Erstes Leichtathletik-Gold seit zwölf Jahren:Belohnt durch Hartings großen Sieg

Lesezeit: 1 min

Der Olympiasieg von Robert Harting ist das erste Gold für die deutschen Leichtathleten seit zwölf Jahren. Da stellt sich die Frage: Was war los in der Zwischenzeit? Sehr viel sogar, der Verband hat sich komplett gewandelt. Mittlerweile können frühere DDR-Trainer sogar offen über ihre Rolle im Dopingsystem sprechen.

Thomas Hahn

Robert Harting ist der erste deutsche Leichtathletik-Olympiasieger seit zwölf Jahren. Da stellt man sich natürlich schon die Frage, was hierzulande eigentlich los war im olympischen Kernsport, dass es eine so lange Durststrecke gab, ehe wieder ein Mitglied des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) eine Goldmedaille vom wichtigsten Ereignis der Olympiade einbringen konnte.

Antwort: Viel war los. So viel sogar, dass man zu dem Eindruck gelangen kann, bei dem DLV von 2000, für den Weitspringerin Heike Drechsler und 800-Meter-Läufer Nils Schumann in Sydney siegten, und bei dem DLV von 2012 handle es sich um zwei unterschiedliche Verbände.

Ganz so ist es natürlich nicht. Gerade der Olympiasieg Hartings erinnert doch wieder an die Widersprüche, welche der DLV aus der deutschen Sportgeschichte bis heute mit sich herumträgt. Hartings Trainer Goldmann war einst Coach im DDR-Sport mit Doping-Staatsplan. Er ist eine Symbolfigur für den Umstand, dass viele Trainer nach der Wende durch gezieltes Nichtssagen ihren Job ins neue Gesellschaftssystem retteten und bis heute halten konnten

. Trotzdem ist 2000 vieles ganz anders gewesen. Bernd Schubert war damals noch Cheftrainer, ein früherer DDR-Chefcoach, der höchst umstritten war. Die Atmosphäre im Verband war nicht gut, es gab zu wenig Kommunikation, zu viel unkreatives Abarbeiten - und trotz der Goldmedaillen der früheren DDR-Sportlerin Drechsler und des Erfurters Schumann schlitterte der DLV einer tiefen Krise entgegen.

Heute? Die Cheftrainer Cheick-Idriss Gonschinska und Herbert Czingon sind nicht umstritten. Es gibt eine intakte Diskussionskultur zwischen Heim- und Bundestrainern. Es gibt Raum für Ideen, Neugier auf Neues, Offenheit für Einflüsse von außen. Einzelne frühere DDR-Trainer haben es mittlerweile sogar geschafft, offen über ihre Rolle im Dopingsystem zu sprechen.

Und Krise kann man den Zustand längst nicht mehr nennen, in dem sich der DLV befindet. Olympia 2004 war der Endpunkt des Niedergangs, der sich 2000 schon angedeutet hatte. Danach verlor der DLV wegen einer Minusbilanz von nur zwei Silber-Medaillen viel Fördergeld, setzte auf neues Personal, auf eine neue, weniger verbissene Einstellung zum Leistungssport und startete so den Neuanfang.

Der DLV 2012 ist ein beweglicher Verband, der versteht, dass man in einem Sport der Individualisten ständig individuelle Lösungen finden muss. Davon haben auch Harting und sein umstrittener Coach profitiert. Das erste Olympia-Gold für den DLV seit 2000 ist die Bestätigung für einen Weg der Reformen.

© SZ vom 09.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Olympia-Splitter
:Heiratsantrag nach dem Schlusspfiff

Eine französische Basketballerin bekommt nach dem Einzug ins Halbfinale einen Heiratsantrag vor großem Publikum. Olympiasieger Robert Harting wird auf seiner Siegesfeier beklaut - und muss die Nacht in der Bahn verbringen. Usain Bolt lässt drei Schwedinnen zu sich ins Hotelzimmer. Kuriose Nachrichten aus London.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: