FC Bayern in der Einzelkritik:Coman läuft Slalom wie Marcel Hirscher

Lesezeit: 3 min

Kingsley Coman nach seinem späten Ausgleichstreffer für die Bayern gegen Salzburg (Foto: MIS/imago)

Der Franzose versucht es immer wieder, bis er schließlich doch noch trifft. Hernandez sieht einen D-Zug an sich vorbeipreschen und Gnabry drückt und drängelt wie am Skilift in Flachau. Die Bayern in der Einzelkritik.

Von Jonas Beckenkamp

Sven Ulreich

(Foto: Kersten Joensson/AFP)

Allervorderester Vertreter der Sparte "Koan Neuer" und als solcher nicht zu beneiden, denn dieser Neuer hält ja normalerweise fast alles. Aber ob Neuer auch dieses Riesending von Adamu gehalten hätte? Ulreich machte seine Sache gut, bewahrte die Bayern früh vor dem 0:2, als er Aaronsons Schuss aus dem Eck fischte. Parierte auch gegen Seiwald, es lag wahrlich nicht an ihm, dass dieses Spiel so eine zache Gschicht' war, wie man in Österreich sagen würde.

Benjamin Pavard

(Foto: Andreas Gebert/Reuters)

Ist zwar Weltmeister, spielt aber in München selten weltmeisterlich, weshalb ihm bei den Bayern mitunter Argwohn entgegenweht. Daran dürfte sich auch nach diesem Spiel nichts ändern, schließlich ermöglichte sein Zaudern beim 0:1 den Österreichern die Führung. Verging sich immer wieder mit fehlender Schärfe im Passspiel und hätte mit einer Bummelei beinahe einen Elfmeter verursacht. Beschloss dann, dass er vorne vielleicht besser aufgehoben ist und gab phasenweise einen Incognito-Mittelstürmer. Blieb aber auch für die Kollegen unauffindbar. Pluspunkt immerhin: Jahrhundertrettung gegen Adamu.

Niklas Süle

(Foto: Kersten Joensson/AFP)

Gilt als Vertreter der Sparte "koa Weltmeister" und ist bald auch "koa Bayern-Spieler" mehr, wenn er im Sommer nach Dortmund wechselt. Musste gegen Adeyemi gleich mehrfach in den fünften Gang schalten, aber meisterte diese Duelle gekonnt. Beim Gegentor dann trotzdem zu spät und damit finales Element einer Fehlerkette. In der Defensive noch bester Münchner, weil er immerhin ein wenig Entschlossenheit verkörperte.

Lucas Hernandez

(Foto: Alexandra Beier/AP)

Eiserner Zweikämpfer, dem immer noch aus jeder Pore sein "Atletico-Madrid-Gen" sprießt. Ging mit der Erinnerung ins Spiel, dass er in Salzburg schon einmal getroffen hatte (November 2020). Erlebte jedoch keine ganz unfallfreie Partie, verhaspelte sich hier und da und sah sich beim 0:1 einem D-Zug namens Adeyemi gegenüber, der einfach an ihm vorbeipreschte. Insgesamt nicht souverän, viele Zuspiele im lauwarmen Bereich, wackelig im Aufbau. War diesmal meilenweit davon entfernt, ein Tor zu schießen - stattdessen musste er zusehen, dass ihm hinten nichts entglitt.

Joshua Kimmich

(Foto: Alexandra Beier/AP)

Trägt richtig viele "Bayern-Gene" in sich und wenn er bald geimpft ist, bestimmt auch ebenso viele Antikörper. War froh, diesmal nicht als alleiniger Sechser ins Getümmel zu müssen und bemühte sich um Ordnung auf der Salzburger Autobahn. Aber Jessas, wie es zuging, fast schon wie zur Festspielzeit. Nach der Pause mit mehr sichtbarer Chef-DNA, was den Bayern-Bemühungen deutlich auf die Sprünge half. Bekam von Camara einen Hieb ins Gesicht, das tat weh. Am Ende half es alles nichts, es war nicht sein Spiel.

Corentin Tolisso

(Foto: Alexandra Beier/AP)

Sollte es demnächst mal "koa Tolisso" heißen, weil er nach Liverpool oder sonst wohin geht, würde sich das Stöhnen bei den Bayern in Grenzen halten. Andererseits: Gerade ist's nicht schlecht, ihn zu haben, zumindest solange gilt: koan Goretzka. Konnte die Salzburger Rushhour nur bedingt beruhigen, für Contenance und Kontrolle fehlten ihm die Räume. Steigerte seinen Radius in der zweiten Hälfte, verteilte immerhin ein paar Bälle und trieb mit an. Doch auch dieser Elan verpuffte wieder.

Serge Gnabry

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Einer der sogenannten "Eckpfeiler" im Kader, der noch auf seine Vertragsverlängerung wartet. Steht aber nicht im Verdacht, wie Süle nach Dortmund zu wechseln. Bekam früh seine Chance, als er von der rechten Seite in den Sechzehner stach - aber seinen Schlenzer parierte RB-Goalie Köhn famos. War gefährlichster Münchner, versuchte es immer wieder und doch war es eng wie an den Skiliften in Flachau. Drängelte und drückte in den Sechzehner, aber es gab kein Durchkommen.

Thomas Müller

(Foto: Andreas Gebert/Reuters)

Ein waschechter Oberbayer wie er ist in Salzburg ja fast dahoam, von daher war es für ihn eigentlich "koa Auswärtsspiel". Und dann: Verhängnisvoller Ballverlust vor dem 0:1, es ging halt alles so schnell, da kamen auch die wundersamen Müllerbeine nicht hinterher. Unsaubere Aktionen, die ihn selbst richtig wurmten und ein Auftritt wie Bauchweh nach zu vielen Mozartkugeln. Irgendwann versuchte Teamkollege Gnabry einen Fallrückzieher - und schoss dabei Müller an. Man musste sich schon Sorgen machen um die Müllerbeine, aber dann bereitete der Müllerkopf das 1:1 vor.

Leroy Sané

(Foto: Andreas Gebert/Reuters)

Mag Salzburg als Gegner, schließlich traf auch er in den vorangegangenen Duellen zweimal gegen RB. Hat sich seither zu einem urleiwanden Zehner entwickelt und ging auch diesmal mit der gewohnten Finesse ins Spiel. Versuchte manches zu direkt, zu kompliziert, da kamen die Kollegen nicht mit. Setzte einen Kopfball aufs Tor und einen Volleyschuss weit drüber - bei aller Finesse, ihm fehlte einfach die sogenannte Durchschlagskraft.

Kingsley Coman

(Foto: Kerstin Joensson/AFP)

Könnte mit seinen Haken und Dribblings locker den Stau am Irschenberg umwedeln, vorbei am südlichen Chiemsee, bis nach Freilassing. Angekommen in Salzburg-West fand er dann aber einen Fußballabend voller Komplikationen vor. Gelangte selten in höhere Drehzahlen und vor allem in gefährliche Zonen des Spielfelds. Probierte mal einen Fernschuss, mal eine gekonnte Ballmitnahme - aber sein Gegenspieler Kristensen klebte an ihn wie ein Pickerl an der Windschutzscheibe. Doch das Ende hatte es in sich: Erst ein Slalomlauf a la Marcel Hirscher, da war RB-Keeper Köhn noch zur Stelle. Dann traf er doch noch zum 1:1.

Robert Lewandowski

(Foto: Anderas Gebert/Reuters)

Ein zweimaliger Wöödfußballer in Salzburg? Zum Narrischwerden eigentlich. Aber der Pole machte ganz auf Understatement. Verteilte ein paar Bälle, weil er selbst keinen Platz bekam. Mühte sich im Luftkampf gegen die zweifache Festung Hohensalzburg bestehend aus den Herren Solet und Wöber - beide leider um die 1,90 Meter. Blieb gegen diese beiden Türme erstaunlich wirkungslos, so dass man sich irgendwann fragte: Hatte sich Lewandowski heimlich irgendwo in Quarantäne begeben?

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: