Basketball:Nur das Maskottchen fällt vom Board

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Gab vor allem im ersten Viertel die Richtung vor: Bayerns Guard Carsen Edwards. (Foto: Marcel Engelbrecht/Eibner/Imago)

Bayern Münchens US-Guard Carsen Edwards reißt seine Kollegen beim 91:69-Erfolg gegen Bamberg mit - genau für solche Auftritte haben ihn die Münchner von Fenerbahce Istanbul verpflichtet.

Von Sebastian Winter

Wer wegen des Staus im Münchner Westen, wo sich gefühlt die halbe Stadt zum Eislaufen auf dem Nymphenburger Schlosskanal getroffen hatte, zu spät zum Heimspiel von Münchens Basketballern gegen Bamberg kam, der verpasste so einiges im ersten Viertel. Nach 49 Sekunden warf Edwards einen Dreier, er fiel dabei nach hinten auf den Rücken, die Schiedsrichter pfiffen Foul - und Edwards verwandelte auch noch den Zusatzfreiwurf. Mit 4:0 startete der FC Bayern also sein Bundesligaspiel gegen Bamberg, und die Edwards-Festspiele gingen zunächst weiter.

Am Ende des ersten Viertels hatte der Mann aus Houston, Texas, bereits 14 der 24 Münchner Punkte erzielt, und damit zwei mehr als die gesamte Bamberger Mannschaft. Sein letzter Korb vor der Sirene zur Viertelpause resultierte auch daraus, dass Edwards enorm schnell ist mit dem Ball - das Fastbreak schloss er erfolgreich mit einem Korbleger ab. Und wäre nicht die Panne mit dem eigentlich sehr fahrsicheren Maskottchen Ben gewesen, das beim Rundendrehen durch die Halle vom Skateboard fiel - es wäre ein fast perfektes Viertel für die Münchner gewesen.

Edwards, Nummer 3, orange-schwarze Schuhe, Rasta-Mähne und markante Tätowierungen an den muskulösen Beinen, hatte sein Soll nach dem glanzvollen Auftakt bereits erfüllt. Im weiteren Verlauf des Spiels war er dann vermehrt auf der Bank oder in der Defensive zu finden. Trotzdem endete die Partie mit einem deutlichen Sieg für die Münchner, die den einst großen Rivalen mit 91:69 (44:39) schlugen. Es war aus Bayern-Sicht eine höchst gelungene Generalprobe fürs Pokal-Halbfinale am 17. Februar, bei dem beide Klubs in München erneut aufeinandertreffen. Edwards kam am Ende auf 16 Punkte, genauso wie Serge Ibaka, Sylvain Francisco erhielt mit 17 Zählern den Titel Topscorer des Tages. Den größten Szenenapplaus aber bekam Edwards, als er zwischenzeitlich ausgewechselt wurde. Das heimische Publikum schätzt den Wirbelwind ohnehin wegen seines athletischen, energischen Spiels.

"Ich urteile nicht nur über sein Scoring. Heute war er zum Beispiel in der zweiten Halbzeit defensiv sehr stark", sagt Laso über Edwards

Bei einer Größe von gerade einmal 1,80 Metern bringt er 91 Kilogramm auf die Waage, seine Waden sind so dick wie die Oberschenkel von Isaac Bonga, dem deutschen Weltmeister in Münchens Reihen. "Er ist kreativ und sehr aggressiv in der Offense, in der Defense stark und schnell. Wir erwarten uns viel von ihm, denn er ist jemand, der sich gegen jeden behaupten kann", sagte Bayern-Trainer Pablo Laso, als die Münchner Edwards im Sommer verpflichteten. Er nannte ihn eine "Scoring-Maschine, als er nach Europa kam, dachten alle: Wow, ein toller Transfer".

Bayerns Sportdirektor Daniele Baiesi sprach gar davon, er habe "Edwards als einen der besten Scorer betrachtet, die ich je gesehen habe. Doch sein Spiel hat weit mehr als das zu bieten. Denn Carsen kann beide Seiten des Feldes beeinflussen und wird zudem für unsere Offensive eine zusätzliche kreative Kraft darstellen."

Nach 72 Einsätzen in der NBA für Detroit und die Boston Celtics kam der Guard bei seiner ersten Station in Europa, dem Euroleague-Spitzenklub Fenerbahce Istanbul, allerdings nicht so zur Geltung, wie er es sich erhofft hatte. Auch in München hatte er ein paar Anlaufprobleme, plagte sich mit kleineren Verletzungen. Mal blühte in ihm jene Scoring-Maschine auf, von der Laso gesprochen hatte. Mal lief die Maschine nicht rund. Auch in der vergangenen Euroleague-Woche war das noch so, als die Bayern zwei bittere Niederlagen am Dienstag und Donnerstag gegen Real Madrid und ausgerechnet Edwards' vorherigen Klub Fenerbahce Istanbul hinnehmen mussten. Bei letzterer spielte er nicht wirklich gut.

Nun gegen Bamberg war auch sein Trainer mit ihm zufrieden. "Er hat besonders am Anfang sehr gut gespielt, war aggressiv. Ich urteile aber nicht nur über sein Scoring. Heute war er zum Beispiel in der zweiten Halbzeit defensiv sehr stark, mit Steals und Raumgewinnen für die Mitspieler", sagte Laso - und hob vor allem die starke Mannschaftsleistung hervor. Für die hatte im Besonderen auch Edwards gesorgt: Je länger das Spiel dauerte, desto mehr wurde der Offensivgeist zur Abwehr-Maschine.

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