Frankreichs Karim Benzema:Ein Spieler, wie ihn Löw gerne hätte

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Karim Benzema war wieder einer der besten Franzosen im Achtelfinale - allerdings erst in der Schlussphase. (Foto: dpa)

Torgefährlich und spielstark: Karim Benzema kann auf dem Feld fast alles. Wenn Trainer Deschamps die richtigen Schlüsse aus dem Spiel gegen Nigeria zieht, könnte der Real-Stürmer auch die DFB-Elf gehörig ärgern. Die WM-Analyse des Tages.

Von Benjamin Romberg

Wenn Joachim Löw sich einen Spieler basteln könnte, hätte der vermutlich ziemlich viel Ähnlichkeit mit Karim Benzema. Nicht unbedingt optisch, der 1,87 Meter große Glatzkopf sieht doch etwas furchteinflößend aus. Nein, der Bundestrainer hätte es mehr auf die fußballerischen Qualitäten des französischen Angreifers abgesehen. Denn während sich Löw immer zwischen einem klassischen Mittelstürmer wie Miroslav Klose und einer falschen Neun wie etwa Mario Götze entscheiden muss, hat Frankreichs Coach Didier Deschamps beide Spieler in einem: Karim Benzema.

Der Stürmer von Champions-League-Sieger Real Madrid ist spielstark - manchmal agiert er fast als spielmachender Neuner. Nur wenige Angreifer können eine Passquote von 96 Prozent aufweisen, wie sie Benzema im Vorrundenspiel gegen die Schweiz erreichte. Nur wenige Angreifer setzen ihre Kollegen so gekonnt in Szene, wie es dem 26-Jährigen immer wieder gelingt: Drei Vorlagen im Turnierverlauf sind ein deutliches Zeichen.

Gleichzeitig ist Benzema aber auch immens torgefährlich, steht sehr oft richtig, erarbeitet sich in jedem Spiel Chancen. Ein klassischer Mittelstürmer eben. In den ersten beiden Vorrundenpartien gegen Honduras und die Schweiz traf er dreimal - eigentlich sogar fünfmal. Wäre das 2:0 im ersten Spiel nicht als Eigentor von Honduras' Torhüter Valladares gewertet worden, und hätte der Schiedsrichter gegen die Schweiz nicht mitten im letzten Angriff der Franzosen abgepfiffen. Benzema zauberte da gerade die Kugel ins Gehäuse.

Auch im Achtelfinale gegen Nigeria war Benzema wieder einer der besten. Allerdings erst in der letzten halben Stunde. An dieser Stelle wird es interessant für das DFB-Team: Löws Mannschaft muss im Viertelfinale am Freitag irgendwie mit Benzema klarkommen - und das dürfte deutlich einfacher werden, wenn die Franzosen sich taktisch wieder selbst schwächen sollten.

62 Minuten lang spielte gegen Nigeria Olivier Giroud vom FC Arsenal in der Mitte, Benzema übernahm die linke Seite. Und kam dort überhaupt nicht klar. Er verstolperte ungewohnt viele Bälle, spielte Fehlpässe - und verlor fast jedes Duell. Am Ende stand eine Zweikampfquote von 25 Prozent ( Daten von unserem Kooperationspartner Opta), ein ernüchternder Wert.

Obendrein kam ein Viertel von Benzemas Pässen nicht an; das ist zwar kein katastrophaler Wert, doch gerade in der Vorrunde hatte sich der 26-Jährige schon deutlich besser präsentiert. Und das entscheidende: Torgefahr entwickelte Benzema zunächst überhaupt nicht. Dass er in der Schlussphase noch einmal aufdrehte und die Bilanz letztlich nicht noch schlechter ausfiel, hatte systembedingte Gründe.

In der 62. Minute brachte Deschamps den jungen Antoine Griezmann von Real Sociedad San Sebastián. Das war zum einen gut für Frankreich, weil Griezmann sehr viel Schwung ins Spiel brachte und eine richtig starke Partie machte. Zum anderen löste er Benzema auf der linken Seite ab, oder besser gesagt: er erlöste den Real-Stürmer. Der rückte nun in die Mitte und blühte auf ( wie sich Benzemas Aktionszonen in den beiden Halbzeiten unterscheiden, zeigt die Heat Map).

Gleich drei gute Möglichkeiten hatte Benzema noch in der Schlussphase. Selbst traf er nicht mehr, das übernahmen dann Kollege Pogba und der Nigerianer Yobo. In Frankreich wird nun vermutlich bis zum Viertelfinale diskutiert werden, ob Benzema und Giroud in der Spitze gemeinsam funktionieren. Und ob Deschamps Griezmann gegen Deutschland nicht von Anfang an bringen sollte. So oder so - Joachim Löw wird nach der Leistung gegen Algerien an der DFB-Elf ohnehin noch etwas basteln müssen.

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