FC Bayern in der Einzelkritik:Alaba verdient sich den silbernen Hogwarts-Express

Der Linksverteidiger bereitet das Siegtor vor. Vidal ist Bayerns Braveheart. Und der Hadrianswall um Boateng und Süle wirkt nicht immer stabil. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Von Martin Schneider, Glasgow

Sven Ulreich

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(Foto: Getty Images)

Von allen möglichen Stürmer-Ersatz-Optionen war Sven Ulreich die unwahrscheinlichste. Weil er nun mal per Jobdefinition eher defensiv spielt und für seine Arbeit die Hände benutzt - und was macht er? Serviert Kingsley Coman mit dem Fuß einen Pass wie feinsten Scotch zur Führung. Dass der Torwart wie ein Stürmer dachte und der Stürmer den Ball dann wie ein Torwart mitnahm (mit dem Arm, zumindest sah es so aus), passte zu dieser kuriosen Bayern-Aufstellung, in der sich die Positionen auflösten wie Eiswürfel in einem fassgereiften Single Malt. Verhinderte in der 49. Minute mit einer Parade gegen Stuart Armstrong, dass dieser einen großen Schritt für Celtic machte. Bekam dann gegen Callum McGregor die Beine nicht zusammen.

Rafinha

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(Foto: AP)

Besitzt die Galligkeit eines gälischen Gangsters, wird aber in diesem Leben kein filigraner Feinfuß mehr. Verrichtete aber seine Arbeit als Rechtsverteidiger so gewissenhaft wie ein Dockarbeiter im Hafen von Glasgow. In einem Spiel, in dem kein Bayern-Spieler den Pinsel-Preis für ein schönes Gemälde bekam, war das erstaunlich gut - bis er McGregor beim Gegentor nicht abgelaufen bekam.

Jérôme Boateng

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(Foto: AFP)

Spielte aus der Abwehr heraus Bälle, die über den Rasen segelten wie Golf-Abschläge in Gleneagles. Zum entscheidenden Putt hätte es dann halt noch einen Stürmer gebraucht, aber da vorne stand halt keiner (siehe James). Bildete zusammen mit Niklas Süle einen nicht immer stabilen bayerischen Hadrianswall gegen die Kelten. Ließ sich zum Beispiel mal von Moussa Dembélé auswackeln, als wäre es Ousmane Dembélé.

Niklas Süle

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(Foto: dpa)

Wäre von allen Bayern-Spieler derjenige mit den besten Chancen bei den Highland-Games und würde im Zweifel auch einen Baumstamm annehmbar weit werfen. Wirkte aber neben dem eleganten Boateng ein bisschen hölzern. Der schnelle James Forrest auf seiner Seite lief oft auf ihn zu, als wäre er James Forrest Gump, aber Süle bieb standhaft.

David Alaba

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(Foto: AFP)

Bekommt die goldene Dienstmarke von Scotland Yard für die Rettungsaktion des Spiels. Grätschte in der 30. Minute fast auf der Torlinie noch Moussa Dembélé ab. Bekommt außerdem den silbernen Hogwarts-Express für die meisten Meter auf der Außenbahn. Belohnte sich für seine Mühe mit der letztendlich entscheidenden Flanke auf Javi Martínez zum 2:1.

Arturo Vidal

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(Foto: Action Images via Reuters)

Braveheart des FC Bayern, bemalter als Mel Gibson und aggressiver als William Wallace in der Schlacht von Falkirk. Spielte so schottisch, dass er sich ab jetzt Arthur MacVidal nennen darf. Sprich: Nahm jeden Zweikampf an, ging zu jeder Grätsche runter, und als ihm Gegenspieler Scott Brown ein paar mitgab, nahm er das klaglos hin. Wirkte ein bisschen unbeholfen, weil er in Abwesenheit von Thiago und Sebastian Rudy das Spiel organisieren sollte, und es gilt die alte Regel: Ein Soldat ist kein General. Als er es mal mit einem Torschuss versuchte, flog der Ball übers Tor und landete irgendwo zwischen Orkney Inseln und Äußeren Hebriden. Egal, erfüllte seine Aufgabe. Mit MacVidal an der Spitze gewinnt man jeden Freiheitskampf. Bis der Krieger fällt oder ausgewechselt wird. Musste in der 59. Minute für Sebastian Rudy runter.

Javi Martinez

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(Foto: REUTERS)

Geht nicht so offen aggressiv in die Zweikämpfe wie Vidal. In Spielen, in denen er Zweikämpfe nicht durch gutes Stellungsspiel vermeiden kann, wird er eher zum verkappten Rugbyspieler und ringt sich durch die Mann-gegen-Mann-Duelle. Leistete sich nach wenigen Minuten schon zwei Fouls, kann aber auch im Gegensatz zu Vidal damit ein Spiel gefahrlos bis zum Ende spielen. Setzte seinen gefühlt 20. Kopfball-Versuch in den letzten Bayern-Spielen zum Tor des Tages ins Netz. Knallte dabei mit Nir Bitton mit dem Schädel zusammen, dass er diesen Abend ein Schädelbrummen in Dudelsack-Lautstärke haben wird. Ließ sich ein Pflaster übers Auge kleben und dudelte das Spiel souverän zu Ende.

Corentin Tolisso

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(Foto: dpa)

Hätte im zentralen Mittelfeld das Spiel prägen sollen, verschwand aber wie ein Kilt auf einer Karo-Decke. In seiner Unscheinbarkeit zwar fehlerfrei (Passquote von 97 Prozent), aber als sich Sebastian Rudy in der 59. Minute von der Bank erhob, rechnete man eigentlich fest damit, dass Tolisso gehen muss. Aber Heynckes entschied sich, ihn als stabilere Variante auf dem Feld zu lassen und Vidal rauszunehmen. Ging dann in der 84. Minute für Joshua Kimmich. Als Spielstabiliserer gut. Als Spielantreiber eher nicht.

Arjen Robben

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(Foto: AFP)

Spielt normalerweise nach dem Prinzip Highlander: Es kann nur einen geben. War aber in einem Spiel, in dem er eigentlich als Stammesführer (Kapitän) gefordert gewesen wäre, zu unauffällig. Gut, unsterblich hätte er sich eh nicht machen können, aber als er rund um die 60. Minute dann mal alleine durch die gegnerische Hälfte sprintete, hätte er ruhig eigensinniger sein dürfen, statt den Umweg über James zu nehmen. Was der Tod des Konters war.

Kingsley Coman

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(Foto: AFP)

Lief in den ersten Minuten in der Offensive herum wie ein aufgescheuchtes Moorschneehuhn. War oft am Ball und oft zu hektisch. Als er einen Ball aus kurzer Distanz verstolperte, und man dachte, er hätte auch die Torgefahr eines Huhnes, verwandelte er den langen Ball von Sven Ulreich zum 1:0. Spielte ein bisschen nach dem Trial-and-Error-Prinzip. Vesuchte viel, viel ging schief - aber erstaunlich viel klappte auch. Reichte an diesem Tag, um entscheidender Bayern-Spieler zu sein.

James Rodríguez

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(Foto: AFP)

Lief als hängende Spitze auf und nahm sich vor allem das Adjektiv dieser Wortkombination zu Herzen. Hing so tief, dass von Spitze nicht mehr viel übrig war und riss damit ein Loch so groß wie Ness und Lomond in den bayerischen Angriff. Versuchte ungeheuer viel, aber es gelang monströs wenig. Der berühmteste James in Schottland wird Sean Connery bleiben.

Sebastian Rudy

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Kam für Arturo Vidal, und vielleicht lag es auch daran, dass Celtic dann irgendwann zu mehreren Chancen kam. Nicht so aggressiv wie der Chilene und nach vorne nicht mit den prägenden Pässen wie in der Bundesliga gegen Leipzig. Verhinderte den entscheidenden Querpass auf McGregor beim Gegentor nicht. (Archivbild)

Joshua Kimmich und Thiago

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Erlebten auch noch die Atmosphäre im Celtic-Park und machten keine Fehler mehr. (Archivbild)

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