Bundesliga:Der dreifache Stindl schockt Frankfurt spät

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Mann des Abends: Lars Stindl. (Foto: Ralph Orlowski/Reuters)

Mit drei Toren, davon zwei nach der 89. Minute, rettet Lars Stindl der Borussia einen Punkt bei der Eintracht. Manager Eberl muss Fragen zum Verbleib von Trainer Rose beantworten.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Das grüne Männchen wollte noch lange nicht gehen. Alle Feldspieler waren bereits in der Kabine entschwunden, als Kevin Trapp alleine auf dem zerfurchten Rasen nach Erklärungen fahndete. Der ehrgeizige Nationalkeeper von Eintracht Frankfurt konnte in der neuerdings rot illuminierten Arena nur schwer fassen, dass die Heimelf beim 3:3 gegen Borussia Mönchengladbach einen scheinbar sicheren 3:1-Vorsprung nach 89 Minuten noch aus der Hand gegeben hatte. Letztlich erkämpfte sich der Champions-League-Achtelfinalist dank seines Dreifach-Torschützen Lars Stindl (14., 90./Foulelfmeter und 90.+5) noch einen psychologisch wichtigen Zähler.

Die turbulenten Geschehnisse zusammenfassen, fiel dem 32-Jährigen nicht leicht: "Das ist schwer einzuordnen. Wir kommen super rein und gehen in Führung. Danach machen wir es nicht mehr klug. Am Ende war es eine absolute Willensleistung", sagte Stindl. "Wir haben alles investiert und auch emotional auf den Platz gebracht." Über das sechste Remis im Liga-Alltag wollte Gladbachs Trainer Marco Rose nicht hadern: "Über diese Punkteteilung sind wir ausnahmsweise mal froh."

Während die Elf vom Niederrhein mit dem Resultat ja tatsächlich gut leben konnte, haderten die seit neun Spielen sieglosen Hessen damit, dass die streckenweise beste Saisonleistung nach Treffern von André Silva (21./Handelfmeter und 24.) und Aymen Barkok (32.) nicht zum Befreiungsschlag führte. "Es ist eine Riesenenttäuschung", sagte der ehemalige Gladbacher Amin Younes. "Das 3:3 fühlt sich wie eine Niederlage an." Frankfurts Trainer Adi Hütter grämte sich "über unsere zwei Fehler, die wir am Ende machen."

Nach der Hinausstellung von Kapitän David Abraham (82.) per gelb-roter Karte verlor die Eintracht jegliche Ordnung. Erst profitierte Stindl bei seinem Strafstoß zum 2:3-Anschluss von einem törichten Foul Barkoks, dann bugsierte der Kapitän im Nachsetzen einen Kopfball zum 3:3-Ausgleich über die Linie, nachdem Trapp den ersten Versuch noch abgewehrt hatte. Den Wert seines Kapitäns hob Rose extra noch hervor: "Lars ist und bleibt ein wichtiger Faktor. Er ist einer, der immer vorangeht."

Die andere Personalie rankte sich an diesen nasskalten Abend im Frankfurter Stadtwald um den Gladbacher Trainer selbst. Dem Vernehmen nach hat Borussia Dortmund längst erste Kontakte geknüpft, um ihn am Saisonende zu verpflichten. Der angebliche BVB-Wunschkandidat sagte vor Anpfiff am Sky-Mikrofon, man brauche gerade "jedes Korn an Energie, daher beschäftige ich mich nicht mit solchen Gerüchten". Doch das klare Bekenntnis für seinen Arbeitgeber blieb der 44-Jährige schuldig, weshalb Sportdirektor Max Eberl etwas deutlicher wurde. Die Wahrscheinlichkeit für den Verbleib seines bis 2022 gebundenen Fußballlehrers sei "sehr groß" und liege momentan "bei 99 Prozent".

Frankfurt schien die Partie nach Hause zu spielen

Roses auf gleich sieben Positionen veränderte Startelf ging durch einen schönen Stindl-Freistoß früh in Führung. Doch nachdem Stefan Lainer bei einer Abwehraktion einen Handelfmeter verursachte, glich Silva aus. Drei Minuten später nutzte der portugiesische Torjäger einen Traumpass von Barkok zum 2:1. Rose echauffierte sich am Spielfeldrand darüber, dass der Ball zuvor bei einer Freistoßausführung in der Frankfurter Spielhälfte nicht geruht habe, was nicht die Schlafmützigkeit seiner schneeweiß gekleideten Akteure rechtfertigte. Überdies hätte regeltechnisch der Videoassistent auch nicht eingreifen dürfen, wie Schiedsrichter Benjamin Cortus umgehend den protestierenden Protagonisten erläuterte. "Der Ball rollt noch. Dass der VAR da nicht eingreifen darf, ist ja der absolute Wahnsinn", tobte Gladbachs Christoph Kramer nach dem Spiel. Auch Eberl stieß direkt nach Abpfiff ein paar wilde Flüche aus.

Es folgte ein spektakuläres Solo von Barkok, der Tricks anwendete, die der 22-Jährige einst auf dem Bolzplatz in der Frankfurter Nordweststadt gelernt hatte. Wie das Eigengewächs mit der Sohle die international erprobten Abwehrspieler Nico Elvedi und Matthias Ginter düpierte, um das künstlerisch wertvolle 3:1 anzubringen, erinnerte beinahe an den einstigen Eintracht-Ballzauberer "Jay-Jay" Okocha. Nach diesem Kabinettstückchen schienen die Frankfurter lange nicht mehr in Bedrängnis zu geraten, ehe Abraham sich den Platzverweis einhandelte. Der Verlust des in der Winterpause aus familiären Gründen nach Argentinien zurückkehrenden Haudegens nutzte Mönchengladbach im Stile einer Klassemannschaft aus.

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