Formel 1:Verstappen trotzt dem Nordsee-Regen

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Wieder der Sieger: Max Verstappen (Foto: ANP/Imago)

Abbruch, Wiederaufnahme, Regen und Wind: Das Formel-1-Rennen in Zandvoort an der niederländischen Küste macht fast allen Fahrern zu schaffen - nur nicht Max Verstappen. Der gewinnt unverdrossen weiter.

Von Elmar Brümmer, Zandvoort

"Fantastischer Job", rief ihm sein Renningenieur zu, und Max Verstappen, der Souverän, gab zurück: "Ja, unglaublich, obwohl es uns das Wetter heute schwer gemacht hat." Er selbst habe die Jagd auf diese Bestmarke nicht im Hinterkopf gehabt, er erinnere sich aber an eine Nachricht von Sebastian Vettel, dem 2013 ebenfalls in einem Red-Bull-Rennwagen neun Siege in Serie gelungen waren: "Gut gemacht, wenn du das beibehältst, schaffst du den Rekord." Doch mit Rekordbüchern kann Verstappen wenig anfangen: "Ich bin da, um im Hier und heute zu gewinnen."

Zwei Runden waren gefahren, da hatte Verstappen schon enorme 20 Sekunden Rückstand auf den führenden Sergio Perez. Nur ein Zwischenstand, den eine über die Nordseedünen gezogene Regenwolke gebracht hatte, die alle zwanzig Piloten und ihre Teams zu Beginn der zweiten Hälfte des Rennjahres kalt erwischte. Der Mexikaner stoppte als Erster und wechselte auf regentaugliche Reifen, während alle anderen wie auf Eiern fuhren. Nichts wurde es mit dem geregelten Rennen um Platz zwei hinter Verstappen, nachdem es beim Start aussah, als würde der Niederländer sofort davonziehen und den hoffnungsvollen Lando Norris im McLaren stehen lassen.

Ähnlich belämmert musste sich wieder Charles Leclerc vorkommen, dessen Ferrari-Team die Allwetter-Reifen nicht parat hatte. Aber da war Verstappen wieder auf der Jagd nach Platz eins, hatte den Rückstand zum Teamkollegen von 20 auf vier Sekunden verkürzt. Und es wurde weiter gewechselt, nach zwölf von 72 Runden hatten fast alle schon zwei Stopps hinter sich - und Verstappen übernahm die Führung, als sich wieder ein trockenes Band auf der Piste abzeichnete. Das entspricht seiner Stellung im Team. Während die Konkurrenz sich gegeneinander mit sogenannten Undercuts auszutricksen versuchte, wendete Red Bull diesen Trick intern an, Perez hatte das Nachsehen.

Ferrari und Mercedes finden sich plötzlich im hinteren Feld wieder

Generell sind Erfahrung und Instinkt viel wert bei solchen Bedingungen, was den Instinktfahrer Fernando Alonso im Aston Martin auf den dritten Platz brachte - und hielt. Ähnlich desaströs wie bei Ferrari verlief das Wechselspiel bei Mercedes, George Russell sah alle Podiumschancen wegen der falschen Taktik schon geschwunden: "Wie haben wir denn das geschafft?", fragte der Brite entgeistert. Er lag wie Lewis Hamilton im hintersten Drittel des Feldes. Bis nach 17 Runden Rookie Logan Sergeant seinen Williams in die Bande schmetterte und das Safety Car ausrücken musste. Alles glimpflich verlaufen, jedoch: Nächste Regenprognose, kurz vor der Schlussphase. Aber wer traut in dieser Gegend schon dem Wetterbericht?

Der Neustart in der 21. Runde verlief nach der alten Choreografie: Verstappen zog nach Belieben davon. Der Spitzenreiter wird nicht nur vom besten Rennwagen im Feld angetrieben, sondern vor allem vom eigenen Ehrgeiz. Was nach seinen Angaben nichts zu tun habe mit der Kulisse ganz in Oranje: "Der Druck ist immer da, etwas zu leisten." Lando Norris, dem in den letzten Kurven der Qualifikation die Pole-Position vom Lokalmatadoren entrissen worden war, sagte lakonisch zu dieser Überlegenheit: "So was ist für uns keine Überraschung mehr. Ich hoffe, dass ich ihn im Rennen zwei Runden lang ärgern kann."

Es waren dann keine zwei Kurven. Zur Rennmitte hin vertrieb sich Spitzenreiter Verstappen die Zeit als Wetterspäher, wies seinen Kommandostand auf die aufziehenden dunklen Wolken hin. Erst deutlich später vermeldeten die professionellen Ferrari-Meteorologen "Regentropfen in zehn Minuten." Irgendwie scheint dieser Max Verstappen etwas Magisches zu besitzen.

Das Rennen geht weiter, obwohl noch reichlich Wasser auf der Piste ist

Zwölf Runden vor Schluss war wieder Regen angesagt. Sergio Perez kam als Erster an die Box, offenbar unabgesprochen - sein Stopp dauerte fünf Sekunden länger. Verstappen wartete ab, verwaltete einfach nur seine zehn Sekunden Vorsprung, ehe er vom Ingenieur gebeten wurde: "Es wäre eine gute Zeit, jetzt reinzukommen." Und schon prasselte es. Er blieb vorn, ehe aus dem Regen ein Starkregen wurde. Gerade fuhr der Weltmeister wieder vor, und ließ die angeblich monsuntauglichen "Full wets" aufziehen. Aber für die Wetterkapriolen an der Nordsee reichten sie nur bedingt. Acht Runden vor Schluss wurde das Rennen unterbrochen, nachdem der Chinese Guanyu Zhou seinen Alfa in die Reifenstapel gesetzt hatte.

Nach 43 Minuten Pause fand sich ein Loch in der Regenfront, es folgte ein fliegender Start hinter dem Safety-Car für fünf freie Runden auf Mischreifen, obwohl noch viel Wasser auf der Piste stand. Es ging nur noch darum, die 1000 PS starken Autos auf der rutschigen Bahn zu halten. Fernando Alonso setzte Verstappen unter Druck, während Perez noch fünf Strafsekunden für eine Geschwindigkeitsübertretung in der Boxengasse kassierte und seinen Podiumsplatz verlor. Der Spitzenreiter hatte zunächst Probleme, die Reifen auf Temperatur zu bekommen, dann zog er wie gehabt davon.

Der Dominator selbst hat vor dem 13. WM-Lauf behauptet, er hätte nichts dagegen einzuwenden, sich auf der Piste etwas mehr strecken zu müssen. "Eine Saison wie diese erlebst du vielleicht ein- oder zweimal in der Karriere. Natürlich ist es entspannter, komfortabel zu gewinnen. Aber wir sind Rennfahrer. Wenn die Teams näher beieinander wären, wäre es auch gut."

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