Finanzkrise bei 1860 München:Hoeneß warnt, Schwarzer hofft

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Selbst Bayern-Präsident Uli Hoeneß sorgt sich um den Fortbestand der Sechziger. Hingegen scheint der geheimnisvolle Investor Nicolai Schwarzer die letzte Rettung für 1860 München zu sein.

Andreas Burkert

Verglichen mit der finanziellen Lage der Löwen steht das Zweitligateam von Trainer Reiner Maurer trotz des 0:1 am Sonntag gegen Paderborn geradezu prächtig da als Neunter der Tabelle. Der Verein schiebt etwa acht Millionen Euro Schulden vor sich her, bis 13. Januar ist zudem bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) ein Liquiditätsnachweis von 5,3 Millionen Euro zu erbringen. Damit ist es nicht getan, der Mittelbedarf von 1860 erhöht sich bald weiter, wenn im März das nächste Lizenzierungsverfahren ansteht. Und auch Ende Juni, wenn weitere Kreditlinien enden.

Bayern-Präsident Uli Hoeneß äußert Zweifel am Fortbestand des Stadtrivalen. (Foto: imago sportfotodienst)

Nicht überall ist diese dramatische Lage, die unter anderem Aufsichtsratschef Otto Steiner am Wochenende offen bestätigte, angekommen. Womöglich hilft dort nur die kurze Zusammenfassung von Uli Hoeneß. Der Bayern-Präsident überlässt die Gespräche mit dem Arena-Mieter 1860 zwar Finanzchef Karl Hopfner, aber über den Kern der Dinge ist er informiert.

Am Montag sagte Hoeneß der SZ zur Finanzlage der Sechziger: "Wenn jetzt jemand fünf Millionen Euro in die Hand nimmt oder dafür eine Bürgschaft gibt, heißt das noch lange nicht, dass es bei den Löwen weitergeht. Das Einzige, was hilft, ist der Aufstieg - deshalb war der Sonntag ein Rückschlag."

Hoeneß und den Bayern ist die Lage beim Ortsnachbarn nicht einerlei, schließlich würden ihrer Stadion-GmbH nach einer 1860-Insolvenz rund 20 Spieltermine pro Saison in der Arena fehlen. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Bayern Ende Oktober, als die Löwen beim DFL-Prüftermin vor dem Kollaps standen, das Aus per direkter oder indirekter Millionen-Bürgschaft verhinderten.

Hoeneß bestätigt das nicht, aber er gibt deutlich zu erkennen, dass für die Bayern nun die Grenze überschritten ist. "Was wir an Hilfe leisten, ist eh schon grenzwertig", findet er angesichts der Mietreduzierung und -stundung. Der "Balanceakt" sei den eigenen Fans "nicht mehr zuzumuten", dies habe die Stimmung auf der Mitgliederversammlung gezeigt. "Jetzt geht es ja scheinbar bei Sechzig um noch größere Summen", sagt Hoeneß. Kollabiere der TSV, "werden wir das halt mit den Logenmietern, die 40 Spiele gebucht haben, regeln".

Auf den FC Bayern, mit dem die neuen Löwen-Lenker über die Situationen verhandeln wollen, können die Sechziger demnach nicht mehr groß zählen. Und da dem Vernehmen nach auch ein hessischer Investor, der bereits bei anderen Bundesligisten Anteile kaufte, nach aktuellem Verhandlungsstand eher ablehnend einem Engagement gegenüber steht - wegen der Altlasten -, deutet sich mehr und mehr an: Angesichts der Zeitnot kommt wohl vornehmlich nur der Immobilienhändler und Spielerberater Nicolai Schwarzer als Geldgeber in Frage. Entweder direkt oder über einen Mittelsmann.

Der Unternehmer Schwarzer ist bereit, mit einer weiteren Millionensumme sein Investment bei 1860 auszubauen; er hat dem Klub schon ein stattliches Darlehen gewährt und in die 1860-Tochterfirma LSV eine hohe Summe gezahlt, in der Transferrechte von 1860-Profis stecken. Schwarzer besitzt andererseits eine Ausstiegs-Option. Ohne seinen bestehenden Zuschuss "wäre das Kapitel 1860 beendet", hatte er zuletzt betont.

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Sein Credo hatte er im Februar 2009 der AZ verraten: "Es ist eine alte Regel, dass man investieren soll, wenn es schlechte Nachrichten gibt. Ich halte es für sinnvoll, in einen Traditionsverein zu investieren, der in der zweiten Liga auf einem Platz herumdümpelt, auf den er nicht gehört."

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Bei 1860 dürften sie nun umso genauer darüber brüten, wie der TSV einen Einstieg Schwarzers im großen Stil abwickeln könnte. Der gescheiterte Versuch des jungen Berliners, im Februar 2009 über eine Darlehensvergabe an Anteile der 1860-KGaA zu gelangen, falls 1860 das Darlehen nicht zurückzahle, warf kein gutes Licht auf den Klub. Schwarzer sollten Mitspracherechte eingeräumt werden.

Da das 1860-Präsidium, das den Deal an Geschäftsführung und Aufsichtsrat vorbei eingefädelt hatte, offenbar wusste, dass damit das von der DFL vorgeschriebene Autonomieprinzip verletzt werde und die DFL intervenieren könnte, arbeitete man augenscheinlich an einem Vertragswerk, mit dem die DFL umgangen werden sollte.

Die Bild-Zeitung zitierte Ende Februar 2009 aus einem Vertragsentwurf, wonach Sechzig eine Zusammenarbeit mit der Cornerstone Blue Lion GmbH, die Schwarzer wegen 1860 kurz zuvor ins Leben gerufen hatte, auch dann hätte realisieren wollen, wenn die DFL das Geschäft verboten hätte. Tatsächlich hegte die DFL Bedenken, weil offenbar eine zu große Einflussnahme des Investors geplant war: Sportdirektor Miroslav Stevic tauchte zeitgleich mit Schwarzer bei den Löwen auf.

So hatte der damalige 1860-Aufsichtsrat Christian Ude, der durch seine Kritik am Vertrag zum Stopp des Deals beitrug, von einem Vetorecht Schwarzers gegen eine Entlassung von Stevic berichtet. Bild schrieb damals: "Ex-Spieler Miki Stevic haben die Löwen auf Wunsch des Investors bereits installiert." Laut des Präsidiums seien die aufgesetzten Nebenabreden revidierbare "Maximalforderungen" gewesen.

Die Rolle von 1860-Sportchef Stevic ist bis heute unklar. Er drängte offenbar schon lange vor seinem Einstieg bei 1860 auf genau diesen Investoren. Die AZ berichtete Ende 2009 von einer "Investoren-Gruppe um Ex-Löwe Micky Stevic, die dem Verein im Sommer 6,5 Millionen Euro in Aussicht gestellt hat", aber erfolglos blieb.

Womöglich beginn das Versteckspiel von Neuem.

© SZ vom 21.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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