Formel 1: Michael Schumacher:Weniger als alles ist nicht genug

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"Mein Ziel ist es, den Titel mit Mercedes zu gewinnen": Das zweite Jahr beim deutschen Rennstall ist wegweisend für Michael Schumachers zweite Karriere in der Formel 1 - ist er noch gut genug, um ganz vorne mitzufahren?

R. Hofmann

Der Formel-1-Auftakt ist eine große Sache für Melbourne. Die Stadt lebt auch von den Ereignissen, die sie veranstaltet, und so ist es kein Zufall, dass die Einzelhändler zu diesem Anlass alles geben. Ein Spirituosen-Geschäft etwa versucht, mit einer speziellen Kühlbox, Motorsport-Fans zu ködern: Der Deckel der Box schwingt auf, wenn ein Pedal getreten wird, das wie ein Gaspedal gestaltet ist. Als "Vroom!-Vroom!-Pedal" wird das Teil angepriesen.

"Alles ist jetzt besser geordnet": Michael Schumacher erwartet viel von der neuen Formel-1-Saison. (Foto: dpa)

Sogar der Antiquar an der Zubringerstraße zum Fahrerlager hat seine Aus- lage extra umgestaltet. Im Schaufenster preist er seit dieser Woche ein Fachmagazin an, das im Februar 1997 erschienen ist. Auf dem leicht verblichenen Titelbild ist ein deutscher Rennfahrer zu sehen, der im roten Overall und mit roter Schildkappe unsicher lächelnd auf einem roten Auto posiert. Der Text dazu: "Ferraris letzte Chance? Warum es dieses Mal unbedingt mit dem Titel klappen muss."

1997 war Michael Schumachers zweites Jahr bei Ferrari. Wie es endete, ist bekannt: mit einem Skandal. Beim Saison- finale in Jerez rammte Schumacher den WM-Rivalen Jacques Villeneuve, schied aus und verlor so den Titel. Wegen der Unsportlichkeit wurden ihm zudem alle WM-Punkte aberkannt. Das zweite Jahr mit Ferrari war also wirklich kein gutes für Michael Schumacher. Und dennoch sollte er später noch fünf Fahrertitel mit dem Team erringen.

Wenn am Sonntagmorgen mit dem Großen Preis von Australien das Formel-1-Jahr 2011 startet, geht Michael Schumacher in die zweite Saison seiner zweiten Karriere. Inzwischen trägt er nicht mehr Rot, sondern Grau. Mercedes-Grau. Das zweite Jahr: Auch für die neue Liaison könnte es zu einem wegweisenden werden. Bis 2012 will Schumacher seinen achten Fahrertitel sammeln. Nach dem eher ernüchternden Auftakt 2010 wird sich nun viel zeigen: Kann das Team, das Mercedes von Brawn GP übernommen hat, ein titelfähiges Auto bauen? Und: Ist Schumacher auch mit 42 noch gut genug, um Rivalen in Schach zu halten, die zum Teil noch nicht einmal halb so alt sind wie er?

Michael Schumacher selbst glaubt, die Antworten auf die Fragen schon zu kennen. Seine Antworten lauten: Ja! Und: Ja! Zumindest legt das sein Auftreten nahe. Auf den Bildern, die von ihm in Melbourne gemacht werden, ist kein zögerlich lächelnder Youngster zu sehen, sondern ein selbstbewusster Routinier, der seine immer noch bemerkenswerten Muskeln ausstellt. Vierter - im vergangenen Jahr war das seine beste Platzierung.

Ob ihn Podiumsplatzierungen da nun verzücken würden? "Das würde gar nichts ändern", gibt Schumacher zurück. Natürlich. Zur Siegerehrung gerufen zu werden, sei schön. "Aber mein Ziel ist es, den Titel mit Mercedes zu gewinnen", sagt er. Er will alles. Alles andere ist ihm nicht mehr genug.

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Die Ausgangslage dafür sei vielversprechend. Das neue Auto: "Ein großer Schritt vorwärts", glaubt Schumacher. Das Miteinander mit dem Team: "Alles ist jetzt besser geordnet. Ich bin viel tiefer im System drin." Ob er immer noch so viel Einfluss nehme wie einst bei den Roten: "Davon können Sie ausgehen!" Seine Prognose für das Wochenende und das Jahr: "Um Podiumsplätze kämpfen zu können ist unser Ziel. Und vielleicht ein Sieg. Ob wir um den Titel kämpfen können? So weit sind wir, glaube ich, noch nicht ganz. Aber wenn sich die Chance dazu eröffnet, werden wir gerüstet sein."

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Die Antworten kommen so schneidend, dass man fast vergessen könnte, dass Schumacher zuerst einmal den Teamkollegen bezwingen muss: Nico Rosberg, 25. Im vergangenen Jahr stand Rosberg im Endklassement um 70 Punkte besser da. Ob er sich deshalb jetzt als Anführer fühlt? "Definitiv nicht", sagt Rosberg, die Rolle sei gerecht aufgeteilt. Um das eigene Profil zu schärfen, hat aber auch er nun einen eigenen PR-Manager an seiner Seite.

Auch auf diesem Gebiet lässt sich von dem Teamkollegen, der 91Grand-Prix-Siege mehr hat, offenbar einiges lernen. Als wirkliche Bedrohung scheint Schumacher den zweiten Mann in der Doppelgarage trotzdem nicht wahrzunehmen. Ob es ihn wurmen würde, wenn ein anderer Fahrer mit dem gleichen Auto sein Ziel erreichen würde? "Falls das passiert, ist es halt so", sagt Schumacher, "aber ich denke nicht, dass es so kommen wird."

Im Winter hat er alle Daten noch einmal genau studiert. Die meiste Zeit im Vergleich zu Rosberg hat er im vergangenen Jahr in langsamen Kurven verloren, nicht in den schnellen Ecken, wo es auf gute Reflexe ankommt. Schumachers Schluss daraus: Am Alter kann es nicht gelegen haben. Weil die Autos eingebremst wurden und es viel weniger Testfahrten gibt, ist die Formel 1 heute zudem weit weniger anstrengend als früher.

Selbst ein 44- oder 45-Jähriger könnte da wohl noch mithalten, so lange er das Vromm!-Vroom!-Pedal findet. "Wir werden darüber nachdenken, wenn die Zeit dafür reif ist", sagt Schumacher über die Aussicht, seinen bis Ende 2012 laufenden Vertrag noch einmal zu verlängern. Kategorisch auszuschließen ist also nichts.

© SZ vom 25.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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