French Open - Match des Tages:Trickser unter großem Druck

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Der Tscheche Tomas Berdych muss gegen den Südafrikaner Kevin Anderson psychotaktische Kniffe anwenden, um knapp zu gewinnen. Am Samstag bekommt es Tommy Haas in der dritten Runde mit Richard Gasquet zu tun. Wer ist der Franzose, was macht ihn aus? Bei seinem Match gegen Grigor Dimitrov zeigte er bereits: Er gibt niemals auf.

Milan Pavlovic, Paris

Match des Tages: Tomas Berdych (Tschechien/7) - Kevin Anderson (Südafrika/31) 6:4, 3:6, 6:7 (4), 6:4, 6:4

Eine Runde weiter: Der Tscheche Tomas Berdych. (Foto: REUTERS)

Wenn über die Favoriten auf den Männertitel in Paris geredet wird, dann fallen nur ganz wenige Namen. Nadal, Nadal und nochmals Nadal, und wenn's hoch kommt, außerdem Roger Federer und Novak Djokovic. Der Mann, gegen den aber niemand spielen möchte, ist Tomas Berdych.

Der lange Tscheche erfreut sich auf der Tour nicht gerade großer Beliebtheit, er hat den Ruf eines Tricksers, der sich nicht immer fair verhält. Neulich, beim Finale in Madrid gegen Roger Federer, war der Schiedsrichter der Einzige auf der Anlage, der nicht mitbekommen hatte, dass ein Ball zweimal aufgetischt war, bevor der Tscheche ihn erreichte. Berdych sagte nichts und verbuchte den Punkt, zur Entrüstung der Zuschauer. Roger Federer, der zu ungefähr 99 Prozent der Kollegen ein zumindest freundliches Verhältnis pflegt - außer eben zu Berdych -, dürfte sich seinen Teil gedacht haben.

Tatsache ist allerdings, dass Berdych so etwas gar nicht mehr hätte, weil er so gut spielt wie noch nie. 2010 feierte er zwar sein markantestes Ergebnis, indem er in Wimbledon Federers Finalteilnahmen-Serie beendete und erst im Finale an seinen Nerven und Rafael Nadal scheiterte; aber erst in diesem Jahr wirkt er konzentriert und gestählt. Denkbar knappe Niederlagen gab es bei den Australien Open gegen Rafael Nadal (nach einem Satzball zur 2:0-Führung), später gegen Djokovic in Monte Carlo und Federer in Madrid.

Umso überraschender war es, wie sehr der blonde Schlaks in seiner Drittrundenpartie gegen Kevin Anderson unter Druck geriet. Der Südafrikaner hielt in den Grundlinienduellen gut gegen, suchte im richtigen Moment den Weg ans Netz und führte nach verlorenem ersten Satz mit 4:6, 6:3, 7:6 (4).

Danach hatte er zwei große Vorteile auf seiner Seite: Er durfte den vierten Satz mit seinem Service eröffnen; und Berdych konferierte mit dem Turnierarzt, weil er sich unwohl fühlte - kein Wunder bei der Gegenwehr. Oder war es wieder nur eines von Berdychs psychotaktischen Manövern. Bei 4:4 im vierten Satz gelang ihm das erste Break des Durchgangs, danach musste er einen Breakball abwehren, bevor er nach Sätzen gleichzog.

Im fünften Satz war Berdych so unantastbar, wie man es von ihm erwartet hatte. In seinen abschließenden vier Aufschlagspielen gab er gerade mal einen Punkt ab. Und er setzte Anderson bei dessen Service zunehmend unter Druck, vergab einen Breakball und bekam dann, beim Stand von 3:3, das entscheidende Break geschenkt, als seinem südafrikanischen Gegner ein Doppelfehler unterlief. Nach drei Stunden und 52 Minuten war das Spiel vorbei, und der Gegner, den viele fürchten, ist auf Kurs, sich mit Juan Martin del Potro und danach vermutlich Roger Federer zu messen.

French Open in Paris
:Vergeblich gestreckt

Wieder einmal scheitert Ana Ivanovic in Roland Garros früh - die Serbin verliert trotz großer Anstrengung gegen eine Italienerin. Besser macht es Dominika Cibulkova, die es eine Runde weiter schafft. Die Schwedin Mathilde Johansson verpasst gegen die Amerikanerin Sloane Stephens den Sieg - worüber sich auch die Franzosen ärgern dürften.

Bilder aus Paris

Der 25-Jährige Richard Gasquet, die Nummer 20 der Welt- und 17 der Setzliste, erreichte die dritte Runde durch ein 6:3, 6:4, 7:6 (4) gegen den Qualifikanten Jürgen Zopp sowie durch ein hart erkämpftes 5:7, 7:5, 6:2, 6:3 gegen Grigor Dimitrov. Gasquet lag dabei bereits 5:7, 4:5 zurück.

Niemals aufgeben: Richard Gasquet gewann sein Zweitrunden-Match, obwohl er sich während der Partie übergeben musste. (Foto: AFP)

Als der Bulgare zum Satzgewinn aufschlug, kam es zu einer Serie von spektakulären Grundlinienduellen. Beim Breakball für Gasquet kam es zu einer Art doppeltem technischen K.o.: Nach einem mörderischen Ballwechsel mit 32 Schlägen entledigte sich der Franzose jener Banane, die er während des vorangegangenen Seitenwechsels gegessen hatte; der junge, von Krämpfen geschüttelte Gegner aus Bulgarien lag derweil flach und krabbelte dann zum nächsten Linienrichter-Stuhl. Er konnte danach zwar weiterspielen, war aber zu gezeichnet, um zu gewinnen.

Gasquet bestreitet seine neunten French Open. Er gewann neun von 17 Spielen. Sein bestes Ergebnis ist das Erreichen des Achtelfinales 2011. Damals verlor er glatt gegen Novak Djokovic.

Sein bestes Grand-Slam-Resultat erzielte er 2007, als er erst im Halbfinale an Roger Federer scheiterte.2012 hat er eine Bilanz von 21:11 Siegen. Es ist nicht sein bestes Jahr. Er erreichte das Finale beim Sandplatzturnier in Estoril, wo Juan Martin del Potro unterlag. In Rom stand er im Viertelfinale, wo ihn David Ferrer bezwang.

Zwei seiner sechs Turniersiege gelangen ihm auf Sand: 2006 in Gstaad (gegen Feliciano Lopez) und 2010 in Nizza (gegen Fernando Verdasco). Dies war auch sein bislang letzter Turniersieg. Vor seiner Profikarriere war Gasquet ein sehr erfolgreicher Juniorenspieler. 2002 gewann er die French Open.

Seit Februar 2011 wird er außer von Riccardo Piatti von dem ehemaligen Profispieler Sebastien Grosjean betreut.

Der direkte Vergleich

2006 Australian Open, Hartplatz 1. Runde: Haas - Gasquet 6:2, 7:5, 6:2

2006 Davis-Cup, Hartplatz: Gasquet - Haas 1:6, 6:4, 6:4, 6:7 (1), 6:3

2008 US Open, Hartplatz, 1. Runde: Haas - Gasquet 6:7 (3), 6:4, 5:7, 7:5, 6:2

In seiner Kolumne beschreibt unser Reporter Milan Pavlovic die Partien des Tages von den French Open. Bisher erschienen: Paul-Henri Mathieu - John Isner, Gilles Simon - Brian Baker, Jeremy Chardy - Lu Yen-Hsun, Viktoria Asarenka - Alberta Brianti und Michael Berrer - Jürgen Melzer.

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