Formel 1:Verstappen fliegt durch das Feld

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Überflieger im Ziel: Max Verstappen gewinnt überlegen in Belgien. (Foto: Stephane Mahe/Pool via Reuters)

Der Weltmeister gewinnt den Großen Preis von Belgien in einer überlegenen Art und Weise. Von Platz 14 aus fährt er am Ende einen Vorsprung von fast 18 Sekunden heraus und distanziert Ferrari erneut klar.

Von Anna Dreher, Spa-Francorchamps

Ein paar Runden waren noch zu fahren beim Großen Preis von Belgien am Sonntag, aber Max Verstappen konnte es schon ruhiger angehen lassen. Sein nächster Verfolger war sein Teamkollege Sergio Perez, der ihm das Rennen nicht verpfuschen würde und ohnehin keine Chance mehr hatte, den Weltmeister einzuholen. Perez lag fast 18 Sekunden zurück, eine Welt in der Formel 1. Nur ein technischer Defekt oder eine Unterbrechung hätte Verstappen noch stoppen können, doch sein Red Bull ließ ihn nicht im Stich, einen Unfall sollte es auch nicht mehr geben. Und so stieg bald darauf von den Tribünen orangener Rauch auf - habemus victorem, der Sieger stand fest. "Großartiger Sonntag, das Auto war eine Rakete das ganze Wochenende, unglaublich", sagte der 24-Jährige.

Im ersten Rennen nach der Sommerpause machten Verstappen und Red Bull dort weiter, wo sie aufgehört hatten und das auf eindrucksvolle Weise. Der Vorsprung auf den WM-Zweiten Charles Leclerc beträgt bei noch acht verbleibenden Rennen nun 98 Punkte, das wird kaum aufzuholen sein. Dieses Wochenende war ein weiterer, herber Rückschlag für Leclerc und Ferrari. Während sein Teamkollege Carlos Sainz als Dritter immerhin aufs Podium kam, musste Leclerc sich als Sechster hinter George Russell (Mercedes) und Fernando Alonso (Alpine) einordnen. Leclerc war dabei nicht einmal als Sechster über die Ziellinie gefahren: Bei seinem Versuch, sich noch den Bonus für die schnellste Runde zu schnappen, bog er für frische Reifen zu schnell in die Box ab und erhielt dafür eine Zeitstrafe.

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"Es war ganz schön hektisch in der ersten Runde, ich habe versucht, mich aus den Schwierigkeiten rauszuhalten", sagte Verstappen. "Aber nach dem Safety Car lief das Auto wie auf Schienen. Ich konnte mir aussuchen, wo ich überhole." Perez sah den Verdienst vor allem bei den Fähigkeiten seines Kollegen, der Mexikaner schwärmte: "Max ist geflogen, er war auf einem anderen Planeten unterwegs, er war unantastbar!" Dank seines zweiten Platzes hat sich Perez nun mit 191 Zählern in der Gesamtwertung vor Leclerc (186) geschoben; Verstappen führt mit nun 284 Punkten, er visiert seinen zweiten Titel in Serie fest an. Sebastian Vettel sicherte sich im Aston Martin als Achter immerhin WM-Punkte. Mick Schumacher (Haas) musste sich 30 Jahre nach dem ersten Formel-1-Sieg seines Vaters Michael in Spa mit Rang 17 begnügen.

"Was für ein Idiot!", echauffiert sich Fernando Alonso über Lewis Hamilton

Das Rennen begann turbulent. Gleich in der ersten Runde rauchte, krachte und knirschte es. Sainz kam von der Pole Position gut weg - im Gegensatz zu dem Zweitplatzierten Perez, der zuschauen musste, wie Alonso und die Mercedes von Lewis Hamilton und Russell vorbeizogen. Dass diese Piloten so weit vorne in den Grand Prix starteten, hing mit dem regelwidrigen Tausch von Motorenteilen zusammen, der die Reihenfolge durcheinander gewirbelt hatte.

Erster wäre eigentlich Verstappen gewesen, doch sein Dienstwagen hatte frische Komponenten über dem erlaubten Limit eingebaut bekommen, deshalb ging er als Vierzehnter ins Rennen. Weil während der 44 Runden auf der sieben Kilometer langen Strecke in den Ardennen leichter als auf anderen Kursen überholt werden kann, entschied sich nicht nur Red Bull dafür, eine Startplatzstrafe in Kauf zu nehmen. Bei sechs weiteren Piloten wurde die Antriebseinheit bis Sonntag ebenfalls aufgefrischt, darunter Leclerc.

Überholmanöver mit Folgen: Lewis Hamilton hebt mit seinem Mercedes ab nach einem Duell mit Fernando Alonso (links). (Foto: John Thys/AFP)

Die Charakteristik der Strecke - mit der die Formel 1 den Vertrag verlängerte und die also 2023 im Kalender bleibt, wie am Sonntag bekannt wurde - zeigte sich schnell mit diversen Duellen auf den ersten Metern. Den ersten Rumms gab es zwischen Alonso und Hamilton. Letzterer griff den Alpine auf der Außenseite an und ließ wenig Spielraum, die beiden fuhren dicht aneinander, Alonso konnte rechts nicht weiter ausweichen, kam auf die Curbs - als die Autos der beiden sich dann berührten, hob der Mercedes mit dem Hinterteil in der Luft ab. "Was für ein Idiot!", echauffierte sich Alonso in einer längeren Groll-Botschaft an seine Box, die er mit dem Satz schloss: "Dieser Typ kann nur fahren, wenn er Erster ist!" Hamilton erklärte später bei Sky. "Er war in meinem toten Winkel, ich habe ihn nicht gesehen, Das tut mir weh für das Team."

Während Alonso zunächst weiterfahren konnte, wurde der Silberpfeil langsamer und langsamer. "Stopp! Stopp! Stopp! Stopp!", hörte Hamilton und folgte der Anweisung. Und während der 37-Jährige rätselnd hinter seinem rauchenden Gefährt stand, hatte Verstappen seine Aufholjagd längst begonnen und sich souverän auf Rang zehn manövriert. Dann gab es die einzige Safety-Car-Phase: In der zweiten Runde kam Nicholas Latifi mit seinem Williams von der Strecke ab und drängte dabei Valtteri Bottas im Alfa Romeo ins Kiesbett, für den Finnen war das Rennen damit ebenfalls beendet.

Leclerc muss unplanmäßig früh an die Box und fällt dadurch weit zurück

Leclerc meldete Rauch, in der Bremsbelüftung seines Ferrari hatte sich ein Teil verfangen, er musste unplanmäßig früh an die Box. Damit lautete die Reihenfolge: Sainz, Perez, Russell, Alonso und, tatsächlich, Vettel. Er hatte von den Strafversetzungen profitiert und war weiter nach vorne gerutscht. In der fünften Runde war das Rennen wieder freigegeben, Verstappen überholte munter einen Konkurrenten nach dem anderen. Keiner konnte ihn aufhalten, die meisten versuchten es erst gar nicht. Seinen als Ziel ausgegebenen Podiumsplatz, das zeichnete sich ab, würde er heute sicher holen, mindestens. Beim vorherigen Rennen in Ungarn hatte er so ein Kunststück bereits vollbracht, er war als Zehnter gestartet und gewann.

Der neunte Sieg im vierzehnten Rennen: Für Max Verstappen läuft die Saison bestens - auf dem Weg zu seinem zweiten WM-Titel in Serie macht er in Belgien einen großen Sprung. (Foto: ANP/Imago)

Sein ärgster Titelkonkurrent hingegen war durch den Pneuwechsel weit nach hinten auf Rang 17 gerutscht und steckte länger fest. In der siebten Runde rauschte Verstappen an Alonso vorbei, in der achten Runde musste ihn Russell ziehen lassen. Nun war er Dritter. Nach zwölf Durchgängen bog Sainz an die Box ab, dadurch führte Perez das Rennen an - doch seinen Garagenpartner schluckte Verstappen auch noch und führte die Karawane an. In den folgenden Runden veränderte sich die Anordnung immer wieder, Sainz führte, Perez ging an die Box, Verstappen wechselte die Gummis, in der 18. Runde holte er sich seinen Lieblingsplatz zurück. "Der Max ist völlig locker, er bringt diese Leistungen mit einer Leichtigkeit, das ist unwahrscheinlich", sagte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko bei Sky.

In der 25. Runde legte Ferrari einen Doppelstopp ein, danach war Sainz Vierter, Leclerc Siebter und auch mit frischen Reifen konnten sie nicht mehr gefährlich werden. Elf Sekunden führte Verstappen derweil vor Perez. Vor dem Rennen hatte er mit einem Grinsen auf die Frage, in welchen Passagen sein Auto besonders stark sei, geantwortet: "Auf den Geraden und in den Kurven." So war es dann auch. Der Weltmeister fuhr in seiner eigenen Liga, nichts konnte ihn bremsen auf dem Weg zu seinem neunten Saisonsieg eine Woche vor seinem Heimrennen in Zandvoort.

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