Niedergang des FC Basel:Vom Serienmeister zum Schlusslicht geschrumpft

Lesezeit: 3 min

Mit in den Abwärts-Sog gezogen: Heiko Vogel, damals Sportdirektor (links), und Trainer Timo Schultz (rechts) wurden beim FC Basel entlassen. (Foto: Pius Koller/Pius Koller/Imago)

Der einst erfolgsverwöhnte FC Basel kämpft in der Schweiz gegen den Niedergang. Die Lage ist sportlich und finanziell besorgniserregend. Wie konnte es so weit kommen?

Von Adrian Kühnel

Es bedarf in der Regel eines besonderen Anlasses, damit Tennis-Legende Roger Federer der Kabine des FC Basel einen Besuch abstattet. Der Grund sollte meist ein Erfolg der Fußballer sein. Und es ist noch gar nicht so lange her, da war das auch der Fall.

Ende Mai dieses Jahres besuchte Roger Federer die Kabine des Basler St.-Jakob-Parks. Der glühende Anhänger des "FCB der Schweiz" gratulierte den Spielern zum Erreichen der Qualifikation zur Conference League. Nachdem Basel in der Vorsaison in diesem kleinsten der drei Europacup-Wettbewerbe erst im Halbfinale an der AC Florenz gescheitert war, war diesmal aber schon im August in den Playoffs Schluss - gegen Tobol Kostanay, den Vertreter Kasachstans.

SZ PlusKrise beim SSC Neapel
:Langweilig und abgelöscht

Die Amtszeit von Trainer Rudi Garcia bei der SSC Neapel wird zum Flop in Rekordzeit - nun muss er gehen, der Nachfolger ist schon da. Die Geschichte eines großen Missverständnisses.

Von Oliver Meiler

Seither ist der Europapokal für den einst großen FCB in weite Ferne gerückt. Die Realität lautet: letzter Tabellenplatz in der Schweizer Super League - Abstiegskampf! Es ist eine surreal anmutende Situation für den einstigen Serienmeister, der 20 Mal den Titel gewann und in den 2010er-Jahren sechsmal die Gruppenphase der Champions League erreicht hatte, dreimal sogar das Achtelfinale.

Doch die bisher letzte Teilnahme an der Königsklasse gelang 2017/18, der bisher letzte Meistertitel 2017. Die großen Erfolge am Rheinknie sind also schon länger her - und noch der Ära von Bernhard Heusler zuzurechnen. Der gelernte Rechtsanwalt zog sich im Sommer 2017 zurück, nachdem er von 2012 an, aufbauend auf dem Fundament von Mäzenin Gigi Oeri, die den Klub mit Millionen aus der Pharmaindustrie alimentiert hatte, eine Phase des Dauererfolgs verantwortet hatte. Während Heusler Präsident war, gewann der FCB stets die Meisterschaft - und erzielte als erster Schweizer Klub einen Umsatz von mehr als 100 Millionen Franken.

Heuslers Abgang wog schwer. Der Medienunternehmer Bernhard Burgener übernahm 90 Prozent der Anteile der FC Basel Holding AG. Bei seinem Amtsantritt proklamierte Burgener, vermehrt auf junge Spieler setzen zu wollen. Dazu sollten die Burgener viel zu hoch erscheinenden Personalkosten gesenkt werden - unter Heusler hatte der Verein auf großem Fuß gelebt. Burgener konnte den Aufwand für Saläre beträchtlich kürzen und die Zahl der Angestellten reduzieren. Zu einem guten Betriebsklima trug das nicht bei. Zwar wurden Transfergewinne erwirtschaftet, doch die Corona-Pandemie und die damals ausbleibenden Ticketeinnahmen erschwerten die Situation.

Der Spar- und Schrumpfkurs hatte seinen Preis, und bleibt dann der sportliche Erfolg aus, kann sich die Abwärtsspirale schnell drehen. Hinzu kommt, dass sich im Europacup mit Ausnahme des Meisters, dem die Teilnahme an der Champions League winkt, für Klubs aus der Schweiz nicht mehr viel verdienen lässt.

Auch unter dem Ex-Profifußballer Degen wird der Sparkurs fortgesetzt

Im eigenen Land sind die Young Boys aus Bern dem FCB längst enteilt. Sie haben Basel als Serienmeister abgelöst, seit 2018 holten sie sämtliche Titel - mit Ausnahme von 2022, als der FC Zürich überraschend triumphierte. Die Basler lagen in all diesen Jahren zuletzt abgeschlagen zurück, unter Burgener litt bei aller Fürsorge für Zahlen und Bilanzen das Sportliche. Entsprechend hagelte es Kritik, die Fans forderten öffentlich Burgeners Aus.

Vier Jahre nach seinem Einstieg trat Burgener seine Anteile an David Degen ab. Beide lieferten sich zuvor einen Zwist, da Burgener Anteile an den englischen Investor Centricus veräußern wollte, Degen aber bereits zehn Prozent und ein Vorkaufsrecht besaß. Letztlich kamen Burgener und Degen überein - zum Wohl des Klubs. Degen, im Kanton Baselland aufgewachsen und früher selbst für den FCB als Profi aktiv, übernahm zeitweise 90 Prozent der Anteile der FC Basel Holding AG und ist auch jetzt noch der größte Aktionär. Der Verein liegt ihm am Herzen, er hat ein Gespür für den Sport und die Fans.

Doch auch Degen setzt den Sparkurs fort. Ins Jahr 2023 startete Basel mit einem strukturellen Defizit von 30 Millionen Franken, die Lohnkosten sollen weiter gesenkt werden. Die Strategie lautet, vorwiegend junge Spieler zu holen und mit Gewinn weiterzuverkaufen. Im Sommer wurden dank Transfers zwar 55 Millionen Franken erlöst, aber erst zu einem späten Zeitpunkt der Wechselperiode. Die Meisterschaft startete bereits Ende Juli, da war die Kaderplanung längst nicht abgeschlossen.

Die deutschen Fachkräfte Timo Schultz und Heiko Vogel müssen gehen

Eine Fehlkalkulation, wie sich herausstellte. Degen besitzt als Ex-Spieler zwar weiterhin mehr Kredit bei den Fans als Burgener, doch verbessert hat sich die Situation unter seiner Regie keineswegs. "Es hat etwas Erstaunliches, wie viel Lobby Degen genießt - während die Vorgänger-Führungsriege (...) in nahezu entwürdigender Art zum Teufel gewünscht worden war", kommentierte die Neue Zürcher Zeitung.

Der deutsche Trainer Timo Schultz (zuvor FC St. Pauli), zu Saisonbeginn verpflichtet, musste im Juli ein Team im Umbruch übernehmen - und scheiterte krachend. Nach nur sieben Spieltagen mit fünf Punkten wurde Schultz entlassen. Sein Landsmann Heiko Vogel, bis dahin Basels Sportdirektor, sprang interimsweise als Coach ein, verlor vier Spiele und musste ebenfalls gehen.

Seit Oktober ist Fabio Celestini Trainer, Basel ist bereits sein fünfter Arbeitgeber binnen fünf Jahren, und auch er verlor am Sonntag erneut, 1:4 bei Servette Genf. Damit bleibt Basel Letzter der Schweizer Liga, die seit dieser Saison in einem neuen Modus ausgetragen wird: Die oberen Sechs der Tabelle spielen am Ende den Meister und die Europacup-Plätze aus, die unteren einen direkten Absteiger und einen Teilnehmer an der Relegation. Die Lage des FC Basel ist umfassend besorgniserregend, es könnte eine Weile dauern bis zu Roger Federers nächstem Besuch.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusIsrael
:Kicken im Schatten der Katastrophe

Welche Rolle kann der Fußball für eine Gesellschaft einnehmen, die im Krieg mehr als 200 Geiseln vermisst? In Israel hält die Fußballgemeinde zusammen, doch in Europa stößt sie auf Widerstände.

Von Ronny Blaschke

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: