FC Bayern in Köln:Bayern siegt nach Science-Fiction-Reflex

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Brachte den FC Bayern in Stürmermanier in Führung: Javi Martinez (Foto: dpa)
  • Der FC Bayern gewinnt in Köln durch Tore von Javi Martinez, Juan Bernat und Franck Ribéry mit 3:0 und vergrößert seinen Vorsprung in der Bundesliga.
  • Für Köln ist es die erste Niederlage nach zuvor zwölf erfolgreichen Heimspielen.
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Von Matthias Schmid

Fast 35 Jahre musste Carlos Ancelotti warten, um so etwas wie Wiedergutmachung in Köln zu finden. Als 23-jähriger Bursche war er schon mal zu Besuch im Müngersdorfer Stadion, er lief damals für den AS Roma auf und verlor das Achtelfinalhinspiel im damaligen Uefa-Cup mit 0:1. "Ich habe gegen Bonhof gespielt, das war ein sehr schwieriges Spiel", erinnert sich der Italiener an die harte Privatfehde gegen den deutschen Weltmeister von 1974.

Um besser nachfühlen zu können, wie lange das Spiel schon zurückliegt, muss man sich ein paar markante Ereignisse von damals zurück ins Gedächtnis rufen: Helmut Kohl war kurz davor erstmals zum Bundeskanzler gewählt worden, der Hamburger SV war amtierender deutscher Meister - und als einziger Bayern-Spieler war im November 1982 Xabi Alonso geboren.

Der Spanier nahm bei Ancelottis Rückkehr nach Köln auf der Bank Platz. Es war eine von fünf Veränderungen nach dem Sieg im DFB-Pokal gegen den FC Schalke 04. Im Vorfeld der Partie hatte der Bayern-Cheftrainer noch etwas geschwindelt, was seine Haltung zur Rotation anbelangt. Er werde die Anfangself nicht groß ändern, hatte Ancelotti angekündigt: "Ich habe Vertrauen, weil wir im Moment gut sind."

Doch er entschied sich für größere Umbaumaßnahmen im Angriff, hinter Robert Lewandowski stürmte mit Douglas Costa (links), Thomas Müller (Mitte) und Kingsley Coman (rechts) eine komplett neue Offensivreihe. Die ersten beiden Tore schossen am Ende aber nicht die Angreifer, sondern die Abwehrspieler Javi Martinez (25.) und Juan Bernat (48.), ehe in der Schlussminute noch der eingewechselte Franck Ribéry auf 3:0 (1:0) erhöhte. Mit dem lockeren Sieg fügten die Bayern den Kölnern die erste Niederlage im heimischen Stadion seit fast zwölf Monaten zu. In der Tabelle vergrößerten die Münchner ihren Vorsprung vor RB Leipzig auf sieben Punkte. "Wir haben gut gespielt heute", bekannte Ribéry, "weil Köln eine gute Mannschaft hat und bisher eine hervoragende Saison spielt."

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In den Anfangsminuten hatte es tatsächlich noch nicht nach einem entspannten Nachmittag für die Münchner und Ancelotti ausgesehen, der 57-Jährige musste von draußen mitansehen, wie Simon Zeller in der sechsten Minute Phillip Lahm so lässig ausspielte, als würde es sich um einen F-Jugendlichen handeln und nicht um einen wahrhaftigen Weltmeister. Doch Manuel Neuer hielt den Pass nach innen fest.

Dem Nationaltorhüter hatten es die Münchner auch zu verdanken, dass sie wenig später nicht schon früh einen Gegentreffer hinnehmen mussten. Neuer klärte einen Kopfball von Yuya Osako aus zehn Metern Entfernung auf so spektakuläre Art und Weise, dass seine Flugeinlage in keinem Jahresrückblick fehlen wird. Neuer schnellte so rasant ins linke Toreck, als hätte er Sprungfedern in den Beinen und lenkte den Ball gerade noch mit den Fingerspitzen um den Pfosten. Es war ein Reflex wie aus einem Science-Fiction-Film. Und für Bayern das Signal, das Spiel nun sehr viel seriöser zu nehmen.

Das taten sie dann auch, sie waren urplötzlich in Kopf und Beinen schneller als die Kölner und erspielten sich Chancen fast im Minutentakt. Robert Lewandowskis Kopfball wischte Kölns Torhüter Thomas Kessler über die Latte (21.). Auch David Alabas tückischer Distanzschuss wehrte der FC-Kapitän kurz danach ab. Nichts mehr machen konnte er aber gegen Javi Martinez, der Spanier stand nach einem Zuspiel von Arturo Vidal dort, wo Lewandowski normalerweise immer steht. Und weil Martinez schon so oft zugeschaut hat beim Polen, tat er es ihm einfach gleich und drückte den Ball in Stürmermanier per Innenrist zur Führung ins Tor (25.). Und Thomas Müller? Der hatte in der ersten halben Stunde weniger Ballkontakte als Kölns Torhüter. Nämlich fünf, während Kessler auf zwölf kam.

Bei Bayern schießen diesmal die Verteidiger die Tore

Doch die Münchner sind ja im Moment nicht auf Müllers Tore angewiesen, sie haben ja auch Verteidiger, die treffen. Nach Martinez erhöhte kurz nach der Pause Juan Bernat auf 2:0 (48.). Sein als Pass gedachtes Zuspiel landete gänzlich unverhofft im Tor, weil Pawel Olkowski den Ball so unglücklich abgefälscht hatte. Wenig später hatte der Spanier Glück, dass Schiedsrichter und Allgemeinmediziner Jochen Drees ein elfmeterwürdiges Foulspiel im eigenen Strafraum an Frederik Sörensen übersah. Am Spielausgang hätte das wohl nichts mehr geändert. Die Bayern traten zu überlegen auf, zu selbstsicher und abgeklärt, als dass sie ein Gegentor in größere Kalamitäten hätte stürzen können. Kurz vor Schluss stellte noch Ribéry nach einem feinen Pass von Bernat den 3:0-Endstand her. Das Rückspiel damals gegen Köln gewann Ancelotti übrigens mit dem AS Rom 2:0.

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