FC Bayern in der Bundesliga:Ancelotti will raus aus Guardiolas Schatten

Lesezeit: 2 min

Will wieder den Henkelpott: Carlo Ancelotti, hier noch Trainer von Real Madrid. (Foto: dpa)

Dazu braucht er den Titel in der Champions League, weiß der Bayern-Trainer. Darin steckt auch eine Chance für RB Leipzig.

Kommentar von Javier Cáceres

Die Couch ist eine überaus bequeme Sitzgelegenheit, die seit geraumer Zeit eine wundersame Beziehung zur Deutschen Fußball-Meisterschaft pflegt. Im Mai 2015 setzte sich in der Öffentlichkeit die Interpretation durch, dass der FC Bayern München seine 25. Meisterschaft "auf dem Sofa" holte. Damals begab es sich, dass die Belegschaft des (mittlerweile 26-maligen) Meisters auf dem Kanapee zusah, wie der damalige Bayern-Jäger VfL Wolfsburg die letzte mathematische Chance verspielte, die Münchner noch abzufangen.

In dieser Spielzeit ist wieder von einer Couch die Rede - jener, auf der es sich RB Leipzig kommod macht, derweil der FC Bayern in der Königsklasse reüssiert. "Die haben natürlich den Vorteil, dass sie während der Woche immer auf der Couch liegen, wenn wir im Champions-League-Rhythmus sind", sagte unlängst Bayern-Präsident Uli Hoeneß mit Blick auf den bundesweit geschmähten RBL, der seit Saisonbeginn die Liga aufmischt.

Am Mittwoch nun reist die sächsische Couch-Potato nach München - und wird die letzte Partie des Kalenderjahres mindestens punktgleich mit dem FC Bayern oder gar als alleiniger Tabellenführer angehen. Denn Leipzig darf sich an diesem Sonntag vom Sofa aus ansehen, was der FC Bayern so in Darmstadt treibt.

Leipzig spielt kompromisslos in Berlin

Es gibt im Fußball nichts, was es nicht gibt, und es gibt nur wenig, was es noch nie gegeben hat. So ist es nur statthaft, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob aus Leipzig nicht ein ähnlich nachhaltiger Meisterschaftskandidat wird wie es der 1. FC Kaiserslautern in jener Saison war, in der die Pfälzer als (erster und bislang einziger) Aufsteiger Meister wurden. Der Samstag lieferte Argumente dafür. Leipzig besiegte mit Hertha BSC nicht nur den bisherigen Tabellendritten, sondern auch einen der unangenehmsten Gegner, den die Liga derzeit hergibt. Und das, nachdem die Leipziger ihre erste Saisonniederlage zu verarbeiten hatten.

Wer meinte, die Pleite der vergangenen Woche in Ingolstadt könne langfristige Folgen zeitigen, sah sich getäuscht: Die Leipziger agierten gegen die Berliner mit einer Kompromisslosigkeit, die nur maßlose, jugendliche Ambition hervorzurufen vermag.

Bundesliga
:FC Bayern will Süle und Rudy

Die Münchner stehen vor der Verpflichtung der beiden Nationalspieler aus Hoffenheim. Laut SZ-Informationen sind nur noch Details zu klären.

Vielleicht taten sie das auch in dem Wissen, dass der Vorgesetzte ihrer Kollegen vom FC Bayern just in dieser Woche seinen eigenen Ehrgeiz relativierte. In einem spanischen Sportblatt erklärte Carlo Ancelotti, dass er Geschichte schreiben will - aber nicht als Coach, der die Bayern zu einem historischen fünften Bundesliga-Titel in Serie führen will. Sondern als erster Trainer, der vier Mal die Champions League gewinnt.

Mit Leipzig ist zu rechnen, so oder so

Als er gefragt wurde, welchen Titel er bevorzugen würde - Champions League oder nationale Meisterschaft? -, verzichtete auf jene so oft heuchlerisch anmutende Äquidistanz und antwortete ohne Umschweife: "Königsklasse!" Weil er ahnt, spürt und weiß, dass es des Henkeltopfs bedarf, um den Schatten zu besiegen, den der Fußball seines Vorgängers Pep Guardiola wirft. Weil er nach den Titelgewinnen mit dem AC Milan (2003 und 2007) sowie Real Madrid (2014) bestens weiß, wie sich die wichtigste Klubtrophäe der Welt anfühlt. Und weil er aus der eigenen Biographie weiß, dass es nahezu unmöglich ist, nationale Meisterschaft und Champions League gleichzeitig zu gewinnen.

Ob er sich also die Bundesliga lieber vom Divano aus anschaut, wie Sofa auf Italienisch heißt? Das ist alles andere als gewiss. Sicher ist dafür etwas anderes: Dass Ancelotti bestens weiß, dass es durchaus möglich ist, den nationalen Meistertitel zu verspielen, obschon man den besten Kader einer Liga zur Verfügung hat. In seiner ersten Saison bei Paris Saint-Germain wurde Ancelotti Zweiter, Meister wurde Außenseiter HSC Montpellier. Mit Leipzig also ist zu rechnen, so oder so.

© SZ vom 18.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Probleme beim FC Bayern
:Die beste Innenverteidigung der Welt?

Verletzungen wie die von Jérôme Boateng sprengen regelmäßig die Wunsch-Abwehrformation des FC Bayern. Das macht die Mannschaft anfällig.

Von Benedikt Warmbrunn

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: