FC Bayern gewinnt Testturnier:Lewandowski beendet das Geduldsspiel

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Robert Lewandowski (Mi.): verlässlicher Stürmer beim FC Bayern (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der eingewechselte Angreifer des FC Bayern trifft zum 1:0 im Testspiel gegen Real Madrid - ein Zeichen auch an den Trainer: Pep Guardiola hatte lange auf einen echten Stürmer verzichtet.

Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn, München

In diesen Tagen wird ja jede Geste von Pep Guardiola gedeutet, und daher soll nicht unerwähnt bleiben: Vor dem Testspiel gegen Real Madrid am Mittwochabend in der Münchner Arena hatte sich der Trainer des FC Bayern umgezogen. Als er wenige Sekunden vor dem Anpfiff aus den Katakomben auftauchte, hatte er ein Polo-Shirt in einem sommerlichen Schweinchenrosa an, eine gute Wahl, sportlich und doch elegant. Vor allem war es keine politische Wahl.

Als die Mannschaft mit dem Bus an der Arena ankam, hatte Guardiola noch ein bedrucktes T-Shirt an, nicht zu überlesen waren die dicken Buchstaben "CAT". Die Abkürzung für seine Heimat Katalonien, für deren Unabhängigkeit von der Zentralregierung in Madrid sich Guardiola so sehr engagiert. Es schien so, als sei Guardiola wie so oft in diesen Tagen auch am Mittwoch wieder ein bisschen auf Krawall gebürstet. Aber dann wechselte er ja noch das Oberteil.

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Der Trainer des FC Bayern nutzte dieses Finale eines zweitägigen Vorbereitungsturniers also nur dezent für ein politisches Statement. Er nutzte es aber sehr wohl für weitere sportliche Experimente. Sein Team besiegte Real Madrid 1:0 (0:0), was durchaus bemerkenswert war. Denn eine dieser Ideen, für die Guardiola das Testspiel nutzte, war, dass er eine Halbzeit lang ohne echte Sturmspitze spielen ließ.

Im Vergleich zum Halbfinale am Abend zuvor, dem 3:0 gegen den AC Mailand, stellte Guardiola seine Startelf auf fünf Positionen um. Das reichte, um die Strategie komplett zu verändern.

Komplett dicht im Zentrum

Hatte Guardiola gegen Mailand noch demonstriert, dass seine Mannschaft durch die Zugänge Arturo Vidal und Douglas Costa in dieser Spielzeit noch dynamischer auftreten kann, so veranschaulichte er gegen Real Madrid eine andere Qualität seines Kaders. Der Trainer stellte so viele Mittelfeldspieler auf, dass das Zentrum komplett verdichtet war. Getrieben war Guardiola in dieser Wahl vermutlich von der Erinnerung an das Champions-League-Halbfinale 2014, als der FC Bayern von eben jenem Real Madrid gnadenlos ausgekontert wurde.

Guardiolas Mittelfeld in diesem Testspiel gegen Madrid bestand also zunächst aus: Xabi Alonso, Philipp Lahm, Arturo Vidal, dem Linksaußen Douglas Costa, dem Rechtsaußen Mario Götze. Hinzu kam Thomas Müller, der zwar noch am ehesten in einer stürmerähnlichen Position spielte. Er war aber auch oft an der Mittellinie zu finden, einmal dirigierte er sogar die Abseitsfalle. Das Sturmzentrum war dadurch allerdings weitgehend unbesetzt. Und so fehlten der Partie lange die Strafraumszenen.

Der FC Bayern hatte mehr Ballbesitz, setzte auch zu der einen oder anderen Passfolge an. Doch diese wurden meist noch im neutralen Raum verschluckt. Dieser Klassiker zwischen dem FC Bayern und Real Madrid, an diesem Abend eineinhalb Wochen vor dem Bundesliga-Auftakt entwickelte er sich zunächst zu einer etwas trägen Angelegenheit.

Die Mannschaften schoben den Ball bevorzugt rund um die Mittellinie hin und her, gelegentlich starteten die Gäste einen abrupten Konter, Daniel Carvajal und Isco überrannten ihre Münchner Bewacher dann an der Seitenlinie. Doch bevor sie den Ball in die Gefahrenzone bringen konnten, war die Münchner Abwehr schon wieder organisiert. Der erste Torschuss der Partie kam vom ehemaligen Münchner Toni Kroos, er schoss knapp vorbei (8.).

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Erst nach der Hälfte der ersten Halbzeit erhöhte der FC Bayern das Tempo in seinen Kombinationen, was auch daran lag, dass Costa besser in diese integriert wurde. In der 27. Minute wurde ein Torschuss von ihm abgeblockt. Vier Minuten später verfehlte Müller nach einer flinken Passfolge das Tor um wenige Zentimeter. Ein abgefälschter Distanzschuss von Müller landete am Pfosten (38.), einen Versuch von Götze wehrte Real-Torwart Keylor Navas glücklich ab; zuvor war er mit Müller zusammengestoßen.

In der zweiten Halbzeit schenkte Guardiola dann der Partie das, was dieser lange gefehlt hatte: Er wechselte Robert Lewandowski, bei dem es sich unbestritten um einen Angreifer handelt. Eine Maßnahme, die tatsächlich Wirkung zeigen sollte. Zunächst allerdings sorgte wieder Kroos für Gefahr, mit einem Freistoß, den FCB-Torwart Manuel Neuer mit den Fingerspitzen abwehren konnte (51.).

Dann war erstmals ein Stürmer gefragt.

Costa setzte zu einem seiner an diesem Abend seltenen Sololäufe an, umkurvte zwei Verteidiger, flankte in die Mitte, dort stand Lewandowski, der Angreifer. Navas lag auf dem Boden, das Tor war leer - und Lewandowski rutschte der Ball über den Schuh, er kullerte am Pfosten vorbei (61.).

Bayern wird überlegen

Drei Minuten später schoss Real zum dritten Mal aufs Tor, zum dritten Mal schoss Kroos, zum dritten Mal sehr gefährlich; Neuer wehrte mit den Fäusten ab.

Anschließend wurde die Begegnung durch die zahlreichen Wechsel etwas zerfahren, der FC Bayern war nun jedoch klar überlegen, Real riegelte nur noch mit acht Mann den eigenen Strafraum ab. Es entwickelte sich ein Geduldsspiel. Der eingewechselte Pierre-Emile Højbjerg scheiterte mit einem kraftvollen Versuch aus der Distanz (78.), genauso wie Costa (86.).

Es musste, selbstverständlich, ein Stürmer helfen.

Die 88. Spielminute, Freistoß von Douglas Costa, Lewandowski stand vor Navas, spitzelte den Ball an ihm vorbei über die Linie. Dann jubelte er so erlöst über dieses Tor in einem Freundschaftsspiel wie wahrscheinlich nur Stürmer jubeln können.

© SZ vom 06.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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