FC Bayern: Fanproblematik:Die jungen Hüpfer und die Oidn

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Wer darf in Block 112? Die Diskussionen um die Stimmungszentrale des FC Bayern in der Arena halten an. Einem Treffen des Vereins mit einer Fangruppe sollen weitere folgen. Eine Lösungsmöglichkeit könnte ein Rentnerblock sein.

Markus Schäflein

Den Anhängern des FC Bayern München, die am Samstag beim Spiel gegen den Hamburger SV ihre angestammten Plätze in Block 112 direkt hinter dem Tor einnehmen wollten, bot sich ein ungewohntes Bild: Sie wurden von zusätzlichen Sicherheitszäunen und einem 30 Mann starken Spezialeinsatz-Kommando (USK) der Polizei empfangen; wollten sie den Block zwischenzeitlich verlassen, mussten sie eine Auslassmarke mitnehmen und bei Rückkehr neben der Karte vorzeigen. "Auch viele ältere Stammgäste sind sich wie Terroristen vorgekommen", sagt Stefan Viehauser von der Fanklub-Dachorganisation Club Nr. 12. Anlass der neuen Maßnahmen war, dass sich zuletzt bei einigen Spielen zahlreiche Fans in den zentralen Stimmungsblock eingeschleust hatten, ohne ein Ticket für diesen Bereich zu besitzen - so war Block 112 zum Beispiel bei den Protesten gegen Schalke-Torwart Manuel Neuer deutlich überbesetzt.

Streiten sich mit dem Verein um die Kurvenplätze: Die Bayernfans. (Foto: imago sportfotodienst)

Rund 200 Mitglieder verschiedener Fan-Organisationen verzichteten wegen der neuen Sicherheitsmaßnahmen auf ihre Plätze im Block - und zogen zur Haupttribüne, um mit Gesängen wie "Wir sind die Fans, die ihr nicht wollt!" Aufmerksamkeit zu erregen. Dies gelang ihnen auch - allerdings wurden sie dabei nach eigenen Angaben von Polizisten zurückgedrängt, als sie sich der Sitztribüne näherten, und anfangs lose, später rigide umzingelt. Die Polizei erklärte in einer Pressemitteilung, sie habe eingegriffen, weil sie davon ausgegangen sei, dass die rund 200 Bayernfans in den HSV-Block mit rund 6000 Gästefans stürmen wollten. "Völliger Schwachsinn" sei das, sagt Viehauser. Er glaubt nicht an einen einsatztaktischen Fehler und vermutet, die Beamten hätten die lautstark protestierenden Fans vom Presse- und Ehrengastbereich fernhalten wollen.

Eine Polizistin wurde bei einer Rangelei leicht verletzt; am Ende blieb nur die Krawall-Geschichte. Sie verdeckte den Blick auf das Grundproblem, das seit langem besteht, und nicht nur beim FCBayern: Wer darf in den zentralen Fanblock, in dem die Stimmung am besten ist? "Keiner kommt mehr in 112 rein, weil keine freien Karten mehr da sind", sagt Viehauser. "Aber es kommen natürlich immer mehr Jugendliche nach - und was machst du als 17-Jähriger? Du steigst über den Zaun."

Seit einiger Zeit hätten die Anhänger in organisierter Form mehr Personen eingeschleust, als in dem Block erlaubt sind. Der Verein unternahm dagegen lange nichts, es gab auch keine Probleme. Viehauser behauptet, trotz der eingeschleusten Fans sei der Block nämlich nicht überfüllt gewesen. "In München ist der Umrechnungskurs zwischen Stehplätzen und Sitzplätzen 1,3:1 - in Dortmund zum Beispiel 1,8:1."

Nach dem Schalke-Spiel wurde dem Klub die eigenmächtige Platzvergabe der Fans zu bunt. "Für uns ist da ein Punkt erreicht, an dem wir aus Sicherheitsgründen sagen müssen: Stopp!", sagte Pressesprecher Markus Hörwick. Ob da ein Zusammenhang bestand mit den Neuer-Protesten, die dem Verein bekanntlich gar nicht gefielen? "Manche sagen ja, manche sagen nein", berichtet Viehauser, "ich persönlich glaube nicht an einen direkten Zusammenhang."

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Am Montag fand nun ein Krisentreffen der Vereinsvertreter mit Fans der Ultra-Gruppe Schickeria statt, bei dem Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, der stellvertretende Vorsitzende Karl Hopfner und auch der für das Ticketing zuständige Oliver Meßthaler anwesend waren. Der Verein teilte knapp mit, "dass beide Seiten vertrauensvoll und partnerschaftlich zum Wohle des FCBayern München zusammenarbeiten und der Dialog fortgesetzt wird"; von einem "überraschend freundlichen Gespräch" hat auch Viehauser gehört: "Die Zeiten, in denen der Verein auf Probleme mit pauschalen Stadionverboten reagiert hat, sind längst vorbei." Erste Ergebnisse des Gesprächs: Die USK-Präsenz soll in den kommenden Spielen wieder aufs gewohnte Maß zurückgefahren werden, die Auslasskarten bleiben bestehen.

Für die Lösung des grundlegenden Problems sind noch weitere Treffen zwischen Verein und Fans geplant. Eine Idee liegt nahe: "Es gibt genug Ältere, die gerne aus dem Block 112 raus würden", berichtet Viehauser. "Aber es gibt dann eben keine Kapazitäten, ihnen fünf oder zehn Sitzplätze nebeneinander anzubieten." Die Lösung könne ein so genannter "Rentnerblock" sein, wie er beispielsweise in Kaiserslautern angeboten worden sei. Ein Bereich am Rande der Fanzone für "die Oidn", wie die Jungen sie nennen, die noch etwas anfeuern wollen, aber ihrem Rücken kein ständiges Hüpfen und ihren Ohren keinen Dauerlärm mehr zumuten wollen.

Den Tausch der Tickets zwischen Jung und Alt müsste dann allerdings der Verein organisieren, was mit viel Aufwand verbunden wäre. "Wir haben da schon viele Anregungen geliefert, aber dem Verein war's wurscht", sagt Viehauser. Präsident Uli Hoeneß sei "für eine Ticketkommission aufgeschlossen" gewesen, "aber es wurde dann doch nicht gemacht." Was kaum verwundert - in der Schule werden die Lümmel von der letzten Bank ja auch gerne fein säuberlich in anderen Reihen verteilt.

© SZ vom 16.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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