Formel-1-Rennen von Spa:Vettel allein im Wald

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Das Rennen habe ihm "sehr viel Spaß" gemacht: Sebastian Vettel nach dem Erfolg in Spa. (Foto: dpa)

Fernando Alonso überholt ein Auto nach dem anderen, doch an einen kommt der Ferrari-Pilot nicht heran: Sebastian Vettels Sieg beim Rennen in Spa fällt derart ungefährdet aus, dass sogar er selbst ihn "ein bisschen langweilig" findet. Bei der Siegerehrung kommt es dann jedoch zu Verwirrung.

Von Michael Neudecker, Spa-Francorchamps

Es ging viel um das erstaunlich hell blondierte Haar von Sebastian Vettel an diesem Wochenende in Spa, überall im Fahrerlager wurde dies Frage nach der Ursache diskutiert: die Sonne? eine Wette? Ein - Unfall?

Aber die meistgestellte Frage ist nicht immer die interessanteste, und als dann das Rennen bevorstand, gab es glücklicherweise doch wichtigeres als die Haarfrage, die Formel 1 ist ja immer noch auf ihre Weise Sport. Und zwar ein ziemlich komplizierter, in dem so vieles eine Rolle spielt, die Motoren, die Reifen, die ganze Technik, vor allem in Spa, wo doch niemals jemand weiß, ob und wann die nächsten Regentropfen fallen. Interessant also war eine andere Frage, jene an Fernando Alonso: Mit welcher Strategie er das hier noch herumreißen wolle?

Alonso war im Qualifying zum Großen Preis von Belgien nur Neunter geworden, weit hinter den eigenen Erwartungen und denen seines traditionell anspruchsvollen Arbeitgebers Ferrari. Alonso zögerte keinen Moment, "die Strategie", sagte er, laute: "neun Plätze aufholen". Und dann begann das Rennen, und Alonso holte auf, und als es vorbei war, war Fernando Alonso Zweiter, besiegt nur von Sebastian Vettel. Kompliziert?

Räikkönen fällt zurück

In der WM-Wertung hat Alonso damit Kimi Räikkönen überholt, er liegt jetzt 46 Punkte hinter Vettel auf Rang zwei. Räikkönen ist gar bis auf Rang vier zurückgefallen: Er war in den vergangenen 27 Rennen immer in den Punkterängen, er war beeindruckend konstant, aber diesmal musste er seinen Wagen in der 26. Runde in der Garage abstellen, wegen Problemen an den Bremsen am rechten Vorderreifen.

In der Startaufstellung in Spa war Räikkönen nur einen Platz vor Alonso gestanden, auf Rang acht also; ganz vorne stand mal wieder ein Mercedes: Lewis Hamilton startete vor Sebastian Vettel, Mark Webber und Nico Rosberg. Als die Ampellichter ausgingen, fuhr Rosberg an Webber vorbei, Vettel schloss dicht zu Hamilton auf, dann rasten die Autos auf die Eau Rouge zu, die berühmte Rechtskurve bergauf, das Alleinstellungsmerkmal dieser Strecke in Spa, und als sie oben in die Gerade einbogen, fuhr Vettel an Hamilton vorbei, als sei nichts einfacher. Überraschenderweise, sagte Vettel später, "bin ich wie ein Pfeil aus seinem Windschatten rausgeschossen", so sah das wirklich aus.

Es gab viele Überholmanöver, simple wie mühevolle, es war ein unübersichtliches Rennen, mit Duellen überall, und immer war da diese Frage: Wann kommt der Regen? Das wechselhafte Wetter ist in Spa oft ein wesentlicher Teil der Renngeschichte, schon am Samstag war es der Himmel über den Wäldern der Ardennen gewesen, der darüber entschied, wer vorne lag. Im Qualifying war es den ganzen Vormittag trocken, pünktlich mit dem Start aber kam der Regen, nach ein paar Minuten war es wieder trocken, und dann, genau in dem Moment, als der dritte Abschnitt des Qualifyings begann, kam der Regen zurück - allerdings nur über einzelnen Streckenpassagen.

In den letzten Minuten schließlich wurde die Strecke mit jeder Minute trockener, die Pole Position wechselte sekündlich, und Lewis Hamilton stand dann vor allem deshalb ganz vorne, weil er der letzte war, der noch eine schnelle Runde drehen konnte, rein zufällig.

Am Sonntag war die erste Regendrohung in Runde 13 zu vernehmen: Ferrari meldete, 40 Kilometer östlich der Strecke sei Regen entdeckt worden, es könne jeden Moment so weit sein. In Runde 32 von 44 war es jedoch immer noch trocken, da funkten die Mechaniker von Red Bull an Sebastian Vettel: "Gib Gas!" Es könne jeden Moment zu regnen beginnen.

Die Rennen in Spa sind oft spannend, verrückt, weil der Regen ja meistens kommt, aber diesmal kam der Regen nicht. Und Sebastian Vettel gab Gas, sein fünfter Sieg in dieser Saison war zu keinem Zeitpunkt gefährdet, er lag knapp 17 Sekunden vor Alonso und fast 28 vor Hamilton. Es war wie so oft in den vergangenen Jahren: Sie spielten die deutsche Hymne für Vettel und die österreichische für das Team, anschließend küsste Vettel den Pokal, diesmal eine silberne Radkappe.

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Verwirrung wegen Greenpeace-Aktivisten

Ein "fantastisches Rennen" sei es gewesen, sagte Vettel, als er auf dem Podium das erste obligatorische Interview gab, zugleich aber war er etwas "verwirrt": Die Menge buhte und jubelte zugleich, "ich weiß jetzt nicht, warum", sagte Vettel. Er konnte nicht sehen, dass Greenpeace-Aktivisten unterhalb der Empore, auf der die Siegerehrung stattfindet, per Fernbedienung Plakate gegen den Titelsponsor Shell ausrollten; schon vor dem Rennen waren die Aktivisten aufgetreten, sie hatten sich vom Dach der Haupttribüne abgeseilt, um ein Transparent auszurollen. Motorsportfans sind eher keine Tankstellengegner, deshalb hatte die Menge auch da gebuht und gepfiffen - ungeachtet dessen, dass das Transparent da noch klemmte.

Abgesehen davon mag das Rennen "für die Fans ein bisschen langweilig" gewesen sein, sagte Vettel später fast entschuldigend, aber, tja: Ihm habe es "sehr viel Spaß" gemacht. Er konnte ungestört seine Runden drehen, während hinten Fernando Alonso zuerst am Start schon vier Autos hinter sich ließ und danach auch die anderen überholte: Das beste Manöver gelang ihm in Runde 15, als er in der Rechtskurve La Source innen an Hamilton vorbeizog.

Zufrieden? Ach, ja, sagte Alonso, schon, aber apropos Langeweile: Es sei "ein bisschen langweilig" gewesen, dass er keine Chance hatte, Vettel einzuholen, sagte Alonso, aber es fiel ihm schwer, tatsächlich gelangweilt zu wirken.

© SZ vom 26.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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