Fußball:Costa Rica: Mit Bildung zum Erfolg - «Füße nicht alles»

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Rio de Janeiro (dpa) - Costa Ricas Fußball-Helden setzen auf ihrem Erfolgsweg durch die WM nicht nur aufs Herz, sondern auch aufs Köpfchen.

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Rio de Janeiro (dpa) - Costa Ricas Fußball-Helden setzen auf ihrem Erfolgsweg durch die WM nicht nur aufs Herz, sondern auch aufs Köpfchen.

„Im Fußball sind die Füße nicht alles, man muss ausreichend nachdenken, um die Ruhe in Stressmomenten bewahren“, erklärte Nationalspieler Christian Bolaños die Devise des Überraschungsteams.

Die akademische Gelassenheit, mit der die Auswahl des kleinen mittelamerikanischen Landes zuletzt auch den Elfmeter-Krimi gegen Griechenland überstand, kommt nicht von ungefähr. „Ein entscheidender Aspekt bei der Entwicklung eines Sportlers ist die Bildung“, erzählte Luis Gabelo Conejo, der 1990 mit Costa Rica in Italien das WM-Achtelfinale erreichte, der Nachrichtenagentur dpa. Nun ist er als Torwart-Trainer dabei, wenn sein Land mit der ersten Viertelfinal-Teilnahme erneut Geschichte schreibt.

Das kleine Costa Rica ist eine Ausnahmeerscheinung der Region, gilt manchen sogar als „Schweiz Zentralamerikas“. Es ist eines der am stärksten entwickelten Länder Lateinamerikas - auch, was den Bildungsgrad im Volk betrifft. Das spiegelt sich auch in der Nationalelf wider. „Von diesen Jungs sind viele Hochschulabsolventen, 95 Prozent studieren“, sagte Conejo. „Eine Person, die akademisch vorbereitet ist, hat diesen Grad an Reife, um im entsprechenden Augenblick Druck von einem Problem zu unterscheiden und zu wissen, wann man effizient und verantwortungsvoll handeln muss“, erklärte Conejo schon vor dem Spiel gegen Griechenland.

Gesagt, getan. Trotz der Ermüdung nach 120 Minuten, davon fast die Hälfte in Unterzahl, landeten die Elfmeter wie nach Bilderbuch geschossen im Netz. Auch der Mittelfeldspieler Celso Borges, der den ersten Elfmeter schoss, ist sich sicher, dass ihnen die Universität auf dem Rasen hilft. „Man versteht die Anweisungen besser, kann in verschiedene Situationen im Spiel analysieren, was gerade passiert“, sagte Borges nach dem Sieg.

„Wenn einer studiert, etwas liest, dann helfen diese Sachen, um extrem aufnahmefähig zu ein, um Anweisungen umzusetzen, neue Sachen bei der Ausbildung zu lernen. Und so etwas ist sehr wichtig. Wir haben viel trainiert und auch das hilft uns. Wir wissen schon, was zu tun ist, deshalb bleiben wir ruhig“, fügte Borges hinzu - als gäbe es eine wissenschaftliche Formel oder ein Handbuch, mit dem sich selbst der Zufall im Fußball beherrschen ließe.

Bildung und Arbeit, um am Tag der Prüfung die Antworten zu liefern - darauf setzen die „Ticos“ und ihr Trainer, der Kolumbianer Jorge Luis Pinto. Auch er macht wie ein fleißiger Schüler nichts auf den letzten Drücker. „Er ist sehr streng, wenn es ums Arbeiten geht, er hat uns beim taktischen Teil viel geholfen“, sagt Mittelfeldspieler Bolaños über Pinto. Der Coach versichert, dass er schon vorher genau geplant hatte, wer und in welcher Reihenfolge die Elfmeter gegen Griechenland schießen würde. Der Plan wurde umgesetzt.

Costa Ricas Spieler sind redegewandt, wenn sie etwas sagen, geben sich aufmerksam, gebildet - Eigenschaften, die bei anderne Fußballern nicht selbstverständlich sind. Eigenschaften, die Pinto die Arbeit erleichtern, der schon die Strategie vor Augen hat, mit der sein Team die Niederländer im Viertelfinale am Samstag bezwingen kann.

„Der vorbereitete Spieler passt sich besser ein, der Spieler mit einem gewissen intellektuellen Niveau lernt schneller, er bringt sich ein und setzt technisch-taktische Bewegungen besser um, und er benimmt sich besser auf dem Spielfeld“, führte Pinto aus. „Mit starker Persönlichkeit setzt er alle Kriterien um, die uns geistig, taktisch und strategisch zur Verfügung stehen.“ Das mentale Training überzeugt auch seine Männer. Es helfe, im Kopf klar bleiben, sagt Bolaños. „Es ist wichtig, die mentale Kontrolle zu behalten.“

„In unserem Land streben wir an, dass der Erziehungsteil mit dem Sportteil einhergeht“, erklärte Ex-Torwart Conejo. „Schon auf der Ebene der unteren Mannschaften, kann derjenige, der kein gutes Bildungsniveau hat, nicht in der Auswahl spielen.“ Die Bücher helfen - auch auf dem Rasen, wenn die „Ticos“ mit rasendem Pulsschlag das nächste Kapitel Fußballgeschichte ihres Landes schreiben.

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