Bundesligastart der Club-Frauen:Träumen verboten

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Darf man das sagen? Ja, ganz laut: Nürnbergs Fußballerinnen (hier Torfrau Lea Paulick nach dem Sieg gegen Hoffenheim) sind in der ersten Liga ankommen. (Foto: Wolfgang Zink/Sportfoto Zink/Imago)

Am Samstag starten die Fußballerinnen des 1. FC Nürnberg in ihre erste Bundesligasaison seit 23 Jahren. Das Spiel gegen Bremen dient als früher Gradmesser, wie bundesligatauglich das junge Team ist - und welche Ziele sich der Club stecken darf.

Von Vinzent Tschirpke

"Ich weiß gar nicht, ob wir das überhaupt sagen dürfen?", fragte sich Franziska Mai vorm letzten Spiel der vergangenen Saison. In einem Vereinsvideo hatte sie ihren Wunsch erklärt, zu Hause gegen Hoffenheim II zu gewinnen und somit: aufzusteigen. Während sie diese gar nicht unwahrscheinliche Hoffnung - die Nürnbergerinnen standen damals auf dem zweiten Platz und hatten den Aufstieg somit in eigener Hand - aussprach, setzte sie kurz ab, nur um dann jene abschwächende Frage zu stellen. Dürfen wir hier vom Aufstieg sprechen?

Inzwischen ist diese Partie gegen Hoffenheim knapp drei Monate her. Der Club gewann 3:0 und folgte somit Zweitligameister RB Leipzig in die erste Liga. Während der Aufstiegssaison hatte der FCN ein Motto, es lautete: "Mutig bis zum Schluss". Wegen der vielen Veränderungen im Team ist vor der ersten Bundesligasaison seit 23 Jahren noch offen, worüber die Spielerinnen dieses Mal sprechen dürfen: Irgendwie zum Klassenerhalt mauern - oder mutig von Anfang an?

Schließlich hat sich seit dem Aufstieg einiges getan: Medina Desic, mit zwölf Treffern drittbeste Torschützin in der vergangenen Saison, ist vom Konkurrenten RB nach Nürnberg gewechselt. Weitere sechs Zu- und sieben Weggänge brachten viel Veränderungen im Team, der prägendste Wechsel vollzog sich jedoch an der Seitenlinie: Osman Cankaya, der das Team 2016 in der Regionalliga übernommen und in Doppelfunktion aus Trainer und Sportlichem Leiter bis in die Bundesliga geführt hat, konzentriert sich seit dieser Saison auf letztere Rolle. Für ihn hat Thomas Oostendorp übernommen, der zuvor die Jugendmannschaften beim niederländischen Verband KNVB trainiert hat.

Der neue Trainer ist erst 30 - und seine Mannschaft ist die jüngste der Liga

Der 30-Jährige galt als Wunschkandidat beim FCN, auch wenn er noch keine Erfahrung im Profibereich hat. Seine Ziele für die Saison? "In der Liga bleiben. Nur der Klassenerhalt kann das Ziel sein, nichts anderes wäre realistisch." Nach einer gelungenen Saisonvorbereitung folgte im ersten Pflichtspiel ein früher Dämpfer. Mit 0:1 schied sein Team in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen Zweitligist Jena aus. Die Stimmung vorm Saisonauftakt gegen Bremen sei trotzdem gut, auch wenn danach mit Leverkusen und Wolfsburg gleich zwei Härtetests auf die Nürnbergerinnen warten.

"Wir arbeiten daran, mit dem Ball in Spielen wie gegen Jena Lösungen zu finden. Aber im Großteil der Saison geht es als Aufsteiger darum, gegen den Ball zu funktionieren", sagt Oostendorp. Seine Spielweise will der Trainer je nach Gegner anpassen. In Duellen mit Teams wie Bayern und Wolfsburg könne seine Mannschaft weniger hoch pressen, der Fokus liege dann eher auf Kontern und einer kompakten Defensive.

Mit seinen 30 Jahren ist Oostendorp ein ungewöhnlich junger Trainer, fügt sich damit aber gut in die Altersstruktur im Club ein. Nur vier Spielerinnen sind älter als 24, der FCN stellt damit das jüngste Team der Liga. "Wir haben großes Potenzial im Kader und viele talentierte Spielerinnen aus der eigenen Jugend, die wir über die Saison hinweg entwickeln wollen", erläutert der ehemalige Nachwuchscoach. Wichtiger als das Alter sei ohnehin die Einstellung der Mannschaft: "Wir haben eine gute Connection und jeder ist bereit, sich komplett reinzuhängen."

Als Fixpunkt in der Offensive gilt Medina Desic. Die 30-jährige Stürmerin ist die Älteste im Team, auf ihr ruhen viele Hoffnungen: "Medina soll mit ihrer Erfahrung ein wichtiger Baustein für den Klassenerhalt sein, sie ist die Leaderin", sagt Oostendorp. "Man darf aber nicht vergessen, dass es auch ihre erste Saison in der Bundesliga ist."

Die Angreiferin erklärte vor dem Auftakt ihren Wechsel vom direkten Konkurrenten: Als Fränkin sei es für sie immer ein großer Traum gewesen, im Frankenland Bundesliga zu spielen. "Meine Vorfreude ist unendlich groß. Es kribbelt schon richtig vor dem Spiel am Samstag", sagte die neue Stürmerin.

In Nürnberg wird sie erstmals im Max-Morlock-Stadion auf Torejagd gehen. Der Club ist seit dieser Spielzeit neben dem MSV Duisburg der einzige Verein, bei dem das Frauenteam im Stadion der Männer spielt. Auch Dauerkarten für die Heimspiele in der Arena werden angeboten, im Frauenbereich immer noch eine Seltenheit. Und natürlich hoffen sie, dass einen Tag nach dem Derby der Männer gegen Fürth möglichst viele Zuschauer auch zu ihrem Auftakt gegen Bremen erscheinen - und sie die tolle Stimmung vom Aufstiegsjahr am Valznerweiher auch ins große Stadion transportieren können. Dieses Ziel dürften sicher auch die Spielerinnen aussprechen.

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