Fußball: Bundesliga:Dusel-Dortmund? Pfui Spucke!

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Ausgleich in der Nachspielzeit durch einen unberechtigten Freistoß: Borussia Dortmund überholt den FC Bayern auch in der Dusel-Wertung. Was die Münchner stark beunruhigen dürfte.

Thomas Hummel

Man stelle sich vor, Antonio da Silva wäre nicht Antonio da Silva gewesen. Sondern zum Beispiel Arjen Robben. Also: Arjen Robben legt sich in der Schlusssekunde eines verlorenen Spiels den Ball zu weit vor, will schießen, doch von hinten hat ihm ein Gegner die Kugel geklaut. Robben zieht trotzdem durch und trifft den Gegenspieler, der heute über einen Bluterguss in der Wade lamentiert.

Einige glauben schon daran: Borussia Dortmund steht nach neun Spieltagen hinter den Überfliegern aus Mainz auf Platz zwei. (Foto: dapd)

Nun, statt Robben für den Tritt zu rügen, in die Pfeife zu trällern, den Ball mit in die Kabine zu nehmen und Robben samt Mitspieler in Trauer zurückzulassen, gibt der Schiedsrichter also diesen staubigen Freistoß für Robben. Und weil der Freistöße recht gut geübt hat, zirkelt er den Ball in den Winkel. Spiel nicht verloren, Jubel ohne Ende, die Schlagzeilen am nächsten Tag: "Dusel-Bayern schlagen doch noch zu!"

Ja, so ist das mit dem Dusel. Zwar benutzen dieses Wort einige Volksgruppen in Deutschland, der Fußball-Sprachgebrauch hat es aber ausschließlich dem in Oberbayern angesiedelten Großklub reserviert. "Bayern-Dusel" ist sogar ein Eintrag im Internet-Wörterbuch Wikipedia. Egal, wie der FC Bayern spielt: Schießt er am Ende noch ein Tor, heißt es, er duselt.

Doch an diesem neunten Spieltag der Fußball-Bundesliga hat eben nicht der FC Bayern München und schon gar nicht der seit Monaten verletzte Arjen Robben einen unberechtigten Freistoß nach 93 Minuten versenkt. Sondern eben Antonio da Silva für Borussia Dortmund zum 1:1 gegen Hoffenheim. Ob nun Wikipedia den Ausdruck "Dusel-Dortmund" aufnimmt? Schließlich haben die Dortmunder schon vor einer Woche in Köln in der Nachspielzeit das 2:1 erzielt. Und in Lwiw, in der Europa League: wieder Nachspielzeit zum 4:3.

Der Arbeitsethiker Jürgen Klopp dürfte mit der Zuschreibung Dusel-Dortmund gar nicht einverstanden sein. Spielt doch da der Eindruck mit, die Erfolge seien unverdient und dunklen Mächten geschuldet, während der Gegner um den Lohn seiner harten, ehrlichen Arbeit gebracht wurde. Und das in Dortmund! Pfui Spucke!

Der Borussia-Trainer verwies auf den unermüdlichen Einsatz seiner Spieler, auf den Willen bis zur letzten Sekunde und dass er darauf "superstolz" sei. Dass man so einen Freistoß in der letzten Spielsekunde ja erst mal auf einer Weltklasse-Flugbahn in den Winkel zimmern muss.

Da hat Jürgen Klopp vollständig recht, aber vielleicht lohnt da doch wieder ein Blick nach München. In den rot-weißen Gemächern hat noch nie jemand etwas Anrüchiges dabei empfunden, einen Sieg zu feiern, der vom Rest der Republik als Dusel-Sieg verschmäht wurde. Nie hat sich der FC Bayern über eine Meisterschaft mehr gefreut als 2001, vor dem "Meister der Herzen" aus Schalke.

Es dürfte den Rekordmeister stark beunruhigen, dass sie derzeit von den Dortmundern auch in der Dusel-Wertung überholt werden.

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