FC Augsburg:Vertraute Defizite

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Ärgerlicher Auftakt: Markus Weinzierl konnte beim 0:4 gegen Hoffenheim auch mit Gebrüll nichts ausrichten. (Foto: Christian Kolbert/kolbert-press/imago)

Schimpfen und Schulterzucken: Beim FCA deutet sich an, dass der Weg zurück zur alten DNA unter Trainer Weinzierl beschwerlicher werden könnte als erhofft.

Von Maik Rosner

Ein bisschen Abstand wird Markus Weinzierl gewonnen haben, wenn er an diesem Dienstag zu einer Gesprächsrunde verabredet ist. Es kann sein, dass der Trainer gegenüber den Medienvertretern dann zu einer etwas anderen Bewertung der Leistung seiner Mannschaft kommen wird als direkt nach dem 0:4 des FC Augsburg gegen Hoffenheim. Hinter Weinzierl liegt ja das Videostudium. Die Frage ist also weniger, ob er bei der Analyse neue Erkenntnisse gewonnen hat. Sondern vielmehr, ob er den Auftritt seiner Elf rund 72 Stunden später als besser oder schlechter einschätzt als kurz nach dem Abpfiff.

Am Sonnabend hatte Weinzierl noch recht positiv geurteilt und darauf verwiesen, dass dieser Bundesliga-Auftakt für den FCA ganz anders, womöglich gar siegreich hätte ausgehen können, wenn die erste Chance zur Führung genutzt worden wäre. Es war eine Betrachtung, die durchaus ihre Berechtigung hatte, bei der aber auch mehr Wohlwollen mitschwang als bei seinen Spielern. "Wir müssen einfach besser Fußball spielen, ohne Angst", sagte beispielsweise Rafal Gikiewicz.

"Wir können zu Hause nicht so spielen", findet Gikiewicz, "das können wir nicht akzeptieren."

Nun ist der Torwart des FCA stets meinungsstark, und Weinzierl muss in seiner Rolle darauf achten, öffentlich nicht zu schnell zu scharf zu urteilen, schon gar nicht über einzelne Spieler. Andererseits standen seine Bewertungen im Kontrast zu denen seiner Spieler. "Wir können zu Hause nicht so spielen", erst recht nicht vor den wieder zugelassenen Fans, schimpfte Gikiewicz, "das können wir nicht akzeptieren." Er erstellte eine Mängelliste, durch die sich auch einzelne Kollegen angesprochen fühlen mussten. Kapitän Jeffrey Gouweleeuw erkannte zudem bereits Parallelen zur frustrierenden Vorsaison, in der Weinzierl für die letzten drei Spiele von Heiko Herrlich übernommen und mit einem Sieg den Klassenverbleib geschafft hatte.

Auch Ruben Vargas benannte vertraute Defizite. Vorne, sagte der Flügelspieler wegen seiner vergebenen Chance beim Stande von 0:0 auch selbstkritisch, habe oft die letzte Aktion gefehlt. Und defensiv habe man "die Tore viel zu einfach bekommen". Vargas zuckte mit den Schultern. In seiner Bestandsaufnahme fiel ein Satz, der ausgleichend wirken sollte, aber nicht viel von jener Aufbruchsstimmung übrig ließ, die sie beim FCA in der Vorbereitung ausgerufen hatten. Der Schweizer sagte: "Es war nicht alles schlecht."

Auch bei Sechser Niklas Dorsch läuft es zum Auftakt wechselhaft

Am Samstag steht die nächste Aufgabe bei Eintracht Frankfurt an, und wenn es nicht erst der zweite Spieltag wäre, müsste wegen der Tabellensituation schon beinahe von einem Krisentreffen gesprochen werden. Der Letzte Augsburg reist zum Drittletzten, nachdem die Eintracht beim 2:5 bei Borussia Dortmund ähnlich unter die Räder gekommen war wie der FCA in der Schlussphase gegen Hoffenheim. Zuvor hatten sich die Augsburger im Pokal zu einem 4:2 beim Fünftligisten Greifswald gemüht, die Frankfurter waren beim Drittligisten Mannheim sogar ausgeschieden.

Beim FCA ist es gerade vor allem die Ambivalenz der Gefühle, die ihnen zu schaffen macht. Der Hoffnung auf ansehnlichen und mitreißenden Fußball unter dem zurückgekehrten Trainer Weinzierl steht die Ernüchterung gegenüber, dass sich dieser Stil nicht so recht einstellen mag. Zwar ließen sich gegen Hoffenheim durchaus Ansätze erkennen, doch vieles wirkte zaghaft, nicht entschlossen genug. Von der alten Augsburger DNA, vom kraftvollen und geradlinigen Stil, mit dem sie in Weinzierls erster Amtszeit oft über den Kampf in ein erfolgreiches Spiel gefunden hatten, wirken sie gerade noch ein gutes Stück entfernt. Sie scheinen auf der Suche nach sich selbst zu sein, und vielleicht ahnen manche in Augsburg, dass der Weg zurück zur alten DNA beschwerlicher werden könnte als erhofft.

Dabei wurde in Niklas Dorsch ein Sechser verpflichtet, der für die gewünschte Mentalität und Körperlichkeit steht. Doch bei ihm lief es im Zentrum des Spiels ähnlich wechselhaft wie bei seinen Kollegen drum herum, darunter auch beim eingewechselten Arne Maier, dem zweiten Zugang für die Zentrale. Dorsch war an vielen Szenen beteiligt, verteilte Bälle, schoss Standards, bekam einmal Szenenapplaus für einen Notpass im eigenen Strafraum. Dem gegenüber standen einige verlorene Zweikämpfe und Bälle. "Bitter und lehrreich" sei der Ligaauftakt gewesen, sagte Manager Stefan Reuter allgemein. Sein Rat, auch an sich selbst: "Nicht alles verteufeln."

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