FC Liverpool:Ein bisschen Liebe muss sein

Lesezeit: 3 min

Jürgen Klopp (rechts) herzt Sadio Mané. (Foto: AFP)
  • Der FC Liverpool will am Mittwochabend (20.45 / ZDF) im Rückspiel gegen Hoffenheim die Qualifikation für die Champions League klar machen.
  • Ein Schlüsselspieler ist Stürmer Sadio Mané: Er braucht Aufmerksamkeit, Trainer Jürgen Klopp schenkt sie ihm.
  • Hier geht es zu den Hinspiel-Ergebnissen.

Von Sven Haist, London

Die Teamkollegen versuchten, sich Sadio Mané in den Weg zu stellen, aber Mané ließ sie abblitzen wie zuvor die Gegenspieler. Lediglich fünf Berührungen hatte er benötigt für sein Kunststück, mit dem Ball am Fuß von der rechten Außenlinie in die Mitte zu dribbeln und ihn dann in den Torwinkel zu befördern. Sofort war klar, mit wem Mané die Freude über seinen ersten Ligatreffer für den FC Liverpool teilen wollte. Seine Zeigefinger deuteten auf den Trainer - auf Jürgen Klopp.

Im Überschwang drehte Klopp seinem Torschützen den Rücken zu und nahm ihn Huckepack. Der sonst so kleine Mané (1,75 m) überragte nun jeden anderen auf dem Spielfeld. Wer bloß die Konturen dieses Abzugs sieht, könnte denken, dass es sich hier nicht um Trainer und Spieler handelt, sondern um Vater und Sohn. Und wie das bei Kindern so ist, wollte auch Mané in dieser Position am liebsten verweilen.

Mané fühlt sich bei Klopp geborgen

Inzwischen gibt es eine Vielzahl an Szenen, die Klopp in Verbundenheit mit seinem Spieler zeigen: mal abklatschend, mal streichelnd, mal umarmend. Der erste Eindruck vom Auswärtsspiel bei Arsenal (4:3 im August 2016) blieb bisher jedoch am stärksten in Erinnerung. Einer, der sich mit den Befindlichkeiten Manés bestens auskennt, ist Mustapha Mesloub. Der Integrationsbeauftragte für Spieler von RB Salzburg begleitet den senegalesischen Angriffsflitzer seit fünf Jahren als Mentor.

Regelmäßig kommt Mané zu ihm zu Besuch. "Sadio ist jemand, der viel Aufmerksamkeit benötigt. Wenn ihm einer dieses Gefühl der Geborgenheit geben kann, blüht er auf. Bei Jürgen Klopp ist das so", sagt Mesloub. Bei Manés vorheriger Station in Southampton sei das am Ende nicht mehr ganz so der Fall gewesen.

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Auch deshalb gelang es Liverpool in der Vorsaison, Sadio Mané, 25, aus seinem Vertrag bei Ligakonkurrent Southampton herauskaufen, zu dem er von seiner wegweisenden Europa-Station in Salzburg umgezogen war. Der knapp 40 Millionen Euro teure Transfer machte den Außenstürmer zwischenzeitlich zum kostspieligsten afrikanischen Fußballer der Welt. Im Gegenzug schoss Mané seinen neuen Verein mit sechs Toren an den ersten elf Spieltagen an die Tabellenspitze. In Klopps rasantem Erlebnisfußball gibt Mané den Hauptdarsteller in der Offensive. Mit seiner Physis, Technik und Lebensfreude gelingt es ihm, den vorgegebenen Angriffsstil zu interpretieren, der nach Ballgewinn nur den kürzesten Weg zum gegnerischen Tor kennt.

An diesem Mittwoch hofft Liverpool auf Manés Fähigkeiten, wenn es darum geht, ein 2:1 aus dem Hinspiel im Playoff-Duell mit Hoffenheim (20.45 Uhr/ZDF) zu verteidigen. Für Liverpool wäre es die zweite Teilnahme an der Champions League in den vergangenen acht Jahren - für Mané sogar eine Premiere. Mit RB Salzburg scheiterte er vor dem Wechsel nach Southampton stets an dieser finalen Hürde.

Der österreichische Serienmeister verpflichtete Mané im Sommer 2012 nach dem olympischen Fußball-Turnier in London. Dort waren Talentsichter auf seine individuellen Fähigkeiten aufmerksam geworden. Die Entwicklung Manés zu einem der gefragtesten Flügelstürmer auf dem Markt hat Oliver Glasner, damals Assistenzcoach bei RB Salzburg, begleitet. "Auf dem Platz macht Sadio Dinge, die man nicht lernen kann, und vor allem Dinge, mit denen der Gegner nicht rechnet", sagt er. Das Gesamtpaket, findet Glasner, sei überragend, weil Mané nicht nur schnell laufen könne, sondern viel, viel mehr.

In der ärmlichen Provinz Sédhiou im Süden Senegals aufgewachsen, musste Mané jeden Tag mehrere Kilometer zu Fuß zurücklegen, um überhaupt zum nächstgelegenen Fußballfeld zu kommen. "Muskulär ist Sadio in einem Top-Zustand, seine Körperproportionen passen hervorragend", sagt Glasner. "Die ersten paar Meter von ihm sind unglaublich. Die Finten, die er schlägt - da kommt fast keiner mit."

Seine Gewandtheit hat Mané in unzähligen Einzelschichten nach dem Training verfeinert. Immer wieder dieselbe Bewegung: von der linken Seite in die Mitte ziehend, um mit dem stärkeren rechten Fuß abschließen zu können. "Was mir imponiert hat, war sein Fleiß und seine frohe Lebensart. Manchmal sind von zehn Bällen sieben neben das Tor gegangen, zwei über den Zaun geflogen und nur einer in den Torwinkel. Aber über diesen einen hat er sich gefreut wie ein kleiner Junge."

Die Schüchternheit Manés hat mittlerweile abgenommen, genauso wie die Sprachbarriere. "An den ersten beiden Tagen in Salzburg hat er sich im Hotel nichts zum Essen bestellt, weil er sich nicht getraut hat", erzählt Glasner: "Man denkt immer, die Fußballer sind Heroen, die alles können. Dabei sind sie in Wahrheit oft sehr zerbrechliche Menschen." Über Mesloub, der sich mit Mané auf Französisch verständigen konnte, gelang es dem Trainerteam damals, das Vertrauen Manes zu gewinnen. Glasner sagt: "Bevor wir uns um den Fußballer Mané kümmern konnten, mussten wir erstmal nach dem Menschen gucken." In Erinnerung geblieben ist Glasner auch eine Bemerkung von Mané. "Wir wollten, dass er Deutschunterricht nimmt. Aber hat gesagt: Ich will Englisch lernen. Mein Ziel ist nämlich die Premier League."

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Von dieser Aufbauarbeit profitiert nun am Ende der Kette der FC Liverpool. Zu Jahresbeginn weilte Mané mit dem Senegal beim Afrika-Cup; in diesem Zeitraum gewann Liverpool kein Spiel in der Premier League. Erst mit seiner Rückkehr Mitte Februar gab es ein 2:0 gegen Tottenham. Der Doppeltorschütze hieß: Sadio Mané.

© SZ vom 23.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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