FC Bayern:Hoeneß' kalkulierte Anti-Arroganz-Aussage

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Uli Hoeneß widerspricht dem Klubverständnis des FC Bayern. (Foto: Swen Pförtner/dpa)

Eine Saison ohne die Meisterschaft? "Dann wird der FC Bayern auch nicht untergehen", widerspricht Uli Hoeneß dem Klubverständnis. Aber selbst die Spieler haben die Taktik hinter der Aussage erkannt.

Kommentar von Claudio Catuogno

Wir sind nicht so arrogant, wie ihr alle glaubt", hat Uli Hoeneß am Mittwochabend in der Münchner Arena zu den Journalisten gesagt. Jedes Jahr die Meisterschale? "Klar, die würden wir immer gerne haben, aber wenn's mal nicht so ist, wird der FC Bayern auch nicht untergehen."

Das war ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswerter Wortbeitrag. Denn erstens widerspricht er fundamental dem prallen Selbstverständnis dieses Immerallesgewinnenwollenklubs, in dem es doch gerade stets der Präsident Hoeneß war, der die Erwartungshaltung hoch hielt mit Sätzen wie: "Auf die Dauer ist ein Titel pro Saison schon ein bisschen wenig." Und zweitens kam es im Rahmen der mitternächtlichen Anti-Arroganz-Initiative, die wohl auch als atmosphärisches Gegengewicht zur Pressebeschimpfungskonferenz im Oktober gedacht war, noch zu folgendem Dialog: Man fahre am Samstag ja nun als "Dritter in der Bundesliga" zum Tabellenführer nach Dortmund, setzte einer der Fragesteller an ... Darauf Hoeneß: "Meines Wissens sind wir Zweiter." - Journalist: "Gladbach ist Zweiter!" - Hoeneß: "Aber die haben doch nicht mehr Punkte als wir. Höchstens das bessere Torverhältnis, aber das interessiert mich nicht am zehnten Spieltag. Wollen wir darüber jetzt diskutieren?"

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So ist es halt: Arroganz ist das Triebmittel jeder Titelproduktion

Nur, weil man als FC Bayern gerade den Plan hat, die eigene Arroganz zu dementieren, muss man ja nicht gleich die Realitäten anerkennen! So ist das nun mal im Münchner Mia-san-mia-Betrieb: Eine gesunde, bisweilen aber auch ins Ungesunde lappende Portion Arroganz ist das Triebmittel jeder Titelproduktion.

Man muss das als Rahmen mitdenken, wenn Hoeneß jetzt außerdem beteuert, man fahre diesmal "als Außenseiter" zu Borussia Dortmund. Sicher, da mag das Verspeisen einer Extraportion Kreide nötig sein, bis einem als FC-Bayern-Repräsentant so ein Satz über die Lippen geht. Aber selbst die eigenen Spieler wie Mats Hummels haben ja gleich erkannt, dass sich ihr Präsident da in erster Linie "taktisch geäußert" hat. Sollte man am Samstag tatsächlich ausgekontert werden von dieser jungen Dortmunder Sturm-und-Drang-Elf, dann lässt sich die folgende Aufregung womöglich leichter herunterdimmen: Was soll daran ein Drama sein, wenn man als Außenseiter beim Tabellenführer verliert? Und wenn man gewinnen sollte, was ja möglich ist, dann lässt sich die Heldenerzählung gleich noch ein bisschen üppiger ausschmücken.

Abzüglich der taktischen Erwägungen war am Mittwoch deshalb Hoeneß' bemerkenswerteste Aussage das Versprechen, den Trainer Niko Kovac auch weiterhin "bis aufs Blut" zu verteidigen. Selbst nach einer schweren Schlappe ließe der sich nun schwerlich schon am Montag hinauswerfen. Zwar ist auch den Bayern-Bossen nicht entgangen, dass sich eine Menge Frust aufgestaut hat in der Kabine, "Maulwürfe" stecken Betriebsgeheimnisse durch, und nicht jede kolportierte interne Wortmeldung der Bayern-Stars über ihren Trainer liest sich besonders schmeichelhaft. Aber: Das spricht ja nicht nur gegen den Trainer! Sie scheinen es (vorerst) mit Kovac durchziehen zu wollen. Womöglich auch deshalb, weil sich der alte Jupp Heynckes sicher nicht noch mal von seinem Bauernhof weglotsen ließe. So viel Kreide könnte keiner essen.

© SZ vom 09.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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