Ex-Fifa-Präsident:Blatter lobt die eigene Vetternwirtschaft

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  • Joseph Blatter, ehemaliger Präsident der Fifa, hat am Donnerstag seine Biographie vorgestellt.
  • Die Aussagen darin werfen ein noch trüberes Licht auf die problematische Partnerschaf des Weltverbandes mit dem chinesischen Wanda-Konzern.

Von Thomas Kistner

In Zürich wurde jetzt Unvermeidliches vollzogen: Seit Donnerstag bereichert eine flammende Sepp-Blatter-Eloge den Buchmarkt, sicherheitshalber vom Porträtierten selbst mitverfasst; die Feder führte ein ergebener Mitarbeiter. Mission & Passion Fußball: Bereits der Buchtitel weist auf eine vertextete Nachwehe des internationalen Filmknüllers United Passions (2014) hin.

Letzterer, von Blatters Fifa mit circa 27 Millionen Dollar alimentiert, spülte zum Start-Wochenende 607 Dollar (nein, da fehlen keine Nullen) in Amerikas Kinokassen, und war auch sonst ein Blockbuster der ganz anderen Art. Die Fülle der cineastischen Minusrekorde krönte Regisseur Frédéric Auburtin mit einer Selbstgeißelung: Das Werk sei ein Desaster und er selbst ein "Opfer des Spiels". Sein Blatter-Darsteller Tim Roth war da längst abgetaucht: "Es tut mir leid! Für diese Arbeit würde mein Vater im Grab rotieren."

Nun liegt Gedrucktes vom Meister vor. Die Stärken sind überschaubar und liegen dort, wo der Held genüsslich Anekdötchen einstreut. Sie offenbaren Aufschlussreiches. Zum einen waren es paradiesische Zeiten für Blatter, als der berühmteste Schweizer noch umworbener Freund heimischer Politiker war. Zum anderen ist die alte Fifa-Geschäftspolitik keineswegs den Akteuren des Blatter-Netzwerks entwunden worden.

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:Zurück in die Zukunft

Ein Sponsorendeal mit China zeigt, wie Blatters alte Fifa fortlebt. Wenn sich die westliche Welt abkehrt, wendet sich die Fifa eben der östlichen zu.

Von Thomas Kistner

Umständehalber fand bloß eine geografische Verlagerung statt: Nichts wie weg aus dem Westen, der Hemisphäre des FBI. Das verdeutlicht Blatters Beitrag zum neuen, durchaus epochalen Werbevertrag der Fifa mit dem chinesischen Wanda-Konzern. Den hatte zwar Amtsnachfolger Gianni Infantino als ersten Coup in seiner Ägide gefeiert - tatsächlich eingetütet aber hat Blatter diesen Deal. Darauf beharrt der 80-Jährige zu Recht.

Leseprobe: "In seiner Verklärung blendete Infantino einen wichtigen Fakt aus: Das Geschäft wurde von seinem Vorgänger initiiert. Im Umfeld des Kongresses 2015 hatte Sepp Blatter zusammen mit Wang Jianlin (Besitzer der Wanda Group) und Philippe Blatter die Basis zum Vertragsabschluss gelegt."

Hört, hört. Jetzt wirft die Eitelkeit des alten Patrons, der vor dem Sportgerichtshof Cas gegen eine sechsjährige Verbannung aus der Fußballwelt kämpft, noch trüberes Licht auf diese ohnehin problematische Partnerschaft. Denn Wanda hat vor dem Fifa-Deal für eine Milliarde Euro die Zuger Sportrechteagentur Infront gekauft - und deren Chef, Blatters Neffen Philippe, zum Boss der eigenen Sportsparte gemacht. Lassen sich Interessenskonflikte plakativer darstellen? Die kleine Vetternwirtschaft ist dabei nur als Türöffner zu sehen. Wanda will die WM nach China und das Fußballgeschäft ganz generell ins Land holen. Konzernchef und Milliardär Wang hat das bereits kundgetan.

Sanft gleitet die Fifa auf Blatters Schienen gen Fernost. Daneben gerät die Politik in Erklärungsnot. Der Ex-Patron plaudert aus, wie ihn das Schweizer Außenministerium um Hilfe bei der Entfernung eines Despoten aus dem Amt gebeten habe: Er habe Burundis Staatschef per Fifa-Job aus dem Amt ködern sollen. Die Sache schlug fehl. Doch wirft eine so familiäre Diplomatie Licht auf die Frage, warum Blatter nicht schon 2002 gehen musste. Damals hatten ihn elf Vorstände angezeigt. Wegen Vorgängen, die heute das FBI beschäftigen.

© SZ vom 22.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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