FC Bayern besiegt Hertha BSC:Und jetzt bitte Neapel!

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Das 4:0 des FC Bayern gegen Hertha BSC Berlin gelingt so grotesk einfach, dass den Münchnern gar nichts anderes übrigbleibt, als den Fokus sofort auf das Champions-League-Spiel in Neapel zu richten. Dort sehen sich manche Bayern - oh Wunder - nicht mal als Favorit.

Carsten Eberts, Fröttmaning

Der Gag des Abends gelang schließlich Pierre-Michel Lasogga. Der Stürmer von Hertha BSC Berlin nahm sich ordentlich Zeit für die vielen Fragen, die auf ihn nach dem überdeutlichen 0:4 beim FC Bayern einprasselten. Lasogga, der junge Aufstiegsheld aus der vergangenen Spielzeit, sah das Ganze nicht so dramatisch. "Nach dem 0:3 haben wir versucht, das Spiel ruhig zu Ende zu bringen", sagte der Stürmer und folgerte zur allseitigen Überraschung: "Man kann sagen, dass uns dies ganz gut gelungen ist."

Entspannte Bayern nach einem entspannten Sieg: Der Fokus liegt jetzt schon auf der Champions League. (Foto: AP)

Lasogga ist bislang nicht als humoristische Granate aufgefallen, seine Ausführungen waren dennoch bemerkenswert. Sicher, seine Berliner hatten durch schnelle Bayern-Tore von Mario Gomez (5. Minute), Franck Ribéry (7.) und Bastian Schweinsteiger (13.) ungewöhnlich früh hoch zurückgelegen und fingen sich in den verbleibenden 73 Minuten nur noch einen weiteren Treffer (Gomez, 69., Elfmeter). Nur ein Gegentor in über einer Stunde Spielzeit in München - das ist in dieser Saison noch nicht vielen Mannschaften gelungen.

Diesen Umstand jedoch als eigene, stabile Leistung herauszuheben, war nahezu grotesk. Denn es war den Bayern allein anzukreiden, dass sie das Ergebnis nicht höher gestalteten. 18 Bayern-Torschüsse zählten die Statistiker am Ende - natürlich durch Gomez, vielfach durch Thomas Müller, sogar Abwehrmann Jérôme Boateng stürmte mit - die meisten davon waren Großchancen. Hätte Hertha BSC das Spiel 0:6 verloren, hätte sich Lasogga nicht beschweren können. Oder 0:8, wenn nicht gar 0:10.

Der Auftritt der Bayern war entsprechend beeindruckend. Wieder einmal. Der Tabellenführer, der damit seit acht Ligaspielen ungeschlagen ist und erneut kein Gegentor kassierte, war von der ersten Minute an hochüberlegen: Ribéry hätte bereits nach zwei Minuten zur Führung treffen können, vertändelte jedoch, Gomez machte es drei Minuten später aus rund 18 Metern besser.

Nach dem frühen 3:0 war es vor allem Thomas Müller, der allerbeste Chancen vergab, als wäre er mit falsch eingehängten Beinen auf den Platz geschickt worden. Mal drosch er den Ball frei vor dem Tor in den Himmel, mal schoss er Herthas Roman Hubnik ab, der ansonsten eher die Karikatur eines Bundesliga-Innenverteidigers darstellte. Auch Bayern-Kapitän Philipp Lahm scheiterte eher an sich selbst - völlig frei vor dem Berliner Tor.

Dass die Heim-Aufgabe gegen den bislang recht forschen Aufsteiger derart leicht zu lösen ist, hätten auch die Bayern nicht erwartet. "Das es nach 13 Minuten 3:0 steht, ist nicht alltäglich", sagte Doppel-Torschütze Gomez nach dem Spiel, "da konnten wir fast wie im Training den Ball laufen lassen."

Das war ein recht erbarmungsloses Urteil über den chancenlosen Hauptstadtklub - doch auch Hertha-Trainer Markus Babbel äußerte sich, anders als sein Stürmer Lasogga, wenig schmeichelhaft über seine Mannschaft. "Ich hatte Sorge, dass wir zweistellig in die Kabine gehen", sagte er mit ernstem Blick. Babbel hatte sich seine Rückkehr nach München freilich anders vorgestellt.

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Die Bayern bemühten sich auch gar nicht, tiefere Erkenntnisse aus diesem lockerleichten Samstagnachmittag-Trainingskick zu ziehen. Sie sind in der Liga derzeit hochüberlegen, führen die Tabelle erstmals in dieser Saison mit fünf Punkten Vorsprung an, müssen Klubs wie Hertha BSC in der derzeitigen Verfassung nicht im Geringsten fürchten.

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Philipp Lahm wird gegen seine alten Kollegen vom Mitleid geschüttelt, Mario Gomez trifft sogar mit Hoppelschüsschen, Jérôme Boateng gewinnt ein tunesisches Essen. Und Thomas Müller? Der braucht ganz dringend Spielpraxis. Die Bayern beim 4:0 gegen bemitleidenswerte Herthaner in der Einzelkritik.

Carsten Eberts, Fröttmaning

"Wir haben momentan keine Probleme", freute sich Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge und ließ dabei sogar die ärgerliche Rekonvaleszenz von Flügelstürmer Arjen Robben unerwähnt. Die Mannschaft mache einfach "einen sehr guten Eindruck", auch ohne den Niederländer.

Viel wichtiger erscheint indes die kommende Aufgabe in der Champions League - und so richteten sich die Augen bereits auf das dienstägliche Gipfeltreffen der Gruppe A in Neapel. Der SSC gehört in dieser Spielzeit zu den besten Teams in der Serie A, liegt nach der 1:2 Niederlage gegen den FC Parma vom Samstagabend aktuell auf Tabellenplatz drei. "Neapel ist sicherlich die derzeit stärkste italienische Mannschaft", erklärte Rummenigge gar, "da müssen wir mindestens ein Unentschieden holen."

Mindestens, sagte der Vorstandsboss also und stellte entsprechende Forderungen an seine Mannschaft. Wer die Bundesliga nach Belieben diktiert und in der Champions League Spitzenteams wie Manchester City demütigt, muss auch in Neapel punkten, so die Logik. Es soll schließlich noch größere europäische Aufgaben geben in dieser Saison: das Achtelfinale, das Viertelfinale, das Halbfinale. Und natürlich das Endspiel am 19. Mai in München.

Andere Protagonisten sahen das weniger euphorisch. "Neapel ist physisch sehr stark, das Spiel ist eine große Herausforderung", sagte etwa Kapitän Philipp Lahm vorsichtig. "Uns erwartet ein Hexenkessel", erklärte auch Sportdirektor Christian Nerlinger mit Ehrfurcht vor dem engen, hitzigen Stadio San Paolo: "Wir können in Neapel auch mit einem Unentschieden gut leben."

Die Münchner Reise nach Neapel beginnt am Montagmorgen um 8.30 Uhr mit dem Check-In am Münchner Flughafen, der Flieger geht zwei Stunden später. Ein wenig fliegt auch die Hoffnung mit, dass die Bayern in Neapel endlich mal gefordert werden.

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