Ermittlungen gegen Blatter:Der Fall Max und Moritz

File picture shows UEFA President Platini congratulating FIFA President Blatter after Blatter was re-elected at the 65th FIFA Congress in Zurich

Protagonisten einer Geschichte von Freundschaft und Verrat: Michel Platini gratuliert Fifa-Präsident Sepp Blatter nach dessen Wiederwahl im Mai.

(Foto: REUTERS)
  • Einst waren Sepp Blatter und Michel Platini Verbündete - dann wurden sie erbitterte Gegner.
  • Jetzt sieht es so aus, als rissen die Ermittlungen gegen Fifa-Chef Blatter auch dessen designierten Nachfolger Platini in den Abgrund.

Von Thomas Kistner

"Genug ist genug!" befand Michel Platini im Mai, Tage bevor sich Sepp Blatter trotz der heftigen Gegenwehr des Europa-Verbandes Uefa in eine fünfte Amtszeit wählen ließ. Genug ist genug: Keinen Funken Geduld brachte der Franzose mehr für den sportpolitischen Mentor auf. Ganz anders als offenkundig in der Zeit bis 2011.

Die Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt rund um eine Zahlung Blatters an Platini aus dem Februar 2011 über zwei Millionen Franken - "angeblich für zwischen Januar 1999 und Juni 2002 geleistete Dienste", wie die Strafbehörde am Freitag mitteilte. Stunden später erklärte Platini, das Geld hinge "mit meiner vertraglich vereinbarten Arbeit für die Fifa" zusammen. Er sei froh, die ganze Sachen "mit den Behörden geklärt zu haben".

Brisante Fragen zum Zeitpunkt der Zahlung

Aber geklärt ist nichts. Und Rechtsexperten grübeln, ob diese Version für eine Millionen-Nachzahlung unter hauptamtlichen Fußballchefs vor den Ermittlern standhalten kann. Platini arbeitete damals, ab 1999, als Blatters Sportberater, er hatte ein Büro in Paris und kassierte, so hieß es, bis zu eine Million pro Jahr.

Floss das Salär nie, hat Platini vier Jahre umsonst gearbeitet und zwölf Jahre abgewartet, bis er 2011, als Fifa-Vize und Uefa-Präsident, bei Blatter die uralte Zeche einforderte? Eine, die womöglich verjährt ist? Oder entdeckten die zwei im Februar 2011, als die Nachvergütung floss, eine besonders tolle Berater-Idee, die gesondert zu honorieren war? Warum ist dann als Zahlungsgrund die Arbeit für die komplette Zeit genannt, in der Platini sowieso besoldet war?

Brisante Fragen wirft der Zeitpunkt der Zahlung auf: Februar 2011. Gleich darauf, am 22. März, fand der Uefa-Kongress statt, und Platini appellierte an alle 53 Mitgliedsverbände, gemeinsam für Blatter zu stimmen: Der steckte gerade im hitzigen Wahlkampf, Fifa-Vize Mohamed Bin Hammam wollte am 1. Juni selbst Präsident werden.

Der Katarer ließ Funktionäre bestechen, die Fifa warf ihn raus. Nun fällt auf, dass damals auch Blatter Gelder verteilte, von der Fifa, aber unter der Hand: Nicht nur an Platini, sondern, Wochen vor der Kür, eine Million an den Erdteilverband des langjährigen Verbündeten Jack Warner. Offiziell für das 50. Jubiläum der Concacaf. Warum die Gabe diskret erfolgte, wurde nie erklärt.

Die Ermittler werden all diese Verhaue durchleuchten. Und während sich Blatters Schicksal vollzieht, rückt Platini in den Fokus. Der Franzose galt als Thronfavorit für den Sonderkongress am 26. Februar. Jetzt aber ist er als Galionsfigur einer Rundum-Erneuerung untragbar geworden. Was immer die Strafermittler finden: Mit Blatters stiller Millionenzahlung ranken sich zu viele Fragen um den Mann, der ja auch für Katar als Ausrichter der WM 2022 votiert hatte und dessen Sohn danach als Manager im Sportgeschäft des Emirats unterkam.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: