Formel 1: Red Bull:Bedrohlicher Schatten

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Sebastian Vettel gibt Red Bull, ja der ganzen Formel 1 ein Gesicht. Teamkollege Mark Webber wirkt derzeit wie sein Schatten. Dennoch könnte der Australier Vettel noch gefährlich werden.

Elmar Brümmer

Weil die Formel-1-Fahrer Helme tragen, sind ihre Emotionen selten zu sehen. Die von Sebastian Vettel sind gelegentlich zumindest zu hören, am Funk, wenn er als Erster ins Ziel kommt zum Beispiel. Nach dem zweiten perfekten Rennwochenende in dieser Saison beim Großen Preis von Malaysia klang Vettel wieder hochgradig entzückt. Er und der Red-Bull-Rennwagen, den er "Kinky Kylie" getauft hat - das ist ein ziemlich gutes Gespann.

Rivalen der Rennstrecke: Sebastian Vettel und Teamkollege Mark Webber. (Foto: dpa)

Mark Webber bewegt im Prinzip das gleiche Auto. Aber bei dem Australier läuft es nicht so rund. Weil auch er einen Helm trägt, ist ihm der Zorn darüber nicht anzusehen, weil der Funk des 34-Jährigen selten ins Fernsehen geschaltet wird, ist er auch nicht zu hören. Aber es gibt den Zorn. Er ist nachzulesen, in vielen Artikeln, in denen oft schon in der Überschrift Wörter wie "lamentieren" oder "klagen" vorkommen.

In Malaysia wurde Webber Vierter, was eine Würdigung verdient gehabt hätte. Webber musste einmal mehr als sein Teamkollege die Reifen wechseln, am Start hatte bei ihm der Zusatzschub versagt, den das Bremsenergie-Rückgewinnungs-System Kers bringt. Was Webber antreibt? Manchmal könnte es der Mut sein, den die Verzweiflung mit sich bringt. In der WM-Wertung steht es schon wieder 50:22 für Vettel. Der 23-Jährige gibt Red Bull, ja der ganzen Formel 1 ein Gesicht. Webber wirkt wie der Schatten.

Der Motorsport lebt auch von Kontrasten und zwei derart ehrgeizige und unterschiedliche Fahrer unter einem Garagendach zu beschäftigen, ist immer eine Gratwanderung. Es sind nicht die elf Jahre Altersunterschied, die zwischen Vettel und dem 34 Jahre alten Webber stehen. Auch nicht die Karambolage beim Türkei-Grand-Prix im vergangenen Jahr oder der Streit in Silverstone, wer welche Frontflügel-Version bekommen soll.

Letztlich ist es eine Typenfrage: In Malaysia war Webber Vettel in jedem Training voraus. Als es aber wichtig wurde, am Samstag in der Qualifikation, war er plötzlich drei Zehntelsekunden zurück und nur Dritter. Vettel ist, das hat das Wochenende wieder gezeigt, auch unter schwierigen Bedingungen einer, der die Mannschaft mitreißt. Webber ist auch ein ordentlicher Rennfahrer. Aber eben meist ein Mitreisender.

Im Moment ist das noch kein Problem, Red Bull ist überlegen. Aber langfristig birgt die Konstellation Sprengstoff: Wenn Webber, der sein letztes großes Erfolgserlebnis im August vergangenen Jahres hatte, dauerhaft das Gefühl hat, im Nachteil zu sein, könnte das die Mannschaft aus dem Gleichgewicht bringen. Dann könnte es auch für einen Sunnyboy wie Vettel ungemütlich werden.

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Das Talent zum Stänkern hat Webber. Öffentlich über seinen Teamkollegen zu sprechen, versucht er zu vermeiden: "Das ist wie eine Schallplatte, die hängt", findet Webber. 2010 zog er mit sieben Punkten mehr ins WM-Finale, doch am Ende jubelte Vettel. Auf den letzten Metern zu schwächeln - das ist für Rennfahrer eine besonders schmerzhafte Wunde. Und mit jedem neuen Vettel-Erfolg scheint die bei Webber weiter aufzuklaffen.

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Dabei ist es meistens sein Auto, an dem etwas schiefgeht. Beim Saisonauftakt in Melbourne, bei dem er Fünfter wurde, geriet der Wagen komplett aus der Balance. Warum genau, das hat das Team Webber offiziell bis heute nicht mitgeteilt. Angeblich soll ein Fan etwas beschädigt haben, als er sich für ein Erinnerungsfoto gegen das Auto lehnte.

Nun muss Webber fürchten, in eine Adjutantenrolle zu rutschen, wie sie Rubens Barrichello unter Michael Schumacher bei Ferrari innehatte und nun Felipe Massa neben Fernando Alonso.

Dass Webbers Vertrag nur bis zum Jahresende läuft, Vettels aber - wie die aller Schlüsselfiguren des Teams - vorzeitig bis 2014 verlängert wurde, deutet das an. Und dass die Teamleitung in Sepang durchsickern ließ, der Deutsche könne pfleglicher mit den sensiblen neuen Einheitsreifen umgehen, dürfte Webber auch nicht wirklich freuen.

Ein potenzieller Nachfolger steht auch schon bereit: Daniel Ricciardo, 21, ebenfalls Australier und Mitglied des Red-Bull-Nachwuchskaders, testet schon für Toro Rosso, das zweite Team, das der Getränkefirma gehört.

© SZ vom 12.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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