FC Chelsea in der Einzelkritik:Ein-Mann-Büffelherde mit magischem Torwart

Didier Drogba trifft, foult, trifft wieder und wird neue Symbolfigur des Klubs. Frank Lampard und Ashley Cole vergessen im Elfmeterschießen, dass sie Briten sind und Torwart Petr Cech zieht die Bälle auf magische Weise an. Die meisten anderen sind jedoch überfordert und werden dennoch Champions-League-Sieger. Der FC Chelsea in der Einzelkritik.

Jürgen Schmieder

FC Chelsea in der Einzelkritik

Petr Cech

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(Foto: dpa)

Didier Drogba trifft, foult, trifft wieder und wird neue Symbolfigur des Klubs. Frank Lampard und Ashley Cole vergessen im Elfmeterschießen, dass sie Briten sind und Torwart Petr Cech zieht die Bälle auf magische Weise an. Die meisten anderen sind jedoch überfordert und werden dennoch Champions-League-Sieger. Der FC Chelsea in der Einzelkritik. Aus dem Stadion von Jürgen Schmieder. Petr Cech: Trug auch im Finale den 80 Gramm schweren Rugbyhelm, den er auch privat nur selten abnimmt. Glänzte an diesem Abend wieder einmal durch seine außerordentliche Strafraumbeherrschung und dadurch, dass sein letzter Fehler nun mindestens 15 Jahre zurückliegt. Parierte formidabel gegen Robben, guckte alle anderen Schüsse auf magische Weise über oder neben das Tor. Glänzte zudem mit nach vorne gebolzten Bällen, mit denen er Werte von 70 (Weite) und 30 (Höhe) Metern erreichte. Beim Gegentor durch Müller ohne Fehler, aber auch nicht herausragend. Zog in der Verlängerung einen Elfmeter von Robben auf magische Weise an und guckte einen Versuch von Olic auf magische Weise neben das Tor. Flog auch im Elferschießen bei jedem Versuch in die richtige Ecke, hielt gegen Olic und Schweinsteiger. An diesem Abend ein magischer Torwart.

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José Bosingwa

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(Foto: AFP)

José Bosingwa: Hatte vor acht Jahren mit dem FC Porto die Champions League gewonnen, war damals im Finale gegen den AS Monaco aber nur Zuschauer gewesen. Durfte nun mitspielen - und sehnte sich bereits nach wenigen Minuten nach einem Platz auf der Ersatzbank. Musste nämlich gegen Franck Ribéry spielen, was an diesem Abend neben "Sicherheitsdienst in der U-Bahn von und zur Arena" der undankbarste Job in ganz München war. Wirkte bisweilen orientierungslos wie ein Oktoberfest-Besucher nach dem Fünfer-Looping, brachte jedoch kurioserweise immer eine Fußspitze in viele Pässe und Schüsse. Auch gegen Olic überfordert, aber zumeist glücklich.

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David Luiz

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(Foto: AFP)

David Luiz: Wie Kollege Gary Cahill angeschlagen in die Partie gegangen, dafür mit einer ungewöhnlichen Vorbereitung. "Auf der Playstation" habe er bereits mit Gegenspieler Mario Gomez zu tun gehabt. Dass sich der reale Gomez filligraner bewegt als die virtuelle Figur, das stellte Luiz bereits nach wenigen Minuten fest - doch Gomez scheiterte stets, wie keine virtuelle Figur scheitern würde. Der Brasilianer bewegte sich bisweilen nicht wie ein eleganter Südamerikaner, sondern wie eine Computerfigur, die von einem Kleinkind gesteuert wird. Glich das allerdings durch Stellungsspiel, Furchtlosigkeit und Kopfballstärke aus. Beim Gegentreffer ebenso unachtsam wie Kollege Cole. Erinnerte sich beim Elferschießen daran, dass er kein Brite ist.

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Gary Cahill

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(Foto: AFP)

Gary Cahill: Trainierte erst am Dienstag wieder mit der Mannschaft, nachdem er sich beim Halbfinal-Rückspiel in Barcelona an der Achillessehne verletzt hatte. Zunächst wie gewohnt robust und humorlos im Zweikampf mit Mario Gomez, profitierte aber auch von der grotesken Nervenschwäche des Münchners. Marschierte gelegentlich wie ein Lucio-Double nach vorne und sorgte damit für gefährliche Situationen. Rannte dann wieder humorlos nach hinten. Stürzte sich in der zweiten Halbzeit einem Schuss von Robben entgegen und sorgte dadurch dafür, dass der Linienrichter beim regulären Treffer von Ribéry die Fahne hob. Bewies in der Verlängerung, dass er auch Wadenkrampf kann.

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Ashley Cole

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(Foto: Getty Images)

Ashley Cole: Der einzige Spieler des FC Chelsea, den die Fans nicht einmal beim Gewinn von Champions League, Meisterschaft und FA-Pokals akzeptieren würden, weil er einst beim FC Arsenal gespielt und seine Frau betrogen hat. Agierte gegen Arjen Robben, an diesem Abend neben "Sicherheitsdienst in der U-Bahn von und zur Arena" und "Gegenspieler von Ribéry" der undankbarste Job in ganz München. Hielt mindestens drei Meter Sicherheitsabstand, um nur ja nicht überlaufen zu werden. Wurde dann jedoch umdribbelt - brachte jedoch kurioserweise immer eine Fußspitze in viele Pässe und Schüsse. Beim Gegentreffer zögerlich und unaufmerksam. Vergaß beim Elferschießen, dass er Brite ist.

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John Obi Mikel

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

John Obi Mikel: Agierte im defensiven Mittelfeld und damit gegen Thomas Müller, der herumwuselte, als wäre das Spielfeld ein riesiger Ameisenhaufen. Mikel wuselte zunächst hinterher, beriet sich dann aber mit seinen Kollegen und beschloss, dass es ratsamer sei, Müller durch Verschieben und Übergeben besser in den Griff zu bekommen. Orchestrierte die zweite Abwehrkette Chelseas, die etwa 30 Meter vor dem eigenen Tor firmierte und als Wellenbrecher für die Münchner Angriffe diente. Durfte häufig nicht dirigieren, sondern musste kräftig schimpfen. Darf seine Unauffälligkeit als Kompliment werten.

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Frank Lampard

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(Foto: REUTERS)

Frank Lampard: Symbolfigur des FC Chelsea und Vertrauter von Klub-Eigentümer Roman Abramowitsch - hat schließlich alle 66 Zugänge und acht Trainer des Oligarchen erlebt. Gab beim Aufwärmen den Chef-Fan-Anheizer. Berührte jeden Grashalm des neu verlegten Rasens mindestens ein Mal, berührte jedoch äußerst selten das Spielgerät. Gab nach 25 Minuten den Chef-Motzer gegen seine Kollegen, die zu viele Torchance zugelassen hatten. Ansonsten noch unauffälliger als Abramowitsch auf der Tribüne. Gab vor der Verlängerung den Chef-Kollegen-Anheizer. Begab sich danach wieder in die Unauffälligkeit. Vergaß beim Elferschießen, dass er Brite ist - und traf. War nach dem Sieg Chef-Jubler.

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Ryan Bertrand

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(Foto: Getty Images)

Ryan Bertrand: Durfte von Beginn an spielen, obwohl nicht wenige Florent Malouda oder Michael Essien an seiner Statt erwartet hatten. Dirbbelte sogleich gegen Philipp Lahm. Stellte fest, dass er damit keinen Erfolg haben würde. Versuchte danach Pässe. Stellte fest, dass er damit ebenfalls keinen Erfolg haben würde. Gewann nicht einmal ein Kopfballduell gegen Lahm. Konzentrierte sich deshalb darauf, bei Motzereien von Lampard und Mikel artig zu nicken. Wurde in der 72. Spielminute nicht ausgewechselt, sondern erlöst.

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Juan Mata

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(Foto: dpa)

Juan Mata: Gilt als Künstler und kreativer Freigeist, war jedoch in den letzten Spielen nur ein Schatten seiner selbst gewesen. Gab an diesem Abend vor den beiden Abwehrketten den Schatten von Bastian Schweinsteiger - und erkannte, dass auch der im Moment nur ein Schatten seiner selbst ist. Initiierte deshalb recht kunstvoll einige Angriffe, verteilte Bälle und dribbelte gefällig. Wirklich gefährlich war er indes nicht. Bereitete sich in der zweiten Halbzeit auf die Verlängerung vor. Bereitete sich in der Verlängerung aufs Elfmeterschießen vor. Dort verschoss er.

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Salomon Kalou

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Salomon Kalou: Stand in dieser Saison im Wettbewerb mit Mario Gomez - nicht um die meisten Tore, sondern um die häufigsten Abseitspositionen. Lag vor dem Finale knapp vorne und baute seine Führung in der ersten Halbzeit aus. Musste ja nicht gegen David Alaba, sondern gegen Diego Contento agieren. Sah nach ein paar Minuten, dass auch Contento zu wuchtigen Angriffen imstande ist. Reagierte darauf verblüfft und überfordert. Schaffte immerhin den ersten Torschuss für Chelsea - in der 37. Spielminute. Schaffte danach nicht mehr viel.

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Didier Drogba

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(Foto: AFP)

Didier Drogba: Gilt als letztes Exemplar der eigentlich ausgestorbenen Spezies des Büffelstürmers. Kann von Luftzweikampf über Groteskschwalben bis hin zum Volleyschuss alles, was ein Büffelstürmer können muss. Agierte an diesem Abend wie eine Ein-Mann-Büffelherde. Lieferte sich packende Duelle mit dem Büffel-Verteidiger Jérome Boateng, verlor aber die meisten davon und konzentrierte sich deshalb darauf, bei Angriffen der Münchner den dritten zentralen Defensivspieler zu geben. Gewann mehr Kopfballduelle im eigenen Strafraum als all seine Defensiv-Kollegen. Als das Spiel verloren schien, warf er sich wie ein Büffel in eine Flanke und schaffte den Ausgleich. Foulte in der Verlängerung Ribéry elfmeterwürdig - und war der erste Gratulant von Cech, der parierte. Traf im Elferschießen. Erfolg durch Einsatz und Glück - löst Lampard als Symbolfigur des FC Chelsea ab. War nach dem Sieg der erste Chelsea-Spieler, der zu den Münchner Akteuren eilte, um sie zu trösten.

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Florent Malouda

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(Foto: AFP)

Florent Malouda: Kam nach 72 Minuten für Bertrand. Für das Spiel von Chelsea bedeutete das, dass nun Malouda statt Bertrand Zweikämpfe gegen Lahm verlor. Fiel jedoch eleganter als sein Vorgänger und bekam deshalb einige Freistöße.

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Fernando Torres

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(Foto: Getty Images)

Fernando Torres: Konnte sich schon vor der Partie sicher sein, eingewechselt zu werden: Entweder als Konterstürmer bei einer Führung - oder als letzte Hoffnung bei einem Rückstand. Kam an diesem Abend als letzte Hoffnung, blieb jedoch so erfolglos wie in den vergangenen 17 Monaten und gilt deshalb weiter als Spieler mit einem grotesken Preis-Leistungs-Verhältnis. Hat aber ein tolles Preis-Jubel-Verhältnis, wie er nach dem Spiel zeigte.

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Paolo Ferreira

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(Foto: AP)

Paolo Ferreira: Kam in der Verlängerung als taktischer Trödelspieler. (Bild Mitte)

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