Formel 1:Fernando Alonso hat sich rausgebremst

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Damals war er öfters schneller als Schumacher: Fernando Alonso (li.) im Jahr 2005. (Foto: Rainer Jensen/dpa)
  • Der frühere Weltmeister Fernando Alonso kündigt seinen Abschied von der Formel 1 an.
  • Nach langen Jahren im Rennzirkus hat der Spanier genug von den Anstrengungen des Geschäfts.
  • Der einstige Rivale von Michael Schumacher blickt auf eine bewegte Karriere zurück.

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Sich selbst wusste Fernando Alonso immer glänzend zu verkaufen. Mit seinem Abschied aus der Formel 1 beweist er das nun noch einmal. Am Dienstagabend veröffentlichte der 37-Jährige ein Video, in dem er zum Saisonende am 25. November seinen Ausstieg ankündigt, "nach 17 fantastischen Jahren in diesem unglaublichen Sport". Bei dieser nüchternen Mitteilung aber beließ Alonso es nicht.

"Du erwartetest mich nicht, und ich war nicht sicher, ob ich dich kennenlernen wollte", hebt Alonso in dem Filmchen an, das mit melancholischen Pianotönen unterlegt ist. "Du hast mir viel gegeben, und ich glaube, dir alles gegeben zu haben", sagt der Spanier. "Zusammen haben wir unvergessliche Momente erlebt - und andere wirklich schlechte. Jedes Mal, wenn ich das Visier meines Helms herunterziehe, spüre ich deine Umarmung, deine Energie. Es gibt nichts, was dem gleichkommt. Ich weiß, dass du mich liebst, und du weißt auch, dass ich dich liebe." Nun aber stehe er "vor größeren Herausforderungen als die, die du mir bieten kannst". Deshalb: Adiós!

Wie in der Seifenoper

Fernando Alonso hätte auch einen passablen Seifenoper-Mimen abgegeben. Von der größten Bühne des Motorsports verabschiedet er sich als Unvollendeter. Zweimal war er Weltmeister, 2005 und 2006, beide Male mit Renault. Vor allem der erste Titel war ein Coup: Er beendete nach fünf Triumphen die Siegesserie von Michael Schumacher und Ferrari; Alonso war damals gerade einmal 24 Jahre alt. Jünger hatte bis dahin keiner die Fahrerkrone erobert.

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Alonso galt als Über-Talent, als kommender Mega-Star, als Schlüsselfigur, die der Rennserie - ähnlich wie zuvor Schumacher - einen wichtigen europäischen Markt neu erschließen konnte: Spanien. Zum Rennen in Barcelona reiste 2005 allein der Fanklub aus Alonsos Heimatort Oviedo mit 35 Bussen an. Als das Rennen in Imola gefahren wurde, wollten die Fußballspieler von Deportivo La Coruña unbedingt erst wissen, wie es ausging, bevor sie nach der Halbzeitpause ihr Spiel gegen Racing Santander wieder aufnahmen. Nach dem Titelgewinn brachte Sony in Spanien ein Comicspiel auf den Markt, in dem Alonso als Superheld das Universum rettete.

Wie Schumacher stammte Alonso aus alles anderen als wohlhabenden Verhältnissen. Wie Schumacher hatte er sich über das Kartfahren in den Motorsport gewühlt und dort mühsam nach oben gearbeitet. Und wie Schumacher hatte er dabei Flavio Briatore an seiner Seite gehabt; der einstige Benetton-Teamchef dirigierte ab 2002 das Renault-Team, obwohl er als Berater auch eng mit Alonso verbunden war.

Für 2007 suchte der eine neue, größere Herausforderung. Alonso heuerte bei McLaren-Mercedes an, damals noch ein hell strahlendes Team, an dessen Spitze der pedantische Ron Dennis stand. Für den war der Rennstall sein Lebenswerk, und dass es mit ihm und Alonso nicht lange gut gehen würde, deutete sich bereits bei der prunkvollen Präsentation des Autos an, für die große Teile von Valencia gesperrt wurden. Dort begrüßte Alonso die geladenen Gäste mit der wenig bescheidenen Formel: "Willkommen bei meinem neuen Team!" Nicht gerechnet hatte Alonso allerdings mit Lewis Hamilton. Der gab damals sein Debüt. Und als der Neuling dem zweimaligen Champion einige Male unbekümmert vor die Fahrzeugnase fuhr und Teameigner Ron Dennis gar nicht daran dachte, etwas dagegen zu tun, trübte sich die Stimmung schnell ein.

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Im Sommer war die Beziehung dann zerrüttet. McLaren waren Unterlagen von Konkurrent Ferrari zugespielt worden. Das roch nach Industriespionage. Alonso spielte in dem Fall eine Schlüsselrolle. Bei den Untersuchungen des Automobilweltverbandes FIA gab er den Kronzeugen. Seine Punkte in der Fahrerwertung durfte er behalten, McLaren und Mercedes mussten zusammen eine Strafe von 100 Millionen Dollar bezahlen.

Kein Wunder, dass das Miteinander kurz darauf endete. Die Schuld daran sah Alonso allerdings keineswegs bei sich. "Ich fahre seit meinem dritten Lebensjahr Rennen und bin mit allen Teams gut ausgekommen, außer mit einem. Das ist das gleiche Team, mit dem Senna, Prost, Räikkönen und Montoya Probleme hatten. Vielleicht liegt es eher an McLaren als an mir", erklärte er öffentlich.

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Dass es ihm dann von 2010 bis 2014 bei Ferrari auch nicht gelang, die Mannschaft hinter sich zu versammeln, spricht aber gegen diese Theorie. Wirklich gut lief es für Alonso eigentlich nur, wenn sein Vertrauter Flavio Briatore am Kommandostand saß. 2008, Alonso war zu Renault zurückgekehrt, wurde das erste Nachtrennen in Singapur ausgetragen. Völlig überraschend gewann Alonso die prestigeträchtige Veranstaltung.

Weil er einen ungewöhnlich frühen Boxenstopp eingelegt hatte, profitierte er, als sein Teamkollege Nelsinho Piquet in Runde 14 einen Unfall hatte und das Safety Car das Feld durcheinanderbrachte. Was erst später herauskam: Der Brasilianer war absichtlich in die Mauer gefahren. Auf Befehl von Teamchef Flavio Briatore und Technikchef Pat Symonds, die daraufhin von der FIA mit einem vorübergehenden Formel-1-Verbot belegt wurden. Alonso schwor, er habe von der Konspiration zu seinen Gunsten nie etwas mitbekommen - und blieb unbehelligt.

Nach dem Scheitern seiner Ferrari-Mission kehrte er 2015 zu McLaren zurück, weil er kein besseres Auto fand. Aber das Missverständnis setzte sich auch beim zweiten Anlauf fort. Alonso war immer noch ein guter Fahrer. Mit dem, was ihm der Rennstall bot, konnte er das aber nur noch selten zeigen. Immer häufiger ging er fremd. Zuletzt beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans, das er auf Anhieb gewann.

Sein Nachfolger bei McLaren wird vermutlich Carlos Sainz jr., 23, der in dieser Saison an Renault ausgeliehen war.

© SZ vom 16.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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