French Open - Match des Tages:Der fabelhafte Baker Boy

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Brian Baker war lange verletzt, spielte sich durch endlose Qualifikationsrunden - und zeigte nun in Paris großes Tennis: Er bedeckte in der Umkleide seinen Körper mit Eisbeuteln, dann agierte er vier Sätze lang formidabel, doch am Ende ging ihm doch die Luft aus.

Milan Pavlovic, Paris

Match des Tages: Gilles Simon (Frankreich/Nr. 11) - Brian Baker (USA) 6:4, 6:1, 6:7 (4), 1:6, 6:0

Rannte, kämpfte - und verlor am Ende doch: Brian Baker bei seiner Zweitrundenpartie gegen Gilles Simon. (Foto: Getty Images)

Brian Baker war zuletzt der Lazarus der Tennisszene. Sechs Jahre ohne Matchpraxis auf der Tour, dafür mit fünf Operationen zwischen 2006 und 2008, machte er im April und Mai mit einer fast schon märchenhaften Serie auf sich aufmerksam. Er gewann acht Spiele in Savannah/Georgia, womit er sich die Wild Card für die French Open sicherte. Um sich zu akklimatisieren, reiste er an die Côte d'Azur.

Während wenige Kilometer entfernt die Filmstars bei den Filmfestspielen von Cannes über den roten Teppich flanierten, arbeitete Baker hart auf dem roten Sand von Nizza. Als Nr. 216 der Welt spielte er sich über die Qualifikation ins Hauptfeld, wo er nacheinander die weit vor ihm platzierten Sergej Stachowski (Nr. 84 der Weltrangliste), Gaël Monfils (13), Mikhail Kukuschkin (55 - nach Abwehr eines Matchballs) und Nikolai Dawidenko (53) ausschaltete, bevor er im Finale an Nicolas Almagro (14) scheiterte.

So reiste er weiter nach Paris. Dort traf der inzwischen 27-jährige Ex-Hoffnungsträger in der ersten Runde auf Xavier Malisse - und ließ dem belgischen Routinier keine Chance. Vor der zweiten Runde hatten die Pariser Sorgen, der Amerikaner mit dem Faible für Frankreich könnte den einheimischen Gilles Simon gefährden.

Doch dann drängen Geschichten auf der Umkleidekabine an die Öffentlichkeit. Simons Landsmann Paul-Henri Mathieu schilderte eine Beobachtung vom Montag. Da war der Franzosen als einer der letzten Profis auf der Anlage aus der Spielerdusche gekommen und sah, wie Baker "da lag und so viele Eisdeutel auf verschiedenen Stellen seines Körpers verteilt hatte, dass ich ihm beinahe gesagt hätte, dass er sich am besten gleich ins Eisbad legen sollte."

Nach all den Spielen waren die Muskeln des Amerikaners völlig übersäuert, und er sah auch ziemlich fertig aus, als er den Court Central betrat. Die Kontrahenten besitzen an guten Tagen beide die Fähigkeit, die Bälle nach ihrem Gusto zu verteilen. Simon gelang das lange Zeit deutlich besser. Er schaffte das Break zum 6:4 und sicherte sich den zweiten Satz ganz locker mit 6:1. Zu diesem Zeitpunkt hätte niemand mehr einen Cent auf Baker gesetzt.

Aber vielleicht hätte Simon gewarnt sein müssen, denn ein anderer Landsmann von ihm, Richard Gasquet, hatte sich ebenfalls über den US-Rückkehrer geäußert, gegen den er 1999 ein Jüngstenturnier in Frankreich gewonnen hatte: "Als ich den Namen Baker im Tableau von Paris erblickte, wusste ich zunächst gar nicht, dass es sich dabei um Brian handelte. Dann habe ich ihn im Fernsehen in Nizza gesehen und staunte. Denn er hat sich praktisch gar nicht verändert. Er ist nur etwas gewachsen, aber die Schläge und das täuschend verschleppt wirkende Tempo sind genau wie früher."

Simon staunte nicht schlecht, als Baker durch die Gegend schlurfend die Bälle besser traf, Satz drei im Tiebreak gewann und Durchgang vier total souverän verbuchte. Skeptische Geister hätten hier einen Wettbetrug gewittert, denn damit war nun wirklich nicht zu rechnen gewesen. Doch just als Baker der 2:2-Satzausgleich gelungen war, war die Luft bei ihm raus. Im letzten Satz gelang ihm nicht ein Spielgewinn mehr. Aber es könnte dennoch lohnend und unterhaltsam sein, die nächsten Turniere von Brian Baker genau zu beobachten.

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