FC Bayern: Interview mit George Alaba:"Jeder liebt ihn"

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David Alaba ist der neue Shootingstar des FC Bayern. Sein Vater George über den Weg seines Sohnes als Fußballer, seine Arbeit als DJ, Schlafen im Auto und die Vorzüge des FCB.

Gerald Kleffmann

Um 16 Uhr solle man George Alaba anrufen, aber um 16 Uhr sagt er, es ginge gerade nicht. 16.30 Uhr wäre besser. Er klingt fröhlich und doch aufgeregt, als um 17 Uhr das Gespräch klappt. Im Leben der Familie Alaba ist seit Kurzem nichts mehr, wie es war. Sohn David Alaba verzückt gerade die Fußballwelt, in der Champions League hatte er jetzt mit 17 Jahren seinen ersten Einsatz von Beginn an für den FC Bayern München. Er spielte klasse in Florenz, hinten links, längst ist auch Österreich aus dem Häuschen; David Alaba stammt von dort.

SZ: Herr Alaba, bei Ihnen ist ja viel los.

Alaba: Ja, das ist der Wahnsinn. Ein Wahnsinn. Ich hatte mit einigen Reportern einen Termin, ich kam gerade vom Nachtdienst, und sie sagten mir: Es dauert nur eine halbe Stunde. Ich sagte: Okay. Der nächste sagte: Komm, nur zehn Minuten, bitte! Ich habe kaum geschlafen nach dem Nachtdienst, und bald muss ich wieder arbeiten gehen.

SZ: Wen haben Sie heute getroffen?

Alaba: Das ZDF war da, vom Magazin News war einer da. Die wollten alles wissen, wo David gespielt hat, wie wir ihn erzogen haben, und und und.

SZ: Ganz ehrlich: Das interessiert uns auch, brennend sogar.

Alaba: Moral ist ganz wichtig, das wollte wir ihm mit auf den Weg geben. Afrikanisch-asiatisch-europäische Moral. Das Beste von den drei Kontinenten, nicht? Das haben wir versucht zu verbinden. David ist ja in Wien geboren.

SZ: Was ist afrikanisch an David?

Alaba: Ich würde sagen, sein Ehrgeiz. Und er hat einen großen Willen. Ja, das ist sehr afrikanisch, was da in ihm steckt.

SZ: Was ist österreichisch an ihm?

Alaba: Seine Disziplin. Er arbeitet immer an sich, er ist sehr fleißig.

SZ: Und sicher hat er auch etwas von der Mutter? Sie ist eine Philippinin, sie war eine Schönheitskönigin und arbeitet nun als Krankenschwester.

Alaba: Oh ja, oh ja. Von ihr hat er den Respekt. Man muss Respekt im Leben haben. Aber es ist natürlich auch schwer, ihn in allen Aspekten zu definieren.

SZ: Ihr Sohn sei auf jeden Fall ein lieber Kerl, das sagen alle bei den Bayern.

Alaba: Oh ja. Ich bin sehr stolz auf ihn. In ihm strahlt so viel, das ist schön.

SZ: Um Ihren Sohn kennen zu lernen, wäre es hilfreich, über Sie etwas zu erfahren. Ihr Leben ist ja spannend verlaufen.

Alaba: Ja, ich bin als Student nach Österreich gekommen. Ich hatte einen Schulkameraden in Nigeria. Sein Onkel arbeitete bei der UNO in Wien. Er hat uns beide nach Wien eingeladen. Ich bin geblieben und habe Wirtschaft studiert, auf der Uni. Aber ich habe die Wirtschaftslehre nicht beendet. Ich habe mich mehr auf die Musik konzentriert.

SZ: Stimmt es dann gar nicht, dass Sie politisches Asyl erhalten hatten? Das schreiben hier in München alle.

Alaba: Asyl? Nein, nie (lacht laut).

SZ: Da sehen Sie mal, wie wenig alle noch von den Alabas wissen. Sind Sie dann auch Österreicher geworden?

Alaba: Ja, ich war sogar bei der Bundeswehr. Ich bin ja Österreicher. Wenn man länger als zehn Jahre hier lebt, kann man den Pass erhalten. Ich war bei der Garde. Dort muss man eine Ausbildung zum Grundwehrdiener machen, acht Monate lang. Dann bin ich Gefreiter geworden. Das war auch super. Es gab eine Dokumentation über mich im ORF.

SZ: Wieso?

Alaba: Ich war der erste Schwarze bei der Garde, zusammen mit einem Freund.

SZ: Das passt ja. Ihr Sohn ist auch stets der Erste: der jüngste Spieler hier, der jüngste dort, ein Überflieger.

Alaba: Darum wurde auch einmal geschrieben: Die Alabas sind immer die Ersten (lacht laut).

SZ: Die Musik ist Ihre Leidenschaft, Sie arbeiten nachts als DJ. Wie konnten Sie mit einem völlig anderen Lebensrhythmus Ihren Sohn erziehen?

Alaba: Wir mussten natürlich immer sehr viel planen. Wenn er trainiert hat, habe ich mich ausgeruht. Und vor Spielen zum Beispiel schlafe ich im Auto.

SZ: Im Auto? Auf dem Parkplatz?

Alaba: Ja. Ich schlafe im Auto, und dann kommt meine Frau, klopft an die Fensterscheibe und weckt mich. Dann schaue ich mir in Ruhe das Spiel an. Und dann fahre ich wieder nach Hause und schlafe vor der Arbeit noch einmal. Es ist hart, aber wir arbeiten eben hart, das ist kein Problem. Ich habe mir immer die Zeit für David genommen und ihn gefördert.

Auf der nächsten Seite: George Alaba über die Frage, ob David in den Nachtclub kommt, in dem er arbeitet, und seine Zukunft als DJ.

SZ: Stimmt es, dass David nicht in die Nachtclubs darf, in denen Sie arbeiten?

Alaba: Er darf schon kommen, er war auch einmal dort. Aber er weiß, das ist eine andere Ebene, eine andere Welt. Er kam einmal mit seinen Freunden. Aber es interessiert ihn nicht so.

SZ: Haben Sie einen festen Club, wo Sie auflegen oder verschiedene?

Alaba: Momentan arbeite ich nur im Beverly Hills Club. Der Club ist eine Disko in Verbindung mit Gogo.

SZ: Oh.

Alaba: Es gibt eine Tanzfläche, dort wird gefeiert, es gibt Partys, und dazu lege ich die Musik auf.

SZ: Werden Sie oft wegen Ihres Sohnes angesprochen?

Alaba: Oh ja, sehr oft. Es freut sich jeder total. Das ist unbeschreiblich.

SZ: Dann gehen die Männer gar nicht mehr wegen der Frauen ins Beverly Hills, sondern wegen dem DJ.

Alaba: Nein, nein. Aber es kommt schon vor, dass Leute extra kommen, die zuvor etwas über uns in der Zeitung gelesen haben. Aber die Leute kommen hauptsächlich, um Spaß zu haben.

SZ: Welche Art von Spaß ist das denn? Sie gehen ja sehr offen mit Ihrem Beruf in dem Club um, das ist toll.

Alaba: Ja, aber es ist ja nicht etwas Schlimmes. Es ist nur Gogo und kein Prostitutionslokal. Es gibt dort keinen Kontakt mit den Frauen oder sogar Sex. Das ist nur eine reine Gogotanzerei, und es gibt nur Musik. Mehr ist das nicht. Die Leute tanzen, trinken, amüsieren sich. Ein Puffhaus ist was ganz anderes.

SZ: Das ist ein spannendes Thema, aber bleiben wir doch bei David. Wann ist Ihnen aufgefallen, dass er Talent hat?

Alaba: Da war er jung. Er hat immer im Hof und auf dem Spielplatz mit Kindern gespielt, jeden Tag. Danach ist er in die Schule gekommen und hat dort weiter gespielt. Andere Eltern haben ihn gesehen und waren sofort begeistert, wie er Fußball spielt. Sie fragten: Spielt David schon in einem Verein? David ist dann mit zehn zu seinem ersten Verein gekommen. Spät, sagen viele, nicht? Aber das Talent ist immer da gewesen. Er hat ja immer gespielt, im Hof und so.

SZ: Haben Sie geahnt, dass er eine Karriere als Profi machen könnte?

Alaba: Ich habe es mir gewünscht und gehofft. Aber dass es so schnell vorangeht, ist überraschend. Wir haben immer dafür gebetet, dass er den Weg bis nach oben schafft.

SZ: David hatte auch Anfragen von Manchester, Liverpool ...

Alaba: ... von überall.

SZ: Wie kam er zum FC Bayern?

Alaba: Als David mit Austria Wien bei einem Jugendspiel in Tirol gespielt hat, war Herr Werner Kern da, das ist der Jugendleiter des FC Bayern. Er hat David beobachtet und ihn entdeckt. Das war bei der U17, David war erst 15. 2007 hat er beim Premier Cup in Manchester gespielt, nur die weltbesten Jugendteams nehmen dort teil. Er hat in Manchester super gespielt. Das fiel natürlich auf.

SZ: Und warum ging er zu Bayern?

Alaba: Bayern München hat sich einfach mehr um ihn gekümmert als die anderen. Es sind einfach viele Vorteile da von unserer Seite her. Die Sprache ist vertraut, und München ist nicht weit.

SZ: Am 24. Juni wird David 18 Jahre alt. Er soll einen Profivertrag erhalten.

Alaba: Jawohl.

SZ: Sie beraten ihn noch immer?

Alaba: Ja, bisher schon, ich habe noch keinen Berater genommen. Man muss da sehr vorsichtig sein.

SZ: Wie verändert sich die Situation, wenn der Profivertrag da ist? Beim FCBayern verdienen Spieler sehr viel Geld. Werden Sie weiter als DJ arbeiten?

Alaba: Das weiß ich noch nicht. David ist ein Bub, der sagt: Ich tue alles für meine Eltern. Wenn er viel verdient, wird er bestimmt sagen, du brauchst nicht mehr arbeiten gehen. Aber wir müssen uns erst die Situation anschauen. Mir macht meine Arbeit Spaß. Das Geld von ihm muss man auf jeden Fall gut anlegen, damit er auch Rücklagen hat.

SZ: Hat David Geschwister?

Alaba: Oh ja. Eine Schwester. Sie ist 15 und heißt Rosemaie. Wie Rosemarie, nur ohne r. Wir hoffen, dass sie im Sommer eine CD rausbringt. Sie singt. Sie hat eine super Stimme und spielt Gitarre und Klavier. Die CD wird von meinem damaligen Produzenten produziert.

SZ: Als Sie noch mit der Sängerin Petra Suk die Band Two in One hatten und es mit dem "Indian Song" auf Platz zwei der österreichischen Charts schafften. Was macht die Tochter?

Alaba: Dancefloor. Richtung Ich&Ich, Papermoon und Cassandra Steen. Mein Produzent Alexander Kahr hat auch Christina Stürmer produziert.

SZ: Stimmt die Geschichte, dass sich die Philippinen auch für David interessiert haben?

Alaba: Ja, sie haben ihn schon zweimal angeschrieben. Aber er würde immer für Austria spielen. Das ist seine Heimat, hier hat er alles erlebt und seine Kindheit verbracht. Seine Freunde sind bei der Nationalmannschaft.

SZ: Eine politisch nicht unheikle Frage: Fußballfans können manchmal gemein sein und hässliche Sachen rufen. Hat Ihr Sohn schon Rassismus zu spüren bekommen?

Alaba: Er hatte noch nie Probleme, ich auch nicht. Es kommt doch immer drauf an, wie man mit den Leuten umgeht. David wurde immer voll akzeptiert, weil er offen und ehrlich ist und freundlich auf Menschen zugeht. Man merkt doch wirklich keine Unterschiede wegen seiner Hautfarbe. Jeder liebt ihn. Seine Telefon klingelt fast alle zehn Sekunden.

SZ: Nun wird er sicher noch begehrter.

Alaba: Ja, und da werden wir auf ihn aufpassen. Er fühlt sich superwohl bei Bayern, er wurde super aufgenommen.

SZ: Wann sind Sie wieder in München, um Bayern und David zu sehen?

Alaba: Ich versuche, jetzt zum Freiburg-Spiel zu kommen. Bei Heimspielen bei Bayern II war ich auch immer dabei.

SZ: Herr Alaba, vielen Dank für das Gespräch und dass Sie sich Zeit genommen haben. Wann müssen Sie arbeiten?

Alaba: Ich arbeite von 21.30 Uhr bis 5 Uhr in der Früh. Ich geh jetzt schlafen.

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