FC Ingolstadt 04:Zuversicht im eigenen Stall

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Liegt ihr bequem? Der neue Coach Roberto Pätzold hat sichtlich Spaß in der Vorbereitung. (Foto: Stefan Bösl/imago images)

Auf den Zweitliga-Aufstieg folgte beim FC Ingolstadt 04 ein radikaler Schnitt: Trainer Tomas Oral und Sportdirektor Michael Henke sind weg, die Hoffnungen ruhen auf Coach Roberto Pätzold, der aus der Jugend befördert wurde. Geschäftsführer Manuel Sternisa erklärt den sommerlichen Umbruch.

Von Johannes Kirchmeier

Die Spieler lachten, als sie sich bei kleineren Wettkämpfen im Trainingslager in Vals gegenseitig maßen, danach entspannten einige mit einem Grinsen im kühlen Südtiroler Bach, der Angreifer Dennis Eckert Ayensa ging zum Angeln. So viel Freude auf einen Schlag kann nicht täuschen: Beim FC Ingolstadt 04 hat sich gerade all der Verdruss der Abstiege der vergangenen Jahre in Glückseligkeit gewandelt nach der Rückkehr in die zweite Fußball-Bundesliga. Auch der Geschäftsführer Manuel Sternisa sagt nach gut einem Jahr in seinem Amt: "Wir sind auf einem super Weg. Es hätte ja nicht besser laufen können." Er meint damit die Ergebnisse dieses Sommers. Nicht nur die Profimannschaft ist aufgestiegen, die U17 schaffte es in die Bundesliga. Die U19-Junioren haben dort den Klassenverbleib geschafft - so wie das Frauenteam in Liga zwei.

Trotzdem rufen Sternisas Worte auch etwas Verwunderung hervor. Es hätte nicht besser laufen können? Manch Fußballinteressierter fragt sich gerade ja noch, warum sich der Klub denn direkt nach dem Aufstieg vom erfolgreichen Trainer Tomas Oral sowie vom Sportdirektor Michael Henke trennen konnte. Also, irgendwo muss es ja dann doch geknatscht haben. Die Aktion weckte zudem Erinnerungen an den Zweitligaaufsteiger vor einem Jahr, Eintracht Braunschweig, der ohne Aufstiegscoach Marco Antwerpen zum Absteiger 2021 wurde. Sternisa sagt dazu: "Bloß, weil das woanders nicht funktioniert hat, heißt das nicht, dass wir das hier nicht machen."

Der 47-Jährige führt vielmehr aus, dass sie sich das schon gut überlegt haben. Es ging schlicht um die Zukunft - und um die Frage: Wie stellt sich der FCI am besten auf für die zweite Liga? "So groß die Vorfreude ist: Es wird natürlich nicht nur die beste, sondern auch die schwerste zweite Liga." Ausdrücklich bedankt Sternisa sich bei Oral und Henke fürs erreichte Aufstiegsziel, aber bei allem Dank gelte auch: "Wir haben trotz des Erfolgs alles analysiert und sind überzeugt, dass wir gemeinsam aus dem Kader noch mehr herausholen können."

Neben Marx und Ben Balla könnten noch weitere Zugänge kommen

Damit spricht er einen Knackpunkt an. Denn der Kader der Vorsaison ist noch immer weitgehend zusammen, und das soll auch so bleiben. Der Klassenverbleib muss weitgehend mit dem vorhandenen Personal gelingen. Oral und Henke hatten auf dem Transfermarkt offenbar etwas ambitioniertere Vorstellungen, wollten sich für den Kampf eine Etage höher wohl mehr verstärken. Doch die vergangenen beiden Drittliga-Jahre haben am Klub finanziell gezehrt. Zudem hat er einen Stilwechsel hinter sich: Die Ingolstädter wollen wieder mehr zum regionalen Anker werden - ohne allzu viele Transfers, dafür mit Talenten aus dem eigenen Nachwuchsleistungszentrum (NLZ).

Nach Unterhaching setzte Ingolstadt zuletzt am üppigsten auf U23-Akteure in Liga drei. Das heiße natürlich überhaupt nicht, dass neben dem Rechtsverteidiger Jan-Hendrik Marx und dem Mittelfeldspieler Yassin Ben Balla kein Zugang mehr hinzukomme, betont Sternisa. Trotzdem sei klar: "Wir würden dann in der Spitze was machen, nicht in der Breite." Im Zweifel soll lieber der eigene Junior als ein ähnlich talentierter Zugang zum Einsatz kommen. Beim 4:0 im Test gegen den Regionalligisten VfB Eichstätt kickte etwa der 17-jährige Außenverteidiger Jonas Perconti mit. "Das unterstreicht den Weg, junge Talente aus dem eigenen Stall an den Profifußball heranzuführen", sagt Malte Metzelder, einst schon Spieler in Ingolstadt und neuer Manager Profifußball. Er soll sich getreu der Funktion perspektivisch um alle Manager-Aufgaben, die die Profis betreffen, kümmern und arbeitet dem Technischen Direktor Florian Zehe zu, der den Gesamtverein samt NLZ im Blick hat.

Den neuen Trainer wiederum kennen sowohl Zehe als auch Metzelder gut: Es ist Roberto Pätzold. Seit 2015 arbeitet der für den FCI als erfolgreicher Jugendcoach, seit 2019 besitzt er die Fußballlehrer-Lizenz. 14 Klubs in Liga eins und zwei hat Sternisa gezählt, die Trainer aus der Jugend oder der zweiten Mannschaft in die Bundesliga-Verantwortung gebracht haben, dem Trend schloss er sich nun an. Anders als bei Braunschweigs Abstieg gilt in dieser Versuchsanordnung also für ihn vermutlich der aus Ingolstädter Sicht natürlich auch positivere Satz: Weil es woanders funktioniert hat, funktioniert es auch hier. Das Saisonziel bleibt als Aufsteiger natürlich auch unter Pätzold der Klassenverbleib. Der sei aber immens wichtig, berichtet Sternisa. Alleine, weil schon die Fernsehgelder in der zweiten Liga um mehrere Millionen Euro höher sind als in den Ligen darunter. Zudem ziehe die Attraktivität der Spielklasse auch mehr Publikum und bessere Sponsoren an.

Über die Trainerwahl sagt der Geschäftsführer noch: "Ich bin super happy. Er hat allem voran die Kompetenz, kennt den Verein und hat den Großteil der Youngster schon trainiert." Tatsächlich kennen Pätzold viele Spieler wie unter anderen die Aufstiegshelden Filip Bilbija, Merlin Röhl oder Fatih Kaya aus der U17 oder der U19. "Da hätte jeglicher Trainer, egal welcher Name, nicht so gut gepasst wie er", findet Sternisa. Im Sinne der Rückentwicklung vom internationalen Einkäufer- zum regionalen Ausbildungsverein klingt das sogar plausibel.

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