Früherer Kerber-Trainer:"Ich habe sogar noch alte Matches von ihr auf dem Stick"

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Angelique Kerber bei den Australian Open. (Foto: REUTERS)

Tennistrainer Torben Beltz trifft bei den Australian Open auf seine frühere Spielerin Angelique Kerber - als Coach einer Konkurrentin. Er spricht über Insiderwissen und die Umstände der Trennung.

Interview von Gerald Kleffmann, Melbourne

Bei den Australian Open kommt es in der zweiten Runde im Fraueneinzel zu einem Duell mit einer interessanten Note: Angelique Kerber tritt gegen die Kroatin Donna Vekic an, die von Torben Beltz trainiert wird - Kerbers früherem Coach, von dem sich die 29-Jährige im vergangenen November getrennt hat. Mit Beltz hatte Kerber seit der Jugend bis auf eine kürzere Phase zusammengearbeit. Der 41-Jährige aus Itzehoe führte die Kielerin 2016 zu den ganz großen Erfolgen, als Kerber die Australian Open und die US Open gewann sowie zur Nummer eins der Welt aufstieg. Ein Gespräch über das bevorstehende Match, Erkenntnisse der gemeinsamen Jahre und seine neue Aufgabe.

SZ: Herr Beltz, was war Ihr Gedanke, als die Auslosung feststand und Sie sahen, dass Ihre Spielerin Donna Vekic in der zweiten Runde auf Angelique Kerber treffen könnte?

Torben Beltz: Der erste Gedanke war erst mal, dass es in der ersten Runde gegen die Japanerin Nao Hibino geht. Solche Spiele musst du überstehen. Das war ein schweres Los, und es war dann auch ein intensives Match. Donna hat das super gemacht und 7:5, 6:3 gewonnen. Aber natürlich habe ich gesehen, dass es in der zweiten Runde gegen Angie gehen könnte. Das ist etwas Spezielles und eine spannende Situation. Das kann ich nicht leugnen.

Wie sind Sie an die Traineraufgabe mit Vekic gekommen?

Das ging relativ schnell. Als bekannt geworden war, dass Angie und ich uns getrennt haben, schrieb mich der Manager von Donna an. Ich flog nach Genf, wir absolvierten ein Probetraining und besprachen alles. Es lief gleich gut, und so haben wir uns geeinigt, dass wir es in der Winterpause und hier in Australien als Team zusammen versuchen. Danach bereden wir, wie es weitergeht.

Torben Beltz kennt Angelique Kerber aus den gemeinsamen Jahren ganz genau. (Foto: Made Nagi/dpa)

Sie haben das größte Insiderwissen, das jemand über Kerber haben kann. Setzen Sie das ein?

Klar kenne ich Sie nach so vielen Jahren und gemeinsamen Erlebnissen sehr gut. Trotzdem ist jetzt auch eine neue Zeitrechnung. Sie spielt sehr gutes Tennis, das heißt, ich muss natürlich versuchen, Donna bestmöglich mit ihren Stärken gegen sie einzustellen. Donna muss gegen Angie ihre beste Leistung abrufen, um eine Chance zu haben. Ich habe Angies erstes Spiel hier nicht gesehen, aber es gibt ja Youtube, wo man ein paar Sachen gucken kann. Ich habe sogar noch ein paar alte Matches von ihr auf dem Stick.

Was bleibt für Sie nach der Zeit mit Kerber als Erinnerung hängen?

Als Trainer habe ich Erfahrungen gemacht, die einmalig sind und die ich um nichts missen möchte. Herausragend war natürlich dieses Superjahr 2016, als sie fast alles gewonnen hat und die Nummer eins wurde. Da hatten wir Momente, die ich nie wieder vergesse. 2017, als Angie dann nicht mehr so viel gewann, war auf gewisse Weise aber auch besonders. Auch wenn man sich alles anders wünscht. Man lernt viel. Man versucht, auch aus schlechten Zeiten etwas Positives herauszuziehen und zu wachsen.

Sie erlebten mit Vekic bereits eine positive Entwicklung. Sind Sie überrascht, wie rasch sich für Kerber und Sie offenbar alles wieder zum Guten verändert hat?

Im Tennis ist das einfach so. Es geht am Ende eben nichts über Erfolge auf dem Platz. Sie geben das Selbstvertrauen. Ich habe auch Angies Spiele im Fernsehen verfolgt, als sie in Sydney gewann, und finde es super, dass sie wieder so gut spielt. Für mich ist es aber auch toll, dass ich diese schöne Aufgabe mit Donna habe. Wir wollen natürlich die nächste Runde gewinnen. Donna ist jung und hat unglaublich viel Potenzial. Wir hatten eine sehr gute Off-Season, als wir drei Wochen lang in Monte Carlo und Genf trainiert haben. Ich bin selbst gespannt, wie es weitergeht.

Können Sie verstehen, dass sich Kerber nach so vielen Erfolgen trotzdem von Ihnen getrennt hat?

Auf jeden Fall. Auch wenn man sich wünscht, dass es gar nicht erst zu so einer Situation kommt. Man arbeitet ja gemeinsam, damit die Spielerin Erfolg hat. Aber 2017 lief einfach nicht so, wie wir das erhofft hatten. Ich selbst hatte immer wieder während der vergangenen Saison geglaubt, sie schafft noch den Turn. Sie hat im Training so vieles gut gemacht. Leider hat Angie dann einige Spiele unglücklich verloren, zum Beispiel in Wimbledon in einem hochklassigen Match gegen Garbiñe Muguruza ...

... die dann auch das Turnier später gewann.

Ja, und das sind dann kleine Puzzleteile, die an einem nagen. Sie konnte irgendwann die Saison nicht mehr retten. Die Trennung ist daher nachvollziehbar. Aber wenn wir uns sehen, freuen wir uns. Ich habe ihr auch gleich zum Turniersieg in Sydney gratuliert.

In der zweiten Saisonhälfte hatte Kerber ihren früheren Trainer Benjamin Ebrahimzadeh, der Sie zwischenzeitlich mal abgelöst hatte, mit auf den Platz geholt. Von außen sah das etwas merkwürdig aus. Weil der Mann, der zwei Grand-Slam-Siege mitbewirkt hatte, plötzlich eher der zweite Zuarbeiter war.

Ich finde schon, dass wir immer ein gutes Trainer-Spielerin-Verhältnis hatten, auch in New York bei den US Open, als Benny dabei war. In so einem Jahr, in dem es nicht so läuft, versucht man eben auch, etwas zu verändern und etwas zu finden, damit es wieder läuft. Ich war offen für diesen Versuch, dass Benny uns hilft. Ich habe in keiner Weise das Gefühl gehabt, dass es eine Degradierung für mich war. Es ging um Input von außen, damit Angie bei den US Open besser spielt. Leider hat das nicht so funktioniert, wie wir wollten.

In einem Punkt hat Kerber allerdings nachträglich Kritik an Ihnen geäußert. Aufgrund eines einzulösenden Wetteinsatzes mussten Sie beide einen Tanzkurs machen - und Sie wären nicht so der Könner gewesen.

Ich fürchte, da hat sie recht. Tanzen ist sicherlich nicht meine Stärke. Das weiß Angie. Ich habe andere Stärken.

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