FC Bayern gegen SC Freiburg:Gala zum Fürchten

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Gomez und Ribery nehmen den SC Freiburg beim 7:0 des FC Bayern auseinander. Eine gelungene Generalprobe vor dem mehrstufigen Stresstest der kommenden Wochen - und vielleicht schon ein Menetekel für die Liga.

Maik Rosner

Bevor eine Traube von Teenagern Franck Ribery mit Kameras umkreiste wie ein aufgeschreckter Bienenschwarm, hatte er noch von seinem Besuch beim "Docteur" berichtet. Es hatte mal wieder ein bisschen gezwickt bei dem Franzosen. Das war vor dem Spiel. Doch jetzt, Ribery lächelte kurz vergnügt, sei alles wieder gut. Und als ihn noch jemand wohl eher rhetorisch fragte, ob er nun wieder bei 100 Prozent sei, überlegte Ribery keine Sekunde. "Ja", sagte er bestimmt und entschwand frohgemut aus der Arena, vor der ihn umgehend die Menge jener verzückter Jugendlicher verschluckte, die seine zirkusreife Vorführung zuvor bewundert hatte.

Bayern in der Einzelkritik
:Artig, artistisch, arbeitslos

Manuel Neuer ist der reichste Arbeitslose der Republik, Thomas Müller lässt jede Kobra vor Neid erblassen und Mario Gomez empfiehlt sich nachhaltig für Franck Ribérys Zirkus der schönen Künste. Die Bayern beim 7:0 gegen Freiburg in der Einzelkritik.

Maik Rosner, Fröttmaning

Ribery, so ist zu vernehmen, hat diese erdrückende Begeisterung unversehrt überstanden. Er wird am Mittwoch mit dem FC Bayern zum ersten Gruppenspiel der Champions League beim FC Villarreal auflaufen. Und trotz aller mahnenden Worte, sich nicht der Euphorie hinzugeben, darf wohl auch dort mit spielfreudigen Münchnern gerechnet werden. In Spanien, wo Villarreal sein Vorspiel gegen den FC Sevilla mit einem 2:2 beendete, wird man das 7:0 (3:0) gegen den SC Freiburg vermutlich mit Schaudern vernommen haben.

Es war ein weiteres Kunststück Riberys, aus dem höchsten Saisonsieg des Tabellenführers und dem höchsten seit dem 7:0 gegen Hannover 96 im Mai 2010 als Mann des Tages hervorzugehen, obwohl Mario Gomez gar viermal getroffen hatte. In der 8., 52., 55. und per Foulelfmeter in der 71. Minute stockte der Nationalstürmer seine beeindruckende Quote auf acht Tore in fünf Ligaspielen auf.

Zudem steuerte der für Gomez eingewechselte Nils Petersen in der Schlussminute noch sein erstes Bundesligator für die Münchner bei. Doch es war vor allem Ribery, der diesem Spiel der überbordenden, aber stets kontrollierten Offensivlust, mit zwei Toren und zwei Vorlagen die Note einer Kleinkunstveranstaltung verliehen hatte.

Das galt besonders für seine beiden Tore in der 26. und 41. Minute, bei denen er jeweils die Ferse einsetzte. Einmal die linke beim Abschluss, einmal die rechte zur Vorbereitung, ehe er Maximilian Nicu übertölpelte. "Bauerntrick" nennen die Fußballer diese kleine Finesse, bei der der Ball an der einen Seite des Gegners vorbeigelegt wird, während man auf der anderen Seite vorbeiläuft. Der anschließende Torschuss durchquerte auch noch Oliver Barths Beine, ein sogenannter Tunnel. Den mögen Gegenspieler auch nicht.

Als Filou mit einem Faible für Pennälerscherze im Kabinentrakt hatte sich Ribery dem Münchner Publikum in seiner ersten Saison ab dem Sommer 2007 vorgestellt. Danach erlebte er meist eher mediokere Zeiten. Nun scheint er der Form seines ersten Jahres wieder recht nahe. Geradezu demütigend gerieten Riberys Aktionen für die Freiburger, die sich nach ihrer höchsten Bundesliganiederlage der Vereinsgeschichte arg zerzaust gen Breisgau trollten. Sportdirektor Dirk Dufner gestand beim Abschied ohne Umscheife: "Wir haben den Arsch richtig voll bekommen."

Pünktlich zu Beginn des mehrstufigen Stresstests in Champions League und Bundesliga bei Villarreal und Schalke sowie gegen Leverkusen und Manchester City hat sich der FC Bayern in höhere Sphären gespielt. Es war eine Gala zum Fürchten für die Konkurrenz, und sie nährt zumindest die Hoffnung, dass der FC Bayern auch für größere Herausforderungen gewappnet ist.

Wie eine Naturgewalt war der FC Bayern über Marcus Sorgs Mannschaft hereingebrochen, und dabei war überhaupt nicht aufgefallen, dass einer der wichtigsten Artisten wegen seiner Schambeinentzündung nur von der Tribüne aus zuschauen konnte. Arjen Robben wird deswegen auch in Villarreal fehlen. Doch er kann wohl einigermaßen beruhigt genesen. Denn der Niederländer und die 68999 anderen Zuschauer hatten am Samstag einen Tabellenführer gesehen, der langsam aber sicher als ernste Bedrohung für die Liga wahrgenommen werden muss, auch ohne seinen zweiten Flügelkünstler neben Ribery.

Trickreicher Filou: Bayerns Mittelfeldspieler Franck Ribery. (Foto: REUTERS)

Im Vergleich zu Leverkusens zwar deutlichem, aber keinesfalls so souveränen 4:1-Sieg beim FC Augsburg am Freitag, geriet Bayerns zweiter Kantersieg der Saison nach dem 5:0 gegen den Hamburger SV zu einem sezierenden Spektakel mit chirurgischer Präzision. Da Meister Borussia Dortmund gegen Hertha BSC 1:2 und sich selbst im Mittelfeld der Liga verlor, die Branche Werder Bremens Höhenflug und Schalkes Frühform noch nicht so recht traut, könnte es für die Münchner bald einsam werden an der Tabellenspitze.

Vielleicht war dieser Sieg schon so etwas wie ein Menetekel für alle Meisterträume der Konkurrenten. Es sind ja nicht allein die hohen Ergebnisse, die die Bayern auf eine Sonderstellung in der Liga zusteuern lassen. Es ist auch die bemerkenswerte Stabilität und Kompaktheit, die die Mannschaft von Trainer Jupp Heynckes bereits ausstrahlt. 22:1-Tore und sieben Siege ohne Gegentor, sechs davon zuletzt in Folge, weisen sie nach acht Pflichtspielen als scheinbar konkurrenzlos aus.

"Die Mannschaft hat noch Luft nach oben."

Zwar war auch Freiburg kein echter Gradmesser für das Münchner Ensemble hochdotierter Kickerfüße, wie überdies alle anderen Gegner zuvor. Doch Bastian Schweinsteiger ordnete das einseitige Geschehen zurecht als Demonstration der Stärke ein. "Man muss einen Gegner erst einmal so beherrschen", sagte der stellvertretende Mannschaftskapitän: "Wir haben uns in der zweiten Halbzeit ein bisschen geschont. Wir hätten auch zweistellig gewinnen können." Arrogant solle diese Einschätzung nicht klingen, bat er um Verständnis, "ich denke, das hat jeder in der Arena gesehen".

Freiburg lief den "außergewöhnlich guten Bayern", wie Sorg sagte, pausenlos hinterher. Torjäger Papiss Demba Cisse kam kaum einmal zum Zug. Gomez dafür umso mehr. Wie einst beim VfB Stuttgart gelangen ihm nun zum ersten Mal auch für den FC Bayern vier Tore in einem Bundesligaspiel. Doch Gomez, der dabei auch noch mit seinem zehnten Hattrick mit Heynckes gleichzog, war sich durchaus dessen bewusst, dass er meist nur noch einschieben musste als Verwerter einer Vorbereitungskette. "Was viel wichtiger ist: Wie die Tore herausgespielt werden. Wenn einer besser steht, dann legt im Moment jeder ab", lobte der 26-Jährige. 26:4-Torschüsse hatte die Mannschaft maschinengleich produziert, die Pässe liefen wie auf Förderbändern im Akkord nach vorne. Heynckes war "hochzufrieden". Und er befand: "Die Mannschaft hat noch Luft nach oben. Wir können noch besser spielen." Für die Liga klang auch das zum Fürchten.

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