Spielerinnen des FC Bayern:Die Darbietung passt zum großen Klubvorhaben

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Tabellenführung verteidigt: Gegen den VfL Wolfsburg gewinnen die Fußballerinnen des FC Bayern ihr neuntes Bundesligaspiel in Serie. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Den Bayern-Spielerinnen gelingen vier Tore gegen Serienmeister Wolfsburg. Das im Sommer klug ergänzte Team aus München ist nun Titelfavorit. Herbert Hainer und Uli Hoeneß freuen sich.

Aus dem Stadion von Anna Dreher, München

Wenn sie sehr reaktionsschnell gewesen wäre, hätte Marina Hegering sich vielleicht noch wegdrehen können. Oder den Arm nach oben reißen. Aber der Ball war zu schnell bei ihr, als dass sie hätte reagieren können, und sprang ihr im Strafraum an die Hand. Da war sie also, die vermeintliche Vorentscheidung in der achten Minute des Spitzenspiels der Frauen-Bundesliga zwischen dem FC Bayern und dem VfL Wolfsburg. Schiedsrichterin Karoline Wacker pfiff und zeigte auf den Punkt, Elfmeter für Wolfsburg. Und in dieser Partie, das war von vornherein klar, würde es auf Kleinigkeiten ankommen, auf Vorteile, und seien sie noch so minimal.

Doch als die Münchnerinnen schon ahnten, dass es nach diesem Elfmeter schwer werden dürfte gegen den Doublesieger, überdachte Wacker ihre Entscheidung, nahm den Strafstoß wieder zurück - und machte damit aus dem Vorteil für Wolfsburg einen Vorteil für Bayern, der beim 4:1 (2:0) noch entscheidend sein würde.

Die Ausgangslage war an diesem Sonntag ja eine andere als in den vergangenen Jahren. Der FC Bayern hatte von den vergangenen neun Liga-Treffen mit Wolfsburg nur drei gewinnen können. Dieses mal stand der Tabellenführer dem zweitplatzierten VfL auf dem Rasen als Favorit gegenüber. Mit einer beeindruckenden Bilanz von 26:0 Toren und acht Siegen in acht Bundesligaspielen. Was dabei bislang herausstach war das gute Zusammenspiel aller Mannschaftsteile und eine auf viel Selbstvertrauen basierende Ruhe im Spiel. An der mentalen Stärke, hatte Bayerns Trainer Jens Scheuer am Donnerstag gesagt, sei in der Vorbereitung intensiv gearbeitet worden. Sie sei für ihn der große Unterschied zur vergangenen Saison. Und diese Ruhe zeigte sich nun auch bei der bislang größten Herausforderung für sein Team.

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Die Intensität zwischen den beiden besten deutschen Mannschaften war von Beginn an hoch, die Partie war von Zweikämpfen geprägt, jedoch konnte sich keines der Teams gefährlich genug durchsetzen. Bis zur 26. Minute. Da hatte sich Bayerns Zugang Klara Bühl auf der linken Seite in so aussichtsreiche Position gebracht, dass sie auch hätte abschließen können, stattdessen war ihr Querpass dann die ideale Vorlage. Der Ball landete bei Viviane Asseyi, die von der rechten Strafraumgrenze mit ihrem fünften Saisontreffer das so wichtige erste Tor dieser Partie erzielte. Da war er nun tatsächlich, der wichtige Minivorteil.

"Es ist einfach unfassbar gut, was gerade an Chemie bei uns vorhanden ist"

"Wir haben zwar nicht fußballerisch, aber von der Mentalität und Chancenverwertung her heute das beste Spiel dieser Saison gezeigt", sagte Scheuer. Die Wolfsburgerinnen versuchten, mit viel Dynamik zu Chancen zu kommen, häufig über die rechte Seite mit den schnellen Svenja Huth und Pia-Sophie Wolter. Doch durch Unkonzentriertheiten und Ballverluste durchkreuzten sie ihre Pläne selbst. Das Selbstbewusstsein auf der anderen Seite hingegen wuchs. Bei einem Freistoß von Kapitänin Lina Magull konnte Marina Hegering unbedrängt ihr Bein strecken und brachte den Ball mit der Fußspitze in der Luft über die Linie zum 2:0 (43. Minute). Die 30 Jahre alte Defensivspielerin ist einer der in diesem Sommer klug ausgewählten Zugänge. "Es ist einfach unfassbar gut, was gerade an Chemie bei uns vorhanden ist", sagte Hegering vor der Partie. "Und dann kommt eben noch die fußballerische Qualität dazu."

Bislang hatten die Spielerinnen des FC Bayern in der Liga kaum Mühe gehabt. Der VfL lieferte als erste große Prüfung einen weiteren gewichtigen Beweis für die Reife des Teams, das es geschafft hat, die Abgänge von Schlüsselspielerinnen wie Melanie Leupolz (Chelsea LFC) und Sara Däbritz (Paris Saint-Germain) aufzufangen. Der VfL hingegen bekam an diesem Tag zu spüren, dass Pernille Harder, eine der Weltbesten in der Offensive, jetzt bei Chelsea spielt, und auch Sara Gunnarsdottir (Olympique Lyon) ist bisher kaum zu ersetzen. Zumindest nicht, wenn dann auch noch weitere verlässliche Stützen wie Alexandra Popp oder Ewa Pajor verletzungsbedingt ausfallen.

Drei Minuten nach Hegerings Tor setzte sich Sydney Lohmann durch, ihren flachen langen Schuss drosch Lineth Beerensteyn zum 3:0 ins Netz (46.). Auf der Tribüne klatschten Präsident Herbert Hainer und Ehrenpräsident Uli Hoeneß Applaus - die Darbietung passte ja ganz gut zum Vorhaben des Klubs, sich auch mit den Frauen national und international in der Spitze zu etablieren. "Wir wollten ja in Deutschland angreifen", sagte Hainer. "Jetzt haben wir neun Spiele hintereinander gewonnen, sind Tabellenführer mit fünf Punkten Vorsprung - da kann man nicht meckern. Das gibt einem schon Sicherheit."

Die größte Chance brachte dem VfL schließlich Beerensteyn, als sie im Strafraum Lena Oberdorf foulte. Den fälligen Elfmeter verwandelte Lena Goeßling in der 64. Minute zum 3:1, es war das erste Gegentor für Bayerns Keeperin Laura Benkarth. Das Spiel aber war längst entschieden. Bei aller Gegenwehr schafften es die Wolfsburgerinnen nicht mehr, gefährlich genug zu werden. Und dann kam auch noch ein Eigentor hinzu: In der 78. Minute schoss Magull auf den kurzen Pfosten; statt zu klären, bugsierte Dominique Janssen den Ball schnurstracks ins Tor hinein.

© SZ vom 16.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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