hart keinen Platz in Manchester Citys Mannschaft. Aber er schuldet ihm Aufrichtigkeit", schrieb der frühere englische Mittelstürmer Alan Shearer in einer Kolumne.

Ganz England weiß, dass Guardiola einen "Sweeper-Keeper" bevorzugt, wie ihn die Engländer nennen. Einen Torwart-Hybrid, der halb Schlussmann und Ausputzer ist, wie es die deutschen Nationaltorhüter Manuel Neuer (FC Bayern) und Marc-André ter Stegen sind, oder der Chilene Claudio Bravo (beide FC Barcelona). Hart ist nicht nur für den einen oder anderen Fehlgriff bekannt, vor allem ist er Lichtjahre von einer passablen Ballbehandlung mit dem Fuß entfernt, ähnlich wie Caballero.

Sollte Hart auch gegen Steaua auf der Bank sitzen müssen, dürfte er einen Vereinswechsel anvisieren. Die britische Presse raunt, dass dem FC Everton bereits Harts Wechselabsicht hinterbracht wurde. Sollte es so kommen, würde ein Wechselspiel in Gang gesetzt, das auch Auswirkungen auf ter Stegen haben könnte.

Dass City Interesse an dem 24-jährigen früheren Gladbacher hat, ist ein offenes Geheimnis. Allerdings liegt die vertraglich festgeschriebene Ablösesumme für ter Stegen bei stolzen 80 Millionen Euro. City soll aber auch bei Bravo, 33, vorgefühlt haben. Die Zeitung Sport in Barcelona versichert, City habe sich mit dem Chilenen bereits grundsätzlich auf einen Vertrag geeinigt. Bravos Ablösesumme liegt bei "nur" 40 Millionen Euro.

Bravo und ter Stegen sind mit der bisherigen Arbeitsteilung (Bravo stand bislang in der Liga, ter Stegen im Pokal und in der Champions League im Tor) erklärtermaßen unzufrieden. Barça könnte sich also für gutes Geld eines Problems entledigen - und ter Stegen den lang ersehnten Stammplatz geben.

Dass sich die Lage rasch löst, gilt aber eher als unwahrscheinlich. Ter Stegen hat sich Ende letzter Woche eine Innenbanddehnung zugezogen, die ihn am Sonntag dazu zwang, im Hinspiel des spanischen Supercups zuzuschauen. Spaniens Meister Barcelona siegte beim Pokalsieger FC Sevilla mit 2:0. Bis zur Genesung ter Stegens dürfte Barcelona mindestens warten. Allerdings wird diese in Bälde erwartet. Bis dahin steht nur eins fest: dass Hart in Manchester massiv Frust schiebt. "Ich bin mir sehr sicher, dass er nicht glücklich ist", sagte Guardiola.

© SZ vom 16.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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