Formel 1:Ein sündhaft teurer Ring

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In Abu Dhabi fällt am Sonntag die erste Startflagge eines Milliardenprojekts. Warum zieht es den Formel-1-Zirkus immer öfter in Arabiens Wüste?

Tomas Avenarius

Den Ölscheichs mangelt es nicht an Geld, aber vielleicht an Zukunft. Bevor sich die Erdölvorräte erschöpfen, müssen sie eine von der Rohstoffförderung unabhängige Wirtschaft auf die Beine stellen. Das ist schwierig: Die Finanzkrise hat auch die Glitzerstaaten am Persischen Golf nicht verschont. Der Einbruch des Baubooms in Dubai war der Beweis. Dennoch leistet sich der Herrscher des benachbarten Emirats Abu Dhabi nun eine Rennstrecke. Wenn am Sonntag in Yas Marina erstmals die Startflagge fällt, umrunden die 20 Piloten ein Milliardenobjekt. Der Formel-1-Kurs in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist der teuerste in der Geschichte. Rund um die 5,5 Kilometer-Strecke stehen sieben Luxushotels, ein 60 Meter hoher VIP-Tribünen-Turm und ein Ferrari-Themenpark - der Scheich hat sich dafür einen Fünf-Prozent-Anteil an dem italienischen Sportwagenbauer gesichert.

Formel 1 in der Wüste - eine nicht zu unterschätzende Attraktion. (Foto: Foto: AP)

Aber Motorsport am Golf ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch ein Problem der Technik. Wegen der Temperaturen bedarf es hitzebeständigen Spezialasphalts, gestartet werden kann erst am frühen Abend, und wenn die Zielflagge fällt, ist es tiefe Nacht. Das macht aber nichts - die gesamte Strecke ist in Flutlicht getaucht. Der Formel-1-Funktionär Bernie Ecclestone war begeistert: "So sieht die Formel1 der Zukunft aus!"

Weltberühmte Architekten

Die Gesamtrechnung soll sich auf bis zu eine Milliarde Dollar belaufen. Trotz dieser Startkosten sieht Emir Scheich Khalifa Ibn-Said al-Nahyan das Renngeschäft als lukrativen Wirtschaftsfaktor. Die Formel1 ist mondän, prestigeträchtig, fernsehgerecht. Das erste Rennen ist ausverkauft, 50000 Zuschauer werden erwartet. Als Herrscher von Abu Dhabi und Staatschef der Vereinigten Arabischen Emirate besitzt al-Nahyan zwar ein Zehntel der bekannten Erdölreserven. Aber er weiß, dass diese sich erschöpfen. Anders als Dubai, das auf Masse gesetzt hat, kalkuliert al-Nahyan mit Qualität. Weltberühmte Architekten haben ihm spektakuläre Museumsbauten (Guggenheim, Louvre) geplant, auch der Yas-Marina-Kurs mit seiner Kombination von Sport und hochpreisigem Tourismus setzt auf Einzigartigkeit.

Dass Autorennen in sandigem Ambiente eine Chance bieten, hatte das Inselkönigreich Bahrain bewiesen. Es hat 2003 eine Formel-1-Strecke in die Wüste gesetzt. Die ist weniger spektakulär als der Ring der Nachbarn. Bahrain ist, was die Ölreserven angeht, der Sozialfall am Golf. Aber die Verantwortlichen in Manama haben sehr früh diversifiziert, neben Banken und Versicherungen den internationalen Rennzirkus ins Land geholt. Das bringt viel Geld: Der Gesamtumsatz rund um den Abenteuerspielplatz Rennstrecke ist in Bahrain von 200 auf 600 Millionen Dollar gestiegen.

Bleibt die Frage, ob die neuen Grand-Prix-Pisten werthaltig sind. Monza oder Monte Carlo sind Klassiker. Gegen deren gewachsenen Glamour können die Wüsten-Retorten nur mit Superlativen konkurrieren. Bezeichnend ist, dass viele der neuen Strecken vom selben Architekten geplant wurden: Der Deutsche Hermann Tilke hat Yas Marina ebenso entworfen wie die Strecken in Bahrain oder Malay-sia. Ob das die Rennen spannender macht, bezweifeln einige, die wirklich etwas davon verstehen. "Den modernen Strecken fehlt die Geschichte, die du in Monza oder Spa spürst", sagte der deutsche Pilot Sebastian Vettel. In Yas Marina fahren die Boliden dafür durch eine der sieben Luxusherbergen hindurch - unter einer Brücke zwischen zwei Gebäudeflügeln.

© SZ vom 31.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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