Dänemark nach dem Eriksen-Drama:Belastende Bilder im Kopf

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"Wir wurden als Spieler in eine Position gebracht, die ich persönlich nicht für richtig halte", sagte Torwart Kasper Schmeichel am Montag vor dem Training. (Foto: Liselotte Sabroe/Ritzau Scanpix/Imago)

Dänemarks Nationalspieler berichten erstmals, wie sie die dramatischen Minuten nach dem Herzstillstand ihres Teamkollegen Christian Eriksen erlebt haben. Sie kritisieren den Entschluss der Uefa, weiterspielen zu lassen.

Von Kai Strittmatter, Kopenhagen

Der dänische Nationalspieler Christian Eriksen hat sich nach seinem Kollaps am Samstag auf dem Spielfeld zum ersten Mal zu Wort gemeldet. "Ich werde nicht aufgeben", sagte er in einer von seinem Manager übermittelten Nachricht an die italienische Sportzeitung Gazzetta della Sport. "Ich fühle mich jetzt besser - aber ich möchte verstehen, was geschehen ist", sagte der Mittelfeldspieler, der mit Inter Mailand in der abgelaufenen Saison die italienische Meisterschaft gewonnen hat. Er danke allen für die Unterstützung, die er erfahren habe.

Eriksen war im EM-Vorrundenspiel gegen Finnland (0:1) in Kopenhagen kurz vor der Halbzeitpause mit einem Herzstillstand zusammengebrochen und dann von Ärzten wiederbelebt worden. "Er war schon weg", sagte Mannschaftsarzt Morten Boesen hinterher, "aber wir haben ihn zurückgeholt."

Christian Eriksen
:"Ich möchte verstehen, was passiert ist"

Der dänische Mittelfeldspieler äußert sich nach seinem Zusammenbruch im EM-Spiel. "Ich werde nicht aufgeben", sagt Eriksen. Kapitän Simon Kjaer und Torhüter Kasper Schmeichel besuchen ihn im Krankenhaus.

Die Ursachen für den Herzstillstand sind bisher unklar. Sein Manager Martin Schoots sagte der Gazzetta della Sport, Eriksen werde möglicherweise bis Dienstag zu Untersuchungen im Krankenhaus bleiben. Es gehe ihm aber gut: "Er hat gescherzt, er war guter Stimmung." Auch Dänemarks Nationaltorwart Kasper Schmeichel berichtete am Montag von seinem Besuch bei Eriksen im Krankenhaus. "Es war verdammt schön, ihn zu sehen", sagte Schmeichel dem Sender TV2.

Bei einer Pressekonferenz am Montagmorgen in Kopenhagen berichteten zum ersten Mal Spieler der dänischen Nationalmannschaft davon, wie sie die dramatischen Minuten auf dem Platz erlebt hatten. Genau wie ihr Trainer Kasper Hjulmand am Sonntag schon kritisierten die Spieler das Vorgehen des europäischen Fußballverbandes Uefa.

"Wir wurden als Spieler in eine Position gebracht, die ich persönlich nicht für richtig halte", sagte Torwart Schmeichel: "Man gab uns zwei Möglichkeiten: Am Tag danach um 12 Uhr wiederzukommen oder direkt weiterzuspielen. Es hätte zu dem Zeitpunkt jemanden weiter oben im System geben müssen mit der klaren Ansage, dass dies nicht die Zeit ist, um eine Entscheidung zu treffen."

Zusammenbruch von Christian Eriksen
:"Es war ein Herzstillstand"

Der dänische Mannschaftsarzt gibt Details zum Zusammenbruch von Christian Eriksen bekannt. Der Nationalspieler ist ansprechbar und bleibt im Krankenhaus. Trainer Hjulmand bedauert mit einem Tag Abstand die Spielfortsetzung.

"Ich wollte nicht wieder raus", sagte Stürmer Martin Braithwaite

Auch Schmeichels Teamkollege Martin Braithwaite vom FC Barcelona widersprach den Aussagen der Uefa, wonach die dänischen Spieler sich das Weiterspielen gewünscht hätten: "Es war kein wirklicher Wunsch von uns. Wir hatten zwei Optionen, die beide schlecht waren." Die Spieler hätten sich eine dritte gewünscht. "Ich wollte nicht wieder raus", sagte Braithwaite. "Es gab viele Spieler, die eigentlich nicht in der Lage waren zu spielen. Wir waren an einem ganz anderen Ort." Schmeichel sagte, er hoffe, die Uefa lerne aus dem Vorfall.

Kurz nach der Pressekonferenz absolvierten die dänischen Spieler auch wieder eine Trainingsrunde. Dänemark muss in der Vorrunde noch gegen Belgien (Donnerstag) und Russland (Montag) spielen, ein Weiterkommen ist noch möglich.

Braithwaite wies auf den enormen Teamgeist hin, der in der Nationalmannschaft in den vergangenen Tagen zu spüren gewesen sei. Er freue sich darauf, wieder auf den Rasen zu kommen und sein "Gehirn abzuschalten", wie Braithwaite sagte: "Ich habe Bilder im Kopf, von denen ich wünschte, ich hätte sie nicht. Jetzt freue ich mich darauf, wieder rauszugehen und zu trainieren."

Das Spiel gegen Belgien werde ein besonderes. Sie seien nun besonders motiviert und würden alle ihr Bestes geben, meinte Torwart Schmeichel. "Manchmal ist unser Bestes vielleicht nicht genug. Aber immerhin können wir uns dann in die Augen sehen uns sagen, dass wir getan haben, was wir konnten."

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