FC Bayern Basketball:Der schüchterne Terrier

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2:0 für Nick Weiler-Babb (re.): Auch in der zweiten Partie in Bonn gewann Münchens Spielmacher das direkte Duell gegen Parker Jackson-Cartwright. (Foto: Juergen Schwarz/Imago)

Nick Weiler-Babb zeigt auf der ungewohnten Position des Spielmachers erneut eine herausragende Leistung, ist Topscorer und nimmt nebenbei den MVP der Liga aus dem Spiel. Die Münchner können nun in Spiel drei am Samstag ins Finale einziehen.

Von Ralf Tögel

Wenn man sich mit Nick Weiler-Babb unterhält, dann lernt man einen sehr freundlichen und bescheidenen Basketball-Profi kennen. Fast schüchtern wirkt der Guard manchmal, besonders, wenn er gerade eine bemerkenswerte Leistung gezeigt hat. Dann sagt er Sätze wie diesen: "Wir haben offensiv und defensiv als Team gespielt." Das war nach dem 59:52-Triumph in der Euroleague gegen den großen FC Barcelona, bei dem der 26-Jährige als Topscorer und unermüdlicher Kämpfer in der Abwehr maßgeblichen Anteil daran hatte, dass der FC Bayern das spanische Millionenensemble in ein fünftes Spiel um den Einzug in das Top Four der europäischen Königsklasse zwang.

Meist lässt Weiler-Babb lieber andere für sich reden, etwa seinen Chef Marko Pesic, mit Sätzen wie diesem: "Nick wird einer der besten Guards in der Euroleague, in der Abwehr ist er das jetzt schon." Der FCB-Geschäftsführer sagte dies lange vor den Playoffs, von ihm stammt auch jener Spruch: "Seit Nick auf den Kopf gefallen ist, spielt er in der Offensive immer besser. Aber bitte nicht falsch verstehen." Der Scherz bezog sich auf die Gehirnerschütterung des Guards, die er sich in der Partie bei den Hamburg Towers Anfang März zugezogen hatte und ihn danach einen Monat lang außer Gefecht setzte. Danach lief der Abwehrspezialist in der Tat zu großer Form auf, die bis heute anhält.

So war es erneut Weiler-Babb, der am Montagabend beim zweiten Sieg der Münchner bei den Telekom Baskets Bonn entscheidende Akzente setzte, vorne wie hinten. Beim hauchdünnen 82:81-Auswärtserfolg war er maßgeblich daran beteiligt, dass Bonns MVP, der wertvollste Spieler der Liga, zum zweiten Mal hintereinander nicht so in Erscheinung treten konnte wie im Laufe der Saison. Parker Jackson-Cartwright hatte im Viertelfinale die Hamburger mit 36 Punkten im Schnitt nahezu im Alleingang besiegt, nach 14 Punkten im ersten Spiel dieser Halbfinalserie gegen die Bayern gelangen ihm im zweiten nur noch elf. Für den besten Spieler der Liga ein mickriger Wert, was vornehmlich an Weiler-Babb lag.

Auch im zweiten Spiel gegen München kommt Bonns bestem Spieler der Liga schnell der Spaß abhanden

Dieser nämlich verfolgte Bonns Schlüsselspieler wie ein Terrier, um dessen gefürchtete, pfeilschnelle Dribblings zu verhindern. Kam Jackson-Cartwright mal vorbei, war Kapitän Nihad Djedovic zur Stelle. Und dann war da auch noch Center Othello Hunter, der, wenn Bonns Spielmacher doch mal zum Abschluss kam, Spaß daran hatte, dessen Würfe zu blocken. Wenig verwunderlich kam PJC, wie er in der Liga gerufen wird, auch im zweiten Aufeinandertreffen mit den Bayern der Spaß schnell abhanden. Zudem hatte ihm sein Coach Tuomas Iisalo einen Bärendienst erwiesen. Der Trainer des Jahres hatte nach der ersten Partie mehr Schutz für seinen Topspieler eingefordert und die harte Gangart des Gegners moniert. Die Münchner spielen tatsächlich eine sehr physische Defensive, was in der Euroleague Standard ist. Im Ringen mit den besten Teams des Kontinents hat man ansonsten nicht den Hauch einer Chance.

In Bonn nun kamen die Referees mit einer sehr kleinlichen Linie Iisalos Wunsch nach, was zur Folge hatte, dass sein Topspieler seinerseits schon nach 13 Spielminuten drei Fouls gesammelt hatte und angesichts der Tatsache, dass Spieler mit deren fünf ausscheiden, viel Zeit auf der Bank verbrachte. Immer wieder hatte Weiler-Babb das direkte Duell mit Jackson-Cartwright gesucht, der den Münchner Guard nur regelwidrig stoppen konnte. Bonns MVP saß so fast die Hälfte des Spiels auf der Bank und war erneut kein Faktor.

Weg da: Andreas Obst (re.), mit 17 Punkten zweitbester Münchner Punktesammler, im Duell mit Bonns Kapitän Karsten Tadda, dem Besten seiner Mannschaft. (Foto: Eibner-Pressefoto/Imago)

Im Gegensatz zu Weiler-Babb, der mit 18 Punkten, neun Rebounds und zwei Assists erneut der Spieler des Abends war. Ganz nebenbei war er es, der das Spiel der Bayern gestalten musste, denn in Zan Mark Sisko, Corey Walden und Darrun Hilliard fehlten alle drei etatmäßigen Point Guards. Aber Trainer Andrea Trinchieri fand erneut Lösungen für die Misere. Neben Weiler-Babb, der immerhin ein gelernter Spielmacher ist und erst in Ludwigsburg zum Shooting Guard umfunktioniert wurde, sprangen Ognjen Jaramaz und Andreas Obst in die Bresche. Nationalspieler Obst überzeugte ebenfalls erneut mit 17 Zählern und sicheren Distanzwürfen zur rechten Zeit. Und weil auch Deshaun Thomas selten vom Punkten abzuhalten ist (16), übernahmen die Gäste nach wiederum starkem Bonner Start am Montag langsam die Kontrolle. Bonn, das nach dem Auftaktviertel 25:21 führte und in Kapitän Karsten Tadda, im Übrigen ebenfalls ein Abwehrspezialist, mit 16 Punkten und vier Vorlagen seinen besten Akteur hatte, musste beim 35:38 durch einen Obst-Dreier den ersten Rückstand der Partie verkraften. Fortan war es ein offener Schlagabtausch, in dem die Bonner mit dem Wissen, dass die zweite Heimniederlage wohl zu viel sein würde, verbissen um ihre Chance kämpften.

In einer hektischen, aber enorm spannenden Schlussphase vor 6000 euphorisierten Zuschauern im erneut ausverkauften Telekom Dome führten die Gastgeber letztmals mit 74:72, glichen nochmals zum 79:79 aus - aber die Bayern konterten jedes Aufbäumen kühl und abgeklärt. Routinier Hunter war es, der zum Korb zog und gefoult wurde, sein Freiwurf bedeutete den knappen Sieg in einer Partie mit bestem Playoff-Zuschnitt: hitzig, eng, spannend, hoch emotional.

Am Samstag (18 Uhr) nun steht das dritte Spiel der Best-of-five-Serie an. Die Zweifel, dass München dann ins Finale einzieht, dürften gering sein. Dort wartet vermutlich Berlin zum Duell der beiden deutschen Euroleague-Teams. Der Meister gewann erwartungsgemäß seine beiden ersten Partien gegen Ludwigsburg.

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