Fußball-EM:323 Verhaftungen seit EM-Beginn

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Polizisten führen einen Fan in Lille ab. (Foto: dpa)
  • Seit EM-Beginn wurden 323 Personen verhaftet, gegen 24 Fans ordneten die Behörden eine Ausweisung an, elf Täter wurden bereits verurteilt.
  • Rund um das Spiel Russland gegen die Slowakei kam es in Lille erneut zu Krawallen.
  • Die Uefa, die Russland nur noch auf Bewährung am Turnier teilnehmen lässt, sieht aber noch keinen Handlungsbedarf.

Seit Beginn der Fußball-Europameisterschaft hat die französische Polizei 323 Menschen vorläufig festgenommen. Dabei ging es insbesondere um Gewalttaten, Diebstahl oder Sachbeschädigung, wie das Innenministerium am Donnerstag in Paris mitteilte. 196 von ihnen seien für längere Zeit in Polizeigewahrsam genommen worden. Elf Täter wurden den Angaben zufolge bereits verurteilt: drei von ihnen zu Bewährungsstrafen, acht müssen laut Urteil ins Gefängnis.

Gegen 24 Fans ordneten die Behörden eine Ausweisung aus Frankreich an. Nach früheren Angaben der zuständigen Stellen in Marseille und Lille handelt es sich um 23 Russen und einen Ukrainer. Am vergangenen Samstag hatte es rund um das EM-Spiel England gegen Russland in Marseille schwere Ausschreitungen gegeben. Auch nach der Partie Russland gegen Slowakei am Mittwoch in Lille kam es zu Zusammenstößen, die Polizei setzte mehrfach Tränengas gegen englische Fans ein.

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Der russische Außenminister Lawrow hatte die Festnahmen von mehr als 40 Fans als "absolut inakzeptabel" bezeichnet.

In Lille ist es derweil am Mittwoch erneut zu Ausschreitungen gekommen, doch die Uefa bleibt vorerst nur "besorgt". Der angedrohten EM-Ausschluss des russischen Teams scheint erstmal kein Thema zu sein. "Die Einsatzkräfte haben mehrere Verhaftungen vorgenommen und schnell reagiert, um die Situation unter Kontrolle zu bringen und die öffentliche Ordnung wiederherzustellen", teilte die Europäische Fußballunion Uefa mit. 36 Festnahmen und 16 Verletzte, Jagdszenen und Tränengas reichten dem Exekutivkomitee, das Russland am Sonntag die dunkelgelbe Karte gezeigt hatte, am Donnerstag nicht, um eine außerordentliche Sitzung einzuberufen.

Am Donnerstag wurde drei mutmaßlichen Tätern, alle russische Staatsbürger, im Schnellverfahren der Prozess gemacht. 20 weitere, darunter auch der bekannte Rechtsaktivist Alexander Schprygin, sollen bis Montag des Landes verwiesen werden. Insgesamt hatten die Behörden zu Wochenbeginn nahe Marseille 43 Russen vorläufig festgesetzt, was eine politische Krise zwischen beiden Ländern zur Folge hatte.

Am Mittwoch, einen Tag vor dem Hochrisikospiel zwischen England und Wales am Donnerstagnachmittag in Lens, zogen aber wieder Hooligans durch Frankreich, dieses Mal in Lille rund um das Spiel der Russen gegen die Slowakei (1:2), bei dem es aber zumindest im Stadion ruhig blieb. Unter den Festgenommenen sind auch sechs Russen, die an den heftigen Straßenschlachten in Marseille beteiligt gewesen sein sollen.

Schon am Nachmittag war die Polizei in der Innenstadt gegen rund 200 englische Anhänger, die in Lille eigentlich nichts zu suchen hatte, vorgegangen und setzte dabei Tränengas ein, kurz vor Mitternacht wiederholte sich dies. Nach dem zweiten Vorrundensieg von EM-Gastgeber Frankreich gegen Albanien (2:0) gingen in Lille zudem französische Fans auf die Polizei los. Beim Verlassen der Fanzone wurden Flaschen und Steine geworfen. Die Franzosen spielten am Mittwochabend in Marseille.

Auseinandersetzungen gab es zudem in einem Zug, der englische und walisische Fans vor dem Duell am Donnerstag in Lens von Calais nach Lille brachte. Die Fangruppen gerieten während der Fahrt aneinander, nach der Ankunft im Bahnhof wurden fünf Personen festgenommen. Schon im Vorfeld des russischen Risikospiels waren zehn Personen festgenommen worden. Vier von ihnen blieben auch in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag noch in Polizeigewahrsam - eine Russin und ein Ukrainer wegen unerlaubten Waffenbesitzes, zwei weitere Russen wegen Gewalttätigkeiten.

In Lille und Lens ist der Verkauf von alkoholischen Getränken seit Dienstagnachmittag deutlich eingeschränkt, alle Bars in der Innenstadt mussten spätestens um Mitternacht schließen. In Lens waren 2400 Sicherheitskräfte im Einsatz, die Polizei zeigte auch im Stadion deutliche Präsenz. Die Schulen der kleinen französischen Stadt blieben aus Angst vor weiteren Ausschreitungen geschlossen, es herrscht Ausnahmezustand.

© Sz.de/dpa/sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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