Fußball:Der Klub, in dem Englands Talente gedeihen

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Nathan Redmond traf im Halbfinale gegen Liverpool. (Foto: Getty Images)
  • Der FC Southampton hat in der jüngeren Vergangenheit eine feine Auswahl an Spielern hervorgebracht.
  • An diesem Sonntag trifft er im Ligapokal-Finale auf Manchester United.
  • Dass Southampton wieder um Titel mitspielt, liegt am behutsamen Aufbau, der 2009 begann, als der Verein knapp der Insolvenz entkommen war.

Von Sven Haist, London

Ein Gedanke lässt sich bei den Fans des FC Southampton kaum vermeiden. Es ist der Gedanke daran, auf welchem Leistungsniveau sich ihr Team wohl befinden würde, wenn der Verein nur in der Lage wäre, seine besten Mitarbeiter zu halten. Southampton hat in der jüngeren Vergangenheit eine feine Auswahl an Spielern hervorgebracht, die es in einer gemeinsamen Elf wohl problemlos mit den großen Klubs aus London, Manchester und Liverpool aufnehmen könnte.

Diese Mannschaft bestünde in der Verteidigung etwa aus Nathaniel Clyne (FC Liverpool), Jose Fonte (West Ham), Dejan Lovren (FC Liverpool) und Luke Shaw (Manchester United). Vor der Abwehr würde Morgan Schneiderlin (FC Everton) absichern, an seiner Seite Victor Wanyama (Tottenham Hotspur) und Adam Lallana (FC Liverpool). Ganz vorne könnten die Angreifer Gareth Bale (Real Madrid), Sadio Mané (FC Liverpool) und Theo Walcott (FC Arsenal) stürmen. Nur einen Torhüter müsste dieser FC Best of Southampton noch finden.

Dort wissen sie jedoch, dass mit Spielern, die bereits den Verein verlassen haben, nichts mehr zu gewinnen ist. Erstmals seit 40 Jahren etwas gewinnen könnte jedoch das Team der Gegenwart, das am Sonntag im Finale des Ligapokals auf Manchester United trifft - wie 1976 im FA-Cup als Southampton United 1:0 im Wembley-Stadion besiegte. Nach wie vor gilt dieser Sieg als größter der Vereinsgeschichte.

Dass Southampton wieder um einen Titel mitspielen darf, liegt am behutsamen Aufbau, der im Sommer 2009 begann, als der Verein knapp der Insolvenz entkommen war. Damals musste verkauft werden, was noch zu verkaufen war, um den Untergang des Vereins in der Hafenstadt an der englischen Südküste zu verhindern.

Vom Beinahe-Insolventen zum Anti-Premier-League-Team

Mit der damaligen Übernahme des Schweizer Unternehmers Markus Liebherr, dessen Tochter Katharina den Verein mittlerweile geerbt hat, entwickelte sich Southampton in der Premier League, der Spielwiese der Milliardäre, entgegen der Konkurrenz zu einem finanziell von ihren Eigentümern unabhängigen Unternehmen. Neben den Einnahmen aus dem Fernsehvertrag schafften es die Saints durch Spielerverkäufe, sich nachhaltig in der oberen Tabellenhälfte zu platzieren. Das Konstrukt folgt dem Leitgedanken, dass jeder im Verein ersetzbar sein müsse - von der Leitungsebene bis zu den Profis. Das funktioniert: Trotz anders lautender Prophezeiungen brachte kein Abschied, weder von Sportdirektoren, Trainern oder Spielern, den Klub aus dem Gleichgewicht.

In der sogenannten Black Box, einem Analyse-und Videoraum auf dem im November 2014 eröffneten Trainingsgelände, sammelt sich das Wissen der Talentsichter, Spielbeobachter und Entscheidungsträger. Die Gewissenhaftigkeit, mit der sich Southampton weit im Voraus mit potentiellen Erwerbungen beschäftigt wird, hebt den Klub von der Konkurrenz ab. Selbst die Trainer werden mit dieser Sorgfältigkeit ausgesucht. Auf Mauricio Pochettino folgte Ronald Koeman, nun leitet der Franzose Claude Puel die erste Mannschaft. Das Gesicht hat sich jeweils geändert - die attraktive Spielweise mit technisch flinken Akteuren ist geblieben. Obwohl die besten am Saisonende weiterziehen.

Der Klub versucht gar nicht erst, Kraft in den Verbleib seiner Topspieler zu stecken. Diese Herangehensweise erlaubt natürlich keinen großen Sprung nach vorn in der Liga der Milliardäre. Deshalb war es für die Saints schon ein erheblicher Imagegewinn, in dieser Saison in der Gruppenphase der Europa League mitgemischt zu haben. Und das Erreichen des Endspiels im Ligapokal trägt natürlich ebenfalls dazu bei, die Attraktivität zu bewahren für die nächste Generation an Talenten.

© SZ vom 26.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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