Fußball:Der Überqualifizierte

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In Buchbach zu spielen, ist nicht immer die pure Freude. Das musste auch Bayerns Oliver Batista Meier (vorne) erfahren, den der Buchbacher Marcel Spitzer wenig zärtlich bearbeitete. (Foto: Sven Leifer/foto2press/Imago)

Oliver Batista Meier spielt nach seiner Leihe zum SV Heerenveen wieder bei den Amateuren des FC Bayern. Er will sich für größere Aufgaben empfehlen - am liebsten bei den eigenen Profis.

Von Christoph Leischwitz

Auf den Tag genau vor vier Monaten war Oliver Batista Meier ins Grünwalder Stadion zurückgekehrt, allerdings saß er da nur auf der Haupttribüne. Oder besser: er stand. Mehrere Leihspieler waren schon wieder zurück von ihren aktuellen Arbeitgebern, Joshua Zirkzee zum Beispiel, sie wollten alle dabei sein, als sich die Zukunft der U23 des FC Bayern entschied, am letzten Spieltag der Saison 20/21. Als die jungen Bayern dann aber 0:1 gegen den Halleschen FC verloren, die Kumpels unten auf dem Rasen Tränen in den Augen hatten, weil der FC Bayern II wieder in den Amateurfußball abgestiegen war, in diesem Moment dachte auch Batista Meier: Das war's wohl mit meiner Zeit hier in München. Denn in der kommenden Saison noch einmal über die Dörfer zu fahren, das würde er sich nicht noch einmal antun.

Tat er dann aber doch. Wie zuletzt beim 2:2 beim TSV Buchbach. Und Stand jetzt hat sich das mehr als gelohnt, sowohl für den FC Bayern als auch für Batista Meier selbst. Zurzeit wird der 20-jährige Offensiv-Allrounder auf der Rechtsaußen-Position eingesetzt, von dort hat er jetzt schon fünf Tore aufgelegt und neun selbst erzielt, das sind die meisten im Team. Mit anderen Worten: Sollte die Mannschaft gleich wieder aufsteigen in den Profifußball, hätte sie das auch dem Überqualifizierten auf der rechten Seite zu verdanken. "Insgesamt bin ich schon recht zufrieden, wie es gerade läuft, ich habe noch ein paar Riesenchancen mehr gehabt", sagt Batista Meier.

Vor drei Jahren gehörte der Flügelspieler zu den größten Talenten, jetzt tingelt er wieder über die Regionalliga-Dörfer

Es ist gut drei Jahre her, da gehörte der Flügelspieler, der gerne betont, auch auf der Zehn spielen zu können, zu den größten Nachwuchshoffnungen beim Rekordmeister. Im Sommer 2018 unterschrieb er einen Profivertrag, weil er sich Aufsehen erregend durch die Jugendmannschaften geballert hatte. In der Saison 17/18 schoss er acht Tore in der U-19-Bundesliga - und parallel 20 für die U17 - und das mit 16 Jahren. Er bestach durch Tempo, Technik und gute Übersicht.

Doch dann, im Youth-League-Spiel gegen den AEK Athen im November 2018, ging bei einem Foul in seinem Knöchel so ziemlich alles kaputt, es folgte eine komplizierte Operation und eine lange Reha. Dass es bislang noch nicht ganz gereicht hat, um die damals hoch gesteckten Ziele zu erreichen, möchte er aber, ganz selbstkritisch, gar nicht alleine darauf schieben. Er habe danach einfach nicht ganz so gute Leistungen gezeigt. Vor allem nicht vergangene Saison beim SC Heerenveen in der ersten niederländischen Liga. Dazu sagt der Deutsch-Brasilianer: "Das Problem war, dass ich mich selbst nie so richtig wohlgefühlt habe und dort auch nie zu 100 Prozent meine Leistung abrufen konnte."

Dem Vernehmen nach lag im Sommer schon das eine oder andere neue Angebot nach dieser Leihe vor. Sicherlich: Den seltenen Schritt zurück zu den Amateuren, wie Bayerns zweite Mannschaft genannt wird, den hätte er nicht getan, wenn ihm ein Bundesligist eine Offerte unterbreitet hätte. Ein Klub wie Hoffenheim, nur so als Beispiel. Dort arbeitet Sebastian Hoeneß nun, der Batista Meier gut kennt - und der ja zum Beispiel auch Angelo Stiller aus München holte, eines der anderen großen Bayern-Talente der vergangenen Jahre.

Dass Batista Meier die Saison bei den Bayern-Amateuren zu Ende spielt, ist eher unwahrscheinlich

Am Campus selbst ist man ja auch davon überzeugt: Spieler wie Batista Meier sind für die Regionalliga überqualifiziert und sollten schleunigst weitervermittelt werden. Deshalb war es schon ein Stück weit überraschend, dass OBM, wie ihn seine Mitspieler nennen, am ersten Spieltag der neuen Saison auswärts beim FC Augsburg II in der Startelf stand - und gleich das erste Saisontor auflegte. "Bei der dritten Liga wär's keine Frage gewesen", sagt er jetzt, "dann hätte ich es sicher gemacht. Nach dem Abstieg war der erste Gedanke: nein, nicht vierte Liga. Doch dann war ich im Trainingslager dabei, und habe gemerkt, dass ich mich wohlfühle, und dass viele gute Jungs dabei sind, die sich auch weiterentwickeln wollen." Er sei nun wieder hier, "um wieder zu meiner alten Leistungsstärke zu kommen, ich habe letztes Jahr nicht so viel gespielt".

Das hat den seltenen Nebeneffekt, dass er schon jetzt ein bisschen an seinen Führungsqualitäten arbeiten kann. Batista Meier wird im Februar 21, damit gehört er tatsächlich zum alten Eisen. "Ich bin der Viert- oder Fünftälteste im Kader, da muss man auch mal auf dem Platz vorangehen und Verantwortung übernehmen", sagt er. Dass die Regionalliga mit ihren 20 Teams bis zum Winter viel Spielpraxis ermögliche, das sei auch ein wichtiger Faktor.

Bis zum Winter? Ja, denn es ist unwahrscheinlich, dass Batista Meier die Saison in der U23 zu Ende spielt. Zwar sieht er die Möglichkeit, in der Regionalliga ins große Rampenlicht geschoben zu werden, als eher gering an. Aber ihm geht es ums Selbstvertrauen. Darum, sich auch wieder größere Aufgaben zuzutrauen. Um sich dann ein bisschen genauer überlegen zu können, wohin der Weg das nächste Mal geht.

Es gibt ja auch noch eine andere Möglichkeit. Unter Hansi Flick hatte Batista Meier ja auch schon oft bei den Profis trainiert, und der war bei Bayerns U23 selten vor Ort, um sich die Spiele anzusehen. Ganz anders Julian Nagelsmann, der für mehr Durchlässigkeit auf dem Weg nach oben zu stehen scheint. Und wenn Batista Meier weiter so erfolgreich spielt, warum sollte sich dann nicht nochmal diese Chance auftun? Ist es denn ausgeschlossen, in der langen Regionalliga-Winterpause oben anzudocken, zumindest wieder bei den Profis zu trainieren? "Das schließe ich nie aus, man hofft und glaubt immer daran, ich gebe da nie auf", sagt Batista Meier. Der Traum lebt noch. Zunächst ist aber erst einmal Liga-Alltag: Am Samstag geht es gegen den TSV Rain.

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