FC Augsburg in der Bundesliga:Heimlich, still und weise

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Ermedin Demirovic und sein FC Augsburg können vieles, derzeit spielen sie sogar richtig ansehnlichen Fußball. (Foto: Leonhard Simon/Getty Images)

Der jahrelange Abstiegskandidat ist im Bundesliga-Mittelstand angekommen, sogar der Einzug in den Europapokal ist möglich. Maßgeblich liegt das daran, dass Trainer Thorup die FCA-DNA um konstruktive Elemente erweitert hat.

Von Maik Rosner

Am kommenden Samstag wird es wieder so sein wie am vergangenen, und beim FC Augsburg haben sie nichts dagegen. Ihnen ist es ganz recht, nicht im Mittelpunkt des Interesses zu stehen, sondern etwas abseits der ganz großen Aufmerksamkeit an ihrer Erfolgsgeschichte zu basteln.

Zuletzt ist ihnen das durch den 1:0-Sieg gegen den 1. FC Heidenheim gelungen. Nun könnte die Mannschaft von Trainer Jess Thorup ihre Dienstreise zum VfL Wolfsburg sogar mit einer für sie geradezu historischen Note versehen. Zum erst zweiten Mal in ihrer Geschichte steht ein vierter Bundesligasieg hintereinander in Aussicht, und der Spielklasse gehört der FCA schon seit 2011 an.

Aber pssst, nicht verraten! Die Augsburger finden es ja ganz gut, dass sich ihre Erfolgsserie noch nicht allzu sehr herumgesprochen hat. Sie fühlen sich in ihrer Nische ohne den großen Erwartungsdruck durchaus wohl. Wenn das zum großen Erfolg führen sollte, zum zweiten Einzug in den Europapokal in der Vereinsgeschichte, hätten sie natürlich nichts dagegen.

Man könnte es auch heimlich, still und weise nennen, wie sie beim FC Augsburg gerade vorgehen. Ambitioniert sind sie und wollen, wann immer möglich, wie derzeit in der oberen Tabellenhälfte vorbeischauen. Zugleich legen sie Wert darauf, dass keine zu hohen Erwartungen an sie gerichtet werden. Wenn, dann schüren sie die Erwartungen schon selbst. In Wolfsburg "wollen wir natürlich auch wieder punkten, das ist ganz klar", sagte Mittelfeldspieler Arne Maier, nachdem sein Eckball gegen Heidenheim zum Siegtreffer geführt hatte. Der Torschütze Jeffrey Gouweleeuw gibt sich ebenso hoffnungsvoll. "Wir möchten diesen Lauf so lange wie möglich beibehalten", sagt der Innenverteidiger. Und Torwart Finn Dahmen versieht nach zwei Siegen ohne Gegentor seine Bestandsaufnahme mit einer Einschränkung, die fast wie eine Tarnung klingt, damit nicht zu sehr auffällt, was da heranwächst. Er sagt: "Wir strotzen gerade so ein bisschen vor Selbstvertrauen."

Sollte Leverkusen den DFB-Pokal gewinnen, dürfte der Siebte in den Playoffs zur Conference League starten

Tatsächlich entwickelt sich der jahrelange Abstiegskandidat immer mehr zu einer Mannschaft des gesunden Bundesliga-Mittelstands. Unter Umständen könnten in der kommenden Saison sogar Dienstreisen durch Europa auf der Agenda stehen. Tabellenplatz sechs, der zur Teilnahme an den Playoffs zur Conference League berechtigt, ist zwar acht Punkte entfernt. Doch bis zum siebten Rang haben die Augsburger gerade einmal einen Zähler Rückstand. Sollte Tabellenführer Leverkusen den DFB-Pokal gewinnen, dürfte der Siebte in den genannten Playoffs starten.

Dass die Fans davon träumen können, liegt maßgeblich daran, dass Thorup die FCA-DNA um konstruktive Elemente erweitert hat. Mit einem neuen Repertoire hat der Däne die Augsburger inzwischen ausgestattet. Sie verstehen sich nicht mehr hauptsächlich auf die Basis des Spiels, aufs Rennen und Kämpfen sowie auf lange Bälle und Konter, sondern zunehmend auch auf feinere und gestalterische Inhalte. Die jüngsten beiden Siege stehen exemplarisch für die neue Bandbreite. Beim rauschhaften 6:0-Erfolg in Darmstadt vor anderthalb Wochen demonstrierte der FCA seine spielerische Überlegenheit gegenüber dem Tabellenletzten. Beim 1:0 gegen den anderen Aufsteiger Heidenheim stand dagegen die körperliche Komponente im Vordergrund.

Dabei hatte Thorup zunächst auf sein gewohnt "offensives Mindset" gesetzt, von dem er bereits bei seinem Dienstantritt im Oktober gesprochen hatte. "Wir wollen das zweite Tor, vielleicht das dritte, um das Ziel zu befestigen", erklärte er nach dem Sieg gegen Heidenheim. Das erzählt viel über seine Denk- und Herangehensweise. Thorup möchte nicht mauern, um Erfolge zu sichern, sondern angreifen, um die Wahrscheinlichkeit auf einen Sieg zu erhöhen und Kontrolle auszuüben. Gegen Heidenheim habe er aber im Laufe der zweiten Halbzeit "gefühlt, dieses Spiel wird über Kampf gewonnen", erzählte Thorup, weshalb er Elvis Rexhbecaj einwechselte. Zweikämpfe und zweite Bälle gewinnen können die Augsburger ja weiterhin. Ein Mosaikstein zum Ausbau ihrer Erfolgsserie war gegen Heidenheim auch Lars Knudsen, der seit Januar als Spezialist für Standards zu Thorups Trainerstab zählt.

Und nun also Wolfsburg. Vier Siege in Serie gelangen den Augsburgern übrigens nur einmal, in der Saison 2014/15. Damals qualifizierten sie sich zum ersten - und bisher einzigen - Mal für den Europapokal.

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