Formel 1:Verstappen ist aufregender als der WM-Kampf

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Max Verstappen: Im Fahrerlager nicht gerade beliebt (Foto: AFP)
  • Lewis Hamilton brilliert beim Formel-1-Rennen in Mexiko und verkürzt den Rückstand in der Fahrerwertung, Nico Rosberg wird Zweiter und kann beim nächsten Rennen aus eigener Kraft den Titel erringen.
  • Für eine gewaltige Kontroverse sorgt erneut der 19-jährige Max Verstappen. Er wird für ein Manöver nach dem Rennen mit einer Zeitstrafe belegt und rutscht vom Podest. Auch Sebastian Vettel wird bestraft.
  • Alle Ergebnisse und den Rennverlauf finden Sie hier.

Von René Hofmann, Mexiko-Stadt/München

Nico Rosberg hat den Großen Preis von Mexiko zwar nicht gewonnen, er befindet sich aber doch auf dem Weg zu seinem ersten WM-Titel. Beim nächsten Rennen, dem Großen Preis von Brasilien am 13. November in São Paulo, kann der 31 Jahre alte Deutsche aus eigener Kraft zum ersten Mal Weltmeister werden. Erster: Lewis Hamilton/Mercedes; Zweiter: Nico Rosberg/Mercedes, Dritter: Daniel Ricciardo/Red Bull - so lautete das Resultat des Rennens in Mexiko-Stadt am Sonntagabend. Und nach diesem Grand Prix lautet der Stand an der Tabellenspitze nun: Erster Nico Rosberg/349 Punkte; Zweiter: Lewis Hamilton/330 Punkte. Übersetzt heißt das: Gewinnt Rosberg in zwei Wochen, entthront er seinen Teamkollegen, dem er in den vergangenen zwei Jahren im Titelduell unterlag.

"Lewis war einfach zu schnell an diesem Wochenende. Der zweite Platz ist okay", sagte Rosberg nach den 71 Runden in Mexiko-Stadt. "Nico ist jetzt in einer super Situation", sagte Hamilton mit Blick auf die WM-Wertung.

Vettel gegen Verstappen: Das Duell wird immer hitziger

Hamilton oder Rosberg - wie so oft in den vergangenen drei Jahren verdichtete sich das gesamte Wochenende auf diese Frage. Was auffiel: Nach der Niederlage gegen den Teamkollegen in Austin/Texas hatte Rosberg im Autódromo Hermanos Rodríguez Mühe, ähnlich schnell zu sein wie sein direkter Gegner. In keinem der drei Trainingsläufe war er der Schnellste, in keinem war er schneller als Hamilton. Als am Samstag die Startaufstellung ausgefahren wurde, war es eine Überraschung, dass er fast so schnell war wie Hamilton - und schneller als die beiden Red-Bull-Fahrer Max Verstappen und Daniel Ricciardo. Sebastian Vettel durfte mit seinem Ferrari lediglich als Siebter an die Startampel.

Der Start verlief wie weite Teile des Rennens anschließend auch verlaufen sollten: weitgehend unspektakulär. Hamilton leistete sich in der ersten Kurve zwar einen kurzen Ausflug von der Rennstrecke, dahinter gerieten Rosberg und Verstappen aneinander. Es war nicht wenig Staub in der Luft in der ersten Runde. Aber letztlich blieb die Reihenfolge stabil. Und als sich der Staub gelegt hatte, legte sich auch die Aufregung rasch wieder. Hamilton fuhr seinen achten Sieg in dieser Saison souverän ein. Rosberg, der neun Rennen gewonnen hat, wurde zum dritten Mal Zweiter. Wirklich aufregend war nur, wie der Drittplatzierte ermittelt wurde.

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:Verstappen erschreckt die Formel-1-Größen

Wenn es in einem Rennen besonders heikel zugeht, ist Max Verstappen meist mit von der Partie. Im Titelkampf zwischen Rosberg und Hamilton kann der 19-Jährige eine entscheidende Rolle spielen.

Von Elmar Brümmer

Sebastian Vettel hatte sich mit einer bemerkenswerten Leistung und einer klugen Reifenstrategie weit nach vorne gearbeitet. Auf den letzten Runden lief er auf den 19 Jahre alten Max Verstappen auf, der in den vergangenen Monaten mit einigen Manövern in die Kritik geraten war. Einer der lautesten Ankläger dabei war stets Sebastian Vettel gewesen.

Als die beiden sich wenige Kilometer vor dem Ziel im Duell um den prestigeträchtigen dritten Rang nahe kamen, war abzusehen, dass es kontrovers werden würde. Eine derartige Kontroverse aber, wie sie sich dann tatsächlich entspann, hat die Formel 1 selten erlebt. Vettel versuchte, sich an Verstappen vorbeizupressen. Dieser kam mit seinem Red Bull kurz von der Strecke ab, räumte den Platz, den er damit gewann, anschließend aber nicht für Vettel. Was der von der Aktion hielt, war kurz darauf am Funk zu hören. Vettel schimpfte. Vettel kochte. Vettel forderte Konsequenzen.

Selbst Verstappens Vorgesetzte, die Red-Bull-Gewaltigen am Kommandostand, werteten das Manöver offenbar als problematisch. Sie wiesen Verstappen an, Vettel den Platz zu überlassen. Verstappen aber ignorierte den Rat - was Vettels Laune weiter in den tiefroten Bereich trieb. Die brisante Pointe an der Aktion: Durch Verstappens Duell mit Vettel hatte der zweite Red-Bull-Fahrer aufschließen können: Daniel Ricciardo. Als der Australier zur Attacke ansetzte, verteidigte sich Vettel ebenfalls mit einer grenzwertigen Linienwahl. Bei einem Bremsduell stellte er sich Ricciardo in den Weg.

Erster Hamilton, Zweiter Rosberg, mit deutlichem Abstand dann Verstappen, Vettel und Ricciardo - so ging es an der Zielflagge vorbei. Auf der Auslaufrunde zeigte Vettel Verstappen mit dem gereckten linken Zeigefinger überdeutlich, was er von ihm hält. Verstappen wiederum zeigte sich von der Geste unbeeindruckt und grüßte mit der rechten Hand überaus unfreundlich zurück. Als Dritter wurde er zur Siegerehrung geladen - was Vettel erneut in Rage versetzte. Als er erfuhr, dass die Rennkommissare Verstappen mit der Nummer durchkommen lassen wollten, stieß er wild Schimpfworte aus.

Auf dem Weg zur Champagnerdusche dann die Wende: Verstappen wurde doch mit einer Fünf-Sekunden-Strafe belegt und musste seinen Platz auf dem Siegertreppchen für Vettel räumen, der sagte: "Ich war extrem sauer. Er hat abgekürzt." Auch andere Szene-Größen kritisierten Verstappen. "Red-Bull-Kamikaze" nannte Rosberg ihn. Niki Lauda bezeichnete Verstappens Ansatz als "arrogant" und forderte: "Es muss mal in seinen Kopf rein, dass er zu aggressiv fährt." Eine derartige Erkenntnis deutet sich jedoch nicht an. "Einfach lächerlich", lautete Verstappens Lieblingsantwort nach dem Rennen - womit er beides meinte: die Entscheidung der Rennkommissare und Vettels Verhalten. Dem zehn Jahre älteren empfahl er dann noch: "Sebastian sollte mal zur Schule gehen und Sprachverhalten lernen, er ist immer so frustriert und schimpft so viel." Vettels Replik darauf: "Ich war doch länger in der Schule als er."

Über die Strafen werde "Politik betrieben", schimpft Marko

Selbst damit aber war die Geschichte noch nicht zu Ende. Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko schimpfte: "Hier wird offenbar mit zweierlei Maß gemessen." Seine Unterstellung: Über die Strafen werde "Politik betrieben" - eine Politik, "die nicht nachzuvollziehen ist".

Der Groll der Bestraften über Verstappens Zurückstufung war derart groß, dass sie mit Beweismaterial loszogen und eine Anklage gegen Vettel formulierten. Drei Stunden nach Rennende wurde dieser dann nachträglich mit einem Aufschlag von zehn Sekunden auf sein Rennergebnis bestraft. Die Rennkommissare sahen es als erwiesen an, dass der viermalige Weltmeister bei dem Verteidigungsmanöver gegen Daniel Ricciardo während des Bremens die Richtung geändert hatte. Diese Fahrweise wurde nach einigen Manövern dieser Art von Max Verstappen jüngst geächtet. Der Aufschlag bedeutete, dass die Ergebnisliste erneut umgeschrieben werden musste. Als Dritten weist das Ergebnis mit einem Rückstand von 20,857 Sekunden auf Sieger Lewis Hamilton nun Daniel Ricciardo aus. Als Vierter wird, mit 21,323 Sekunden Rückstand, Max Verstappen geführt - knapp vor Sebastian Vettel (27,313 Sek. Rückstand). Es dürfte nicht das letzte Mal gewesen sein, dass die beiden sich nahe kamen.

© SZ vom 31.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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