FC Bayern verlängert mit Kimmich:Auf dem Häuschen

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Was macht man nicht alles für ein nettes Fotomotiv: Hasan Salihamidzic (links), Sportvorstand des FC Bayern, und Vorstandschef Oliver Kahn (rechts) posieren mit Joshua Kimmich anlässlich der Vertragsverlängerung des Mittelfeldspielers vor pittoresker Kulisse, der Münchner Frauenkirche. (Foto: Marco Donato/FC Bayern München/Imago)

Während der FC Bayern die Vertragsverlängerung mit Joshua Kimmich stolz als Beweis seiner internationalen Wettbewerbsfähigkeit interpretiert, registriert der Klub leicht pikiert die Pfiffe gegen Leroy Sané.

Von Sebastian Fischer

Was hatten sie sich auch beim FC Bayern auf den Moment gefreut, in dem es wieder laut wird. Als letzter aller Bundesligisten dieser Saison trug der Meister sein erstes Heimspiel aus, vor 20 000 Menschen in der Arena, so viele, wie die Pandemie-Maßnahmen erlaubten. Doch was es dann zwischendurch von den anspruchsvollen Besuchern auf den Rängen zu hören gab während des 3:2-Sieges gegen den 1. FC Köln, das hatte in den Vorstellungen wahrscheinlich anders geklungen.

Natürlich haben viele der Fans, die eineinhalb Jahre lang nicht in so großer Zahl im Stadion gewesen waren, am Sonntagabend auch viel Wohlwollendes von sich gegeben. Sie haben gejubelt nach dem Schlusspfiff über den ersten Saisonsieg. Sie haben gelegentlich auch gesungen. Doch das, worüber Julian Nagelsmann danach sprach, war etwas anderes. Ja, sagte der Trainer nach seinem ersten Heimsieg, er habe sie auch gehört: die Pfiffe gegen Leroy Sané. "Ich denke, es gehört sich, dass die eigenen Fans die eigenen Spieler unterstützen", sagte er.

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Erst dribbelt er sich fest, dann sorgt der Flügelspieler für die Entscheidung. Jamal Musiala erweist sich als Glücksgriff - und Leroy Sané erntet Pfiffe. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

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Der FC Bayern ist an Ergebnissen gemessen im Soll nach drei Pflichtspielen, den Supercup haben die Münchner gegen Dortmund gewonnen, in der Liga sind sie ungeschlagen. Robert Lewandowski trifft offenbar weiterhin in jedem Spiel, Manuel Neuer spielt auch, wenn er wegen einer Verletzung (die Kapsel am Sprunggelenk) angeblich gar nicht spielen kann. So mancher kommt langsam in Form, der zweimalige Torschütze Serge Gnabry etwa. Und manch anderer bleibt scheinbar immer in Form, so wie Joshua Kimmich, dessen Vertragsverlängerung bis 2025 der Verein am Montag offiziell bekannt gab.

Es war ein für den FC Bayern ausgesprochen freudiger Anlass, zu dem der Klub am Nachmittag eigens eine Pressekonferenz veranstaltete. Kimmich stand mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Vorstandschef Oliver Kahn dafür auf der Dachterrasse des Fan-Shops in der Münchner Innenstadt, damit man im Hintergrund die Frauenkirche sehen konnte.

Kimmichs Verbundenheit zu Stadt und Verein, sein zuversichtlicher Blick in die Zukunft, sein Lob für den neuen Trainer, darum sollte es gehen. Um seinen neuen Vertrag, den er selbst und ohne Berater mit seinen Chefs ausgehandelt hat, während in Europa die Top-Klubs mit Geld um sich werfen, und der ein Signal für Kollegen wie Leon Goretzka sein soll, es ihm gleichzutun. Aber es ging aus aktuellem Anlass auch noch mal um die Reaktionen der Fans am Vorabend, die stimmungsmäßig einen ziemlichen Kontrast darstellten. "Das, was gestern passiert ist, das ist nicht nur unglücklich, das fand ich echt frech", sagte Kimmich zu den Pfiffen. "Unsere Fans müssen unsere Spieler unterstützen", sagte Salihamidzic. "Es geht jetzt darum für Leroy, das wegzustecken", sagte Kahn.

Nagelsmann probiert ein System mit Dreierkette - mit ungewohnter Rolle für Sané

Wie der Sieg gegen Köln gelungen war, nach einer schwachen ersten Hälfte und einer verspielten 2:0-Führung in der zweiten, das war ziemlich turbulent. "Viel zu wild", wie Nagelsmann sagte, weshalb er anmerkte, es sei noch "einiges zu tun". Dass der Unmut einiger Fans dann Sané traf, den polarisierenden Zugang aus dem Pandemiesommer 2020, bei seiner ersten Begegnung mit dem heimischen Publikum, das war eigentlich nur ein Teil der Geschichte.

Der so begabte Nationalspieler, 25, wird oft nicht gerade nachgiebig kritisiert, viele sehen in seinem Auftritt stets zuerst den Anflug von Lässigkeit und Phlegma, ob in München oder beim DFB. Wenn er Fehlpässe einstreut, dann fällt es auf. Gegen Köln waren es einige, er spielte schwach, weit hinter seinen hohen Ansprüchen.

Sané sollte allerdings auch auf dem Flügel in einem System mit Dreierkette spielen, also ohne Außenverteidiger hinter sich. Das ist, vorsichtig formuliert, nicht seine Lieblingsposition. In der Halbzeit korrigierte Nagelsmann seine Aufstellung: Für Sané kam Jamal Musiala, für den rechten Innenverteidiger Tanguy Nianzou kam Josip Stanisic, aus einer Dreier- wurde wieder die übliche Viererkette.

Das System mit Dreierkette ist eines, das Nagelsmann auch in Leipzig gerne anwandte. In München, das hatte er zuvor stets betont, sei nach der kurzen Vorbereitung noch nicht die Zeit für neue Ideen. Er versuchte es trotzdem. Auch wenn, siehe Sané, vielleicht nicht auf jeder Position der dafür prädestinierte Spieler da ist.

"Natürlich würde uns der eine oder andere noch guttun", sagt Kimmich vorsichtig zum Kader

Noch eine Woche dauert die Transferperiode, den Gerüchten zufolge geht es weiterhin um einen möglichen Zugang von Marcel Sabitzer, den Nagelsmann aus Leipzig kennt, er wäre ein zusätzlicher Spieler fürs Zentrum für den kleinen Münchner Kader. Die andere Lücke, das offenbarte die erste Hälfte samt Pfiffen für Sané, das ist die rechte Außenbahn - jedenfalls in einer Aufstellung mit Dreierkette. In einem System mit Viererkette hat sich Stanisic, 21, aus der zweiten Mannschaft als solide Alternative zum verletzten Benjamin Pavard bewährt.

Auch am Montag auf dem Dach vor der Frauenkirche ging es um die Kaderplanung. Kimmich sagte vorsichtig: "Natürlich würde uns der eine oder andere noch guttun." Salihamidzic sagte noch etwas vorsichtiger: "Wir schauen den Transfermarkt ganz genau an, wir schauen was passiert, und wir schauen, was unsere Möglichkeiten erlauben - oder auch nicht". Kimmich betonte, dass er bereits im aktuellen Kader "sehr, sehr großes Potenzial" sehe. Das, erklärte er, sei auch eine entscheidende Frage für seine Vertragsverlängerung gewesen: "Wo ist die Chance am größten, die nächsten Jahre die Champions League zu gewinnen?" Er sehe trotz allem Wahnsinn auf Europas Transfermarkt nicht, dass der FC Bayern international abgehängt werde.

Und es gab aus Sicht des FC Bayern glücklicherweise auch noch einen Anlass, den Sieg gegen Köln als Beleg für diese These zu sehen. Der für Sané eingewechselte Musiala, 18, machte nach seiner Einwechslung den Unterschied. Der jüngste deutsche Nationalspieler bereitete das Führungstor durch Lewandowski mit einem geschmeidigen Dribbling an der Grundlinie vor. Während Nagelsmann über die Leistung von Sané nicht sprechen wollte, nannte er die von Musiala "herausragend". Das Talent, für das die Bayern 2019 keine Ablöse bezahlt haben, hat einen Vertrag bis 2026.

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