FC Augsburg:Es geht immer noch tiefer

Lesezeit: 3 min

Mühsame Aufbauarbeit: Heiko Herrlich mit Ruben Vargas nach der Niederlage gegen Köln. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Nach nur einem Punkt aus den vergangenen vier Spielen gegen Schalke, Bielefeld, Frankfurt und Köln zieht beim FC Augsburg wieder die Abstiegsangst auf. Trainer Heiko Herrlich droht der Rauswurf.

Von Maik Rosner, Augsburg

Mit den Händen schlug er auf ein Geländer, mit dem Fuß trat er gegen eine Sitzlehne, und zwischendurch begleiteten ein Abwinken sowie die eine oder andere Verwünschung das Spiel des FC Augsburg. Es waren Wallungen, die eher in einem Fanblock denn auf einer Ehrentribüne zu vermuten sind. Beim Urheber handelte sich aber um Präsident Klaus Hofmann, 53, der gerne hinter dem Tor inmitten des FCA-Anhangs steht. Jedenfalls wenn gerade keine Pandemie ist.

Hofmanns Verärgerung zielte am Freitagabend bei der 2:3 (0:3)-Niederlage gegen den 1. FC Köln zwar in erster Linie auf die Spieler und deren Wehr- und Teilnahmslosigkeit. Doch die Regungen erzählten auch viel über all jene Enttäuschungen, die sich im Laufe der Saison angestaut haben. Viel Unmut brach sich nun Bahn über die Defizite, die sie beim FCA seit geraumer Zeit ebenso beklagen wie die ausbleibende spielerische Entwicklung.

Diesmal konnte nicht mehr von einer Stagnation gesprochen werden, vielmehr ließ sich ein besorgniserregender Rückschritt erkennen. Zumindest in der ersten Halbzeit, in der sich die Kölner mit erstaunlicher Leichtigkeit durchs Spalier der Augsburger kombinierten und durch Ondrej Duda (8. und 33. Minute) sowie Florian Kainz (23.) teils prächtige Tore erzielten. Die Augsburger leisteten erst in der zweiten Halbzeit Widerstand und kamen durch die Tore von Robert Gumny (54.) und Ruben Vargas (62.) sowie durch weitere Chancen sogar noch in die Nähe eines Punktgewinns. Mit diesem hätten sie sich wohl aller Abstiegssorgen entledigt. So aber reduzierte sich der Vorsprung auf die Kölner auf Relegationsplatz 16 auf vier Punkte.

Das Aufbäumen nach Heiko Herrlichs lauter Pausenansprache konnte den Trainer nicht davor bewahren, dass sie sich beim FC Augsburg am Wochenende zu sehr grundsätzlichen Beratungen zurückzogen. Das lag auch am Trend mit nur einem Punkt aus den Spielen gegen Schalke (0:1), Bielefeld (0:0), Frankfurt (0:2) und nun Köln (2:3). Ein Ergebnis der Unterredungen stand am Sonntag zunächst aus. Doch nach allem, was aus dem Verein zu vernehmen ist, käme es fast schon überraschend, wenn Herrlich die Mannschaft in den verbleibenden drei Saisonspielen in Stuttgart, gegen Bremen und beim FC Bayern anleiten dürfte.

Manager Stefan Reuter vermeidet ein Bekenntnis zum Trainer

Manager Stefan Reuter hatte unter Verweis auf die "erschreckende erste Halbzeit" bei der Frage nach Herrlichs Jobsicherheit um Verständnis gebeten, "dass wir uns nach so einem Spiel das Wochenende Zeit nehmen", um die Eindrücke "sacken zu lassen" und zu "überlegen, wie wir die letzten drei Spiele angehen". Für Branchenverhältnisse waren das Sätze von bemerkenswerter Deutlichkeit. Zumal Reuter weiß, dass eine Trainerbeurlaubung kaum abzuwenden ist, wenn ein Vorgesetzter erst einmal die Tendenz dazu anklingen lässt. Durchaus möglich, dass sie beim FC Augsburg zunächst klären wollen, wer Herrlichs Nachfolge antritt, ehe sie sich wieder äußern.

Bisher hatte sich Reuter stets schützend vor den 49-Jährigen gestellt, dessen Vertrag bis 2022 gilt. Zuletzt im Februar, als der seit März 2020 amtierende Trainer besonders in die Kritik geraten war. Auch jetzt sprach Reuter seinem ehemaligen Mitspieler aus Dortmunder Zeiten viel Wertschätzung aus und kündigte an, dies in die Beratungen einzubeziehen. Doch sogar Herrlich muss einräumen, dass er sein Ziel, das spielerische Vermögen der Mannschaft zu verbessern, nicht erreicht hat. Auch er zeigte sich geschockt über die erste Halbzeit und beschrieb die Leistung als "unglaublich, unfassbar, desaströs" sowie die Zweikampfquote als "unterirdisch". Das spannungsarme Auftreten sei "eine Steigerung zu allem, was bisher gelaufen ist in der Saison", befand Herrlich. Er ergänzte in unüberhörbarer Distanz über seine Spieler, die sich ebenso frustriert äußerten und umgekehrt teils am Trainer zweifeln sollen: "Ich glaube, sie haben den Ernst der Lage noch nicht verstanden."

Herrlich wirkte ähnlich aufgewühlt wie Augsburgs Präsident auf der Tribüne. Zur Beruhigung trug höchstens Kölns Trainer Friedhelm Funkel bei, der in seiner Freude über den zweiten Sieg im dritten Spiel unter seiner Regie den Konkurrenten gleich mit starkredete. "Eine wahnsinnig positive Reaktion" habe Herrlichs Elf gezeigt, befand er, "die Moral der Augsburger war beeindruckend. So zurückzukommen, nach so einer ersten Halbzeit, das habe ich selten gesehen." Ginge es nach Funkel, treffen sich Köln und Augsburg auch künftig in der Bundesliga. "Heiko und ich werden uns nicht mehr wiedersehen, weil ich nicht mehr dabei bin", ergänzte er. Doch womöglich muss sich Herrlich schon verabschieden, bevor Funkel seine noch drei Spiele andauernde Rettungsmission beendet hat.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: